Für ein eigenes Haus auf alles verzichten - ist das normal?

vom 13.06.2016, 07:27 Uhr

Mein Mann und ich planen langfristig gesehen ein Haus zu kaufen, beziehungsweise eines bauen zu lassen. Ich bin dann so ein Mensch, der gerne mal im Internet schaut und liest und so kommt es eben auch, dass man in dem ein oder anderem Forum landet.

In einem Forum bin ich dann auf einen Beitrag gelandet, der von einem Familienvater geschrieben wurde und mich wirklich geschockt hat. Er wollte seiner Familie mehr Wohnraum gönnen und hat deswegen ein Haus gekauft. Wie es eben so ist, ist der Kredit hoch, die Raten dementsprechend auch und so verzichtet er mit seiner Familie eigentlich auf alles, was man nebenbei eben mal so machen würde. Urlaub gibt es nur in der absoluten Sparvariante, gerne mal für die Kinder bei den Großeltern und für die Eltern gar nicht. Ausflüge sind oft einfach nicht drin.

Wir wollen auch ein Haus und werden auch einen Kredit nehmen, wobei wir uns damit nicht übernehmen. Ich würde es schrecklich finden auf angenehme Dinge verzichten zu müssen nur weil man ein Haus gekauft hat und kann nicht verstehen wie man seinem Kind so die Kindheit versauen kann. Ein Haus ist sicherlich eine schöne Sache, aber auch eine Wohnung ist doch in Ordnung und gerade wenn man dafür spaßige Dinge machen kann, verzichtet man als Kind doch auch gerne auf ein großes Zimmer oder? Könnt ihr verstehen, wie man sich für ein Haus entscheiden kann, obwohl es eigentlich nicht drin ist?

Im Forum folgte dann auch eine Diskussion mit diesem Familienvater und er schrieb auch, dass ihm das vorher durchaus bewusst war, aber er nicht wollte, dass die Kinder sich weiter ein Zimmer teilen müssen und die Familie würde mit dem Verzicht wohl auch gut klarkommen. Mag sein, dass die Kinder das so sagen, aber ich kann mir das nicht vorstellen. Ist das vielleicht aber auch normal?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Es ist halt leider nicht so, dass man sich weiterhin alles leisten kann wenn man sich ein eigenes Haus kauft. Das sollte aber auch jedem Bewusst sein und hat auch nichts mit Kindheit versauen zu tun. Nur weil man einmal keinen Urlaub im Ausland machen kann sondern stattdessen bei den Großeltern? Was soll daran wirklich schlimm sein, bei einem Kredit dieser Größenordnung zahlt man Jahrelang ab und die Zinsen sind dabei auch nicht zu unterschätzen auch wenn die aktuelle Lage niedrig ist.

Nehmen wir einmal an, dass man ein Haus für 250.000 Euro kauft. 50.000 bringt man als Eigenkapital mit, 200.000 Euro als Kredit. Bei einer Laufzeit von 10 Jahren, die normal sind für eine solche Finanzierung würden monatlich um die 500 Euro anfallen. Nach 10 Jahren bleibt immer noch ein Restbetrag von 158.000 Euro. Der muss natürlich im Vorfeld ebenfalls z.B. durch einen Bausparvertrag mit bedient werden. So ist man alleine mit der Finanzierung dieses "kleinen" Kredites im Monat seine 1200 Euro los, wenn man das Haus nach 10 Jahren Schuldenfrei haben möchte. Die Zinsen alleine für diesen Zeitraum belaufen sich schon knapp auf 20.000 Euro, die auch erst einmal verdient werden müssen.

Länger als 15 Jahre sollte das ganze nicht dauern, da dann weitere hohe Kosten für die Erhaltung anfallen. Dazu kommen noch die Nebenkosten die bei einem eigenen Haus höher sind als bei einer Wohnung zur Miete. Somit müssten mindestens 1500 Euro im Monat alleine für das Haus verdient werden, alles weitere wie Bekleidung, Essen, Sportvereine, Versicherungen und Auto sind dabei noch nicht inbegriffen, sagen wir pauschal für eine Familie mit 2 Kindern nochmals 1000 Euro. Somit müssten mindestens 2500 Euro im Monat verdient werden nur damit die Fixkosten bedient werden.

