Ausländische Namen eindeutschen sinnvoll?

vom 26.06.2016, 15:49 Uhr

Ich habe vor kurzem eine Diskussion in der Mittagspause mitbekommen. Kollegen von mir haben über einen Artikel diskutiert, in dem es um Diskriminierung von Bewerbern bei der Jobsuche ging. Einzelne Kollegen forderten dann auch, dass man Bewerbungen anonymisieren sollte.

Also dass man zum Beispiel das Geschlecht, die Religion, den Namen und das Geburtsdatum sowie das Foto weglassen sollte, damit niemand wegen solcher Details diskriminiert wird, sondern eher wegen Qualifikationen und Erfahrung eingestellt wird.

Denn leider ist es ja auch so - ich habe Tests gesehen - dass ein Bewerber gerne mal wegen einem ausländisch klingenden Namen aussortiert wird während jemand mit dem selben Lebenslauf und denselben Qualifikationen auf Anhieb zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird und direkt ein positives Feedback bekommt.

Ein Kollege hat dann sogar vorgeschlagen, dass es doch viel sinnvoller wäre, wenn Ausländer bei der Einbürgerung eingedeutsche Namen herhalten würden. So könnten die Namen bei der Bewerbung stehen bleiben und niemand würde mehr wegen seiner Herkunft diskriminiert werden. Haltet ihr so eine Praxis für sinnvoll, wenn man ausländische Namen eindeutschen würde? Würde man damit wirklich Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt verhindern können?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich würde meinen Nachnamen auf jeden Fall behalten wollen und nicht eindeutschen. Allerdings kenne ich Fälle, in denen Leute das wirklich gemacht haben. Meine Bankberaterin heißt "Geiger" - allerdings kommen ihre Eltern aus Polen und da die polnische Version von Geiger sehr kompliziert für einen Deutschen auszusprechen und zu schreiben ist, haben sie es hier eindeutschen lassen.

Das haben sie aber nicht zuletzt wegen der möglichen Diskriminierung ihrer Tochter gemacht. Die ist schließlich hier geboren und hat keinen Akzent und dank des Nachnamens merkt ihr keiner an, dass sie nicht bio-deutsch ist. Eigentlich finde ich es ziemlich traurig, wenn man seine Wurzeln verleugnen muss und es zeigt irgendwie auch, dass viele Deutsche einfach nicht dazugelernt haben.

Das Thema mit dem Lebenslauf ohne Foto usw. hatten wir mal in der Uni, aber es hat eine große Schwäche. Sobald man zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, sieht der Personalchef ja ohnehin, dass der oder die Bewerber/in ein Kopftuch trägt, eine andere Hautfarbe hat oder ähnliches. Wenn die Mitarbeiter also keine Ausländer haben wollen, ist für die Kandidaten an dieser Stelle also sowieso Schluss.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Der eigene Name stellt ja normalerweise einen wichtigen Teil der eigenen Identität, des Selbstbildes und der persönlichen Geschichte dar. Nicht umsonst behalten beispielsweise heute viele Frauen ihren "Mädchennamen", auch wenn sie heiraten, weil sie zeitlebens damit gut gefahren sind und auch in Zukunft als Frau X bekannt sein möchten und nicht als "Frau von Herrn Y".

Entsprechend kann ich mir nicht vorstellen, dass jeder Nicht-Deutsche es achselzuckend hinnimmt, wenn es heißt "Tadeusz Chruszinsky? Sie heißen ab jetzt Tom Warschau, das ist doch OK für Sie?" Oder wie soll ich mir vorstellen, dass jemand bei der Einbürgerung einen "deutschen Namen bekommt"? Bestimmt das dann die Behörde? Und wo fängt ein "deutscher Name" überhaupt an?

Mein Vater hat vor mittlerweile 50 Jahren seinen zutiefst polnischen, schwer zu schreibenden und praktisch unaussprechlichen Nachnamen genau aus den Gründen geändert, um der ewigen Diskriminierung zu entgehen. Auch von etlichen Leuten aus asiatischen Ländern habe ich schon mitbekommen, dass sie sich einen internationalen Vornamen zulegen, weil es für den "Rest der Welt" oft schwierig ist, die Vor- oder Nachnamen zu identifizieren, zu schreiben oder auszusprechen.

Solange dies freiwillig geschieht, ist dagegen meiner Meinung nach nichts einzuwenden, da sich wohl sowieso nur eine Minderheit dafür entscheiden würde, sich einen "deutschen" Nachnamen zuzulegen, und oft genug praktische Erwägungen im Vordergrund stehen. Aber davon, nicht-deutschen Mitbürgern quasi von Vornherein Teile ihrer Identität abzuknöpfen, weil es den Deutschen sonst zu anstrengend wird, halte ich schon aus Gründen der Menschenrechte erst mal rein gar nichts.

Und was die Diskriminierung bei Bewerbungen angeht, kann ich mir sogar vorstellen, dass sich viele Unternehmen bald nicht mehr leisten können, jede Frau Ylmaz, Nguyen, Kizito, Papadopoulos oder Sansivieri abzuweisen, und lieber einen Volltrottel einstellen, nur weil er Müller heißt.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich denke nicht, dass diese Variante wirklich Sinn macht. Auch wenn der Name dann deutsch klingt, ist der Geburtsort vielleicht noch immer im Ausland und darüber fällt es doch dem Personalchef schon auf, wenn dieser im Lebenslauf angegeben ist. Außerdem fällt es doch auch auf, wenn die Person dann zum Vorstellungsgespräch erscheint und wenn jemand wirklich keine Menschen mit ausländischen Wurzeln einstellen möchte, dann wird es auch nicht helfen, wenn der Bewerber es immerhin geschafft hat, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Ich denke auch allgemein nicht, dass es etwas bringt, den Namen praktisch an der Grenze abzulegen. Menschen, die hier ankommen, haben sowieso soviel neues, an das sie sich gewöhnen müssen und der Name bedeutet sicher auch noch ein Stück Verbundenheit zur Heimat. Das Gefühl würde ich diesen Menschen auch nicht nehmen wollen. Wenn jemand den Namen ändern möchte, weil er merkt, dass er schwer auszusprechen ist, ist es etwas anderes, aber verpflichtend würde ich so etwas nicht einführen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



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