Ist das Sitzenbleiben sinnvoll?

vom 28.06.2016, 19:19 Uhr

Das Sitzenbleiben oder wie viele Menschen es nennen, die Ehrenrunde eröffnet immer wieder eine neue Debatte. Im Landtag wird immer wieder darüber diskutiert, ob das Sitzenbleiben sinnvoll ist, da es auch knapp eine Milliarde Euro im Jahr dem Land kostet. In Berlin und in Hamburg gibt es auch das Sitzenbleiben nicht mehr nur in Hamburg kann man noch in der 10. Klasse sitzenbleiben. Viele Kinder beschweren sich, da für sie das Sitzenbleiben nur eine Demütigung darstellt.

Ich persönlich bin gegen die Ehrenrunde, da es ein unnötiger Kostenaufwand ist. Ich bin zwar der Letzte der sagt, das an Bildung gespart werden soll, allerdings finde ich lieber soll das Geld effektiv in die Schwäche des Kindes investiert werden, dies tun auch viele andere Länder und anscheinend ist dies auch ziemlich erfolgreich da diese Länder in den PISA Studien weit vorne sind.

Seit ihr auch dieser Meinung oder meint ihr das Sitzenbleiben ist ein "Anreiz" für das Kind, damit es sich in der Schule anstrengt oder musste mal jemand von euch eine Ehrenrunde drehen und will seine Erfahrungen teilen, dies würde mich ziemlich Interessieren.

» bombe001 » Beiträge: 120 » Talkpoints: 0,07 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich finde das Sitzenbleiben schon sinnvoll, da dadurch die nicht richtig vermittelten beziehungsweise verstandenen Themen der Klassenstufe wieder wiederholt werden und der Schüler so die Chance hat diese Themen beim Wiederholen der Klassenstufe zu verstehen. Der Lernstoff baut ja aufeinander auf und wird immer schwieriger und wenn man mit einem Thema zum Beispiel in der sechsten Klasse bereits ein Verständnisproblem hat, dann zieht sich dies ja durch die weiteren Klassenstufen durch.

» swipu91 » Beiträge: 580 » Talkpoints: 33,30 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Den Ansatz finde ich nicht uninteressant und kannte ihn in der Form gar nicht. Ich durfte selbst die achte Klasse wiederholen, und nicht etwa, weil ich es intellektuell nicht geschafft hätte, sondern weil ich einfach hochgradig unmotiviert und desinteressiert an der Schule und dem Lernen war.

Bis zu diesem Zeitpunkt war ich immer eine von den Klassenbesten gewesen, allein das hätte dem aufmerksamen Pädagogen schon Indikator genug für pubertätsbedingte Renitenz und einem zumindest theoretischen Vorhandensein von genügend grauer Substanz sein müssen. Interessiert aber niemanden, ob jemand aus Faulheit oder persönlichen Problemen plötzlich schlechte Noten hat oder ob wirklich starke Verständnis-Schwierigkeiten vorliegen. Völlig egal, sitzen bleiben, neue alte Runde.

Meine damaligen Hass-Fächer waren Mathe, Physik und Chemie, die mich ins naturwissenschaftliche Verderben und zu einer Klassenstufe Stillstand beförderten. Hat mir das Wiederholen jetzt außer einem verlorenen Jahr auch nur ansatzweise irgend etwas gebracht? Absolutes Nein! Denn im Wiederholungsjahr war ich nicht unbedingt signifikant fleißiger, ich habe das Klassenziel zwar geschafft, aber in meinen Problem-Fächern dann auch wieder nur mit Ach und Krach.

Und in den Fächern, in denen ich von jeher gut und halbwegs begabt war, wie beispielsweise Sprachen und Geschichte, habe ich mich so unglaublich furchtbar gelangweilt. Es ist einfach ein Problem, dass man als Sitzenbleiber ja nun mal in allen Fächern wieder auf schon bekannten Stand zurückgeworfen wird. Die Ironie: In Mathe hatte ich auch beim zweiten Mal wieder eine Fünf, in den anderen beiden Fächern eine ganz haarscharfe knappe Vier.

swipu91 hat geschrieben:Der Lernstoff baut ja aufeinander auf und wird immer schwieriger und wenn man mit einem Thema zum Beispiel in der sechsten Klasse bereits ein Verständnisproblem hat, dann zieht sich dies ja durch die weiteren Klassenstufen durch.