Ein netter Urlaub für die Familie im Ausland ist nochmals ein paar Tausend Euro die extra anfallen würden, dazu noch weitere unvorhergesehene Dinge wie z.B. Auto kaputt etc. für die man ebenfalls neben der ganzen Finanzierung nochmals mindestens 200 Euro im Monat zur Seite legen muss. Macht insgesamt wenn der Urlaub 1x im Jahr stattfinden soll und 5000 Euro kostet, weitere 700 Euro. Schon sind wir bei 3200 Euro im Monat angekommen, damit noch ein Urlaub mit drin ist. Mit nur einem Gehalt ist das inzwischen schwer zu finanzieren wenn man nicht den "richtigen" Job hat.

Somit verwundert es mich nicht, dass lieber auf alles verzichtet wird wie Urlaub, teure Reisen und unnötige Ausgaben um sich das ganze zu finanzieren. Ebenfalls ist zu sehen, das Haus hat im Alter noch einen Wert und kann zur Rente mit dazu gezählt werden. Von einem Urlaub am Meer habe ich nur während dem Urlaub etwas und vielleicht noch eine nette Erinnerung. Das war es dann aber auch schon. Somit verstehe ich das voll und ganz, wenn jemand alles in den Hausbau oder Kauf steckt.

Und mal ehrlich, gerade in Ballungsgebieten und größeren Städten kommt man mit 250.000 Euro gar nicht mehr hin. Wenn ich hier anschaue was hier alleine ein unerschlossenes Grundstück kostet, dann rollt es mir die Fußnägel bereits hoch. Ein "Loch" mit Wasser ging hier neulich für 1,6 Millionen weg und das war noch eines der billigsten Grundstücke die hier angeboten werden. Alleine diesen Betrag mit einem Kredit zu finanzieren als Familie mit 2 guten Vollzeitgehältern ist bereits eine Hausnummer. Wenn nur ein Gehalt aus Mittelschicht vorhanden ist mit zu wenig Eigenkapital, braucht man daran gar nicht erst denken oder rechnen ob es möglich wäre.

Ich habe zwei mal einen Hausbau mitgemacht, jedes mal war es das gleiche, es wurde verzichtet, gab keinen Urlaub wurde dafür auch zu Oma gefahren und ich lebe noch. Eine nicht so schöne Kindheit hatte ich aus ganz anderen Gründen, aber an Spaß hat es definitiv nicht gemangelt, dafür hat man Freunde und geht selbstständig raus. Man muss nicht immer mit den Eltern alles gemeinsam machen und ein jährlicher Urlaub am Meer ist zwar nett, aber kann man meiner Meinung nach drauf verzichten.

Dafür war ich wirklich froh, dass ich hinterher nicht mehr mit meinen zwei anderen Schwestern in einem Zimmer mit 25 Quadratmetern hausen musste, ein eigenes Zimmer hatte und dort auch in Ruhe meine Hausaufgaben erledigen konnte bzw. auch andere Sachen machen konnte, ohne das ständig jemand um mich herum gesprungen ist. Denn das gab vorher mehrfach täglich richtig Stress und war deutlich belastender, als hinterher das Verzichten.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Natürlich ist das normal, was dachtest du denn? Du hast doch mal geschrieben, du würdest gerne eine Weltreise mit deiner Familie machen. Meinst du wirklich, dass das so ohne weiteres machbar ist, wenn du ein Haus hast, bei dem du noch Kredit abbezahlen musst? Man muss schon verzichten, wenn man nicht gerade exorbitant verdient und das ganze Haus in bar bezahlt und darüber hinaus noch genug Geld übrig hat, um Weltreisen aus der Portokasse bezahlen zu können.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Also ich finde das nicht normal. Ich habe mein Haus erst gekauft als ich genug Geld hatte, sprich ich habe keinen Kredit aufgenommen. Danach habe ich ein paar Jahre auf Urlaub oder sehr teure Hobbys verzichtet, weil ich lieber was am Haus rumgebaut habe.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde es auch völlig normal, dass man für ein eigenes Haus dann auf andere Dinge verzichten muss. Immerhin ist kaum jemand Millionär und kann sich sämtliche Wünsche erfüllen. Abstriche muss man doch immer machen, wenn man sich einen größeren Traum erfüllt.

Es ist doch für die Kinder nicht gleich eine schlechte Kindheit, weil man nicht dauernd in den Urlaub fahren kann. das ist doch für Kinder nicht alles. Vielleicht sind sie auch total glücklich über ihre eigenen Zimmer und vermissen den Urlaub gar nicht. Außerdem ist ein Aufenthalt bei den Großeltern doch auch toll.

Ich stelle es mir doch schwierig vor, wenn du ein Haus kaufen und trotzdem auf nichts anderes verzichten möchtest. Ich glaube, dass man da schnell in Schulden rutschen kann und sich übernimmt, wenn man nicht Abstriche macht. Bei uns war auch klar, dass wir mit gewissen Einschränkungen leben müssen, wenn wir uns etwas eigenes kaufen. Wir bekommen das aber gut hin und vermissen tue ich dadurch nichts. Ich denke aber auch, dass dies etwas mit der eigenen Einstellung zu tun hat und welche Ansprüche man eben hat.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Sorae hat geschrieben:Nach 10 Jahren bleibt immer noch ein Restbetrag von 158.000 Euro. Der muss natürlich im Vorfeld ebenfalls z.B. durch einen Bausparvertrag mit bedient werden.

Zugegeben eine Rechnung, die ich noch nie verstanden habe und auch mehreren Bankberatern den Vogel gezeigt habe, als solche Vorschläge kamen. Wenn ich genug Geld über habe um den Bausparvertrag entsprechend zu bedienen, dann kann ich damit auch einfach den Kredit abzahlen und mir die Abschlussgebühren für den Bausparvertrag sparen. Aber gut, ist eine andere Baustelle.

Ansonsten kann ich schon verstehen, dass manchmal der Wunsch nach dem eigenen Wohneigentum so groß ist, dass man überlegt dafür auf fast alles zu verzichten. Aber machen würde ich das nicht. Was habe ich denn davon, wenn ich mir gar nichts mehr gönne? Und machen wir uns doch nichts vor, wer tatsächlich auf fast alles verzichtet, was nicht lebensnotwendig ist, der wird wohl kaum genug Geld mitbringen um tatsächlich in nur 10 Jahren mit seinem Kredit fertig zu sein.

An der Stelle würde ich dann eben lieber eine Wohnung zur Miete nehmen und mir dafür hin und wieder etwas gönnen. Natürlich ist nichts gegen einen Urlaub bei den Großeltern einzuwenden, aber dafür dann selber nie in den Urlaub zu fahren, nicht mehr auszugehen und immer und überall nur auf das Geld schauen zu müssen, würde mich dann zu sehr stören. Zumal man ja nie vergessen darf, dass ja immer noch unvorhergesehene Kosten kommen können. Plötzlich geht etwas kaputt, der Hausbau wird teurer oder man wird krank oder ähnliches. Und dann ist kein Puffer da um so etwas aufzufangen.

Also ich finde da eher, wenn man etwas so auf Kante nähen muss, weil man es sich sonst nicht leisten kann, dann sollte man gerade so etwas wie einen Hauskauf oder -bau lieber lassen. Wenn man sich die Mietwohnung mal nicht mehr leisten kann, dann kann man zur Not umziehen, den Kredit dagegen hat man an der Backe und muss dann zusehen, wie man den abbezahlt bekommt.

Wir haben durch unseren Hausbau auch mehr als genug Schulden, aber wir haben auch entsprechende Einkommen um das wieder abzubezahlen ohne wahnsinnig große Abstriche zu machen. Wäre das anders gewesen, dann hätten wir nicht gebaut und bevor ich beim Haus Abstriche mache, hätte ich lieber verzichtet. Bei Ausgaben in Größenordnungen wie teure Autos oder Häuser gehe ich lieber nach dem Motto ganz oder gar nicht. Entweder ich kann es mir so leisten wie ich es möchte oder ich kaufe/finanziere die Anschaffung nicht. Sonst ärgere ich mich nur im Nachhinein, dass ich wahnsinnig viel Geld ausgegeben habe und mir dann trotzdem noch einige Dinge nicht gefallen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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