Nein, das kann man in einer so absoluten Form nicht sagen, denn nicht automatisch alles baut aufeinander auf, das würde ich eher noch bei den Sprachen so sehen, aber ich bzw. meine Noten sind der Gegenbeweis, das dem nicht so sein muss. So hatte ich am Ende der zehnten Klasse plötzlich nur noch Einser und Zweier in Mathematik geschrieben und war am Anfang der 12 sogar für zwei Wochen im entsprechenden Leistungskurs. Das habe ich mir dann aber doch noch anders überlegt. :wink:

Nach mehr als drei Jahren, in denen ich ein Dasein als Fünfer-Mathe-Schülerin fristete, war ich also plötzlich bei den oberen paar Prozent dabei. Genauso Chemie, dort habe ich mich bis zur zehnten Klasse durch larviert und hatte in der Elften dann Dreizehn Punkte. Ausgehend von meiner eigenen Erfahrung, halte ich das amerikanische Prinzip der Sommerschule und einer Wiederholung in Form von Crash-Kursen als sehr viel zielführender. Weder mir noch allen anderen, die sitzenblieben, was auf meiner Schule zum guten Ton gehörte, hat das irgendetwas gebracht.

» Verbena » Beiträge: 4942 » Talkpoints: 1,79 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ich würde das nicht nur vom Schüler und dessen Charakter abhängig machen, sondern auch warum er theoretisch eine Klasse wiederholen müsste. Es gibt ja auch solche Fälle, wo die Schüler krankheitsbedingt sehr viel fehlen und da sie da kaum was vom Unterricht mitbekommen, werden die Noten schlechter, weil sie nicht mehr mitkommen und zu viel verpasst haben. Da würde ich es schon sinnvoll finden, wenn das Kind dann die Klasse wiederholt.

Wenn allerdings nicht so viel Unterricht durch Abwesenheit verpasst worden ist, würde ich sagen, dass Sommerschule oder Crash-Kurse ausreichen. Sitzen bleiben bringt auf jeden Fall nicht immer was. Ich kenne sowohl Schüler, bei denen das gar keinen Effekt hatte und auch solche, die sich dadurch sehr verbessert haben.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Im jetzigen System muss es das geben, denn was will man denn erreichen, wenn die Kinder schon vorher nichts verstanden haben und das nächste Jahr dann auf dem, was man nicht verstanden hat aufbaut? Da wird das Kind immer weniger verstehen und auch die restlichen Noten werden aus Frust schlechter.

Was ich mir als generelles System wünschen würde wäre, dass man den Schülern Kurse nach Leistung anbietet und es trotzdem einheitliche Klassen gibt. Also zum Beispiel einen Mathekurs für Kinder, denen das sehr leicht fällt und einen Kurs, in dem das besonders gut erklärt wird und eine Art Nachhilfekurs ist. So kann man sicherlich besser einzelne Schwächen beseitigen. Das kann man dann ja auch in Form von Zusatzstunden machen, wenn man den Klassenverband als solches nicht zerstören will.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich finde es schon sinnvoll, dass es eben wiederholt werden muss. Denn der Lernstoff baut aufeinander auf und ich kann auch nicht den Fortgeschrittenen Kurs in anderen Dingen besuchen, wenn noch nicht einmal die Grundlagen vorhanden sind. Wieso bleiben die Kinder denn überhaupt sitzen, zum einen weil der Stoff nicht verstanden wird und dort genereller Bedarf besteht da ganze nochmals erklärt und gezeigt zu bekommen und zum anderen wenn viele Fehlstunden vorlagen.

Bei beidem kann man nicht erwarten, dass diese ihre Defizite von mehreren Monaten alleine in den Sommerferien beseitigen können um anschließend in der höheren Stufe noch mitzukommen. Außerdem finde ich auch, dass man das vorrücken schon als eine Art Preis sehen kann und somit auch etwas in der Hand hat seine Fähigkeiten vorzuweisen.

Ich hatte in meiner Schulzeit einmal den Fall, dass jemand so oft sitzen geblieben ist das dieser am Ende einfach durch geschoben worden ist obwohl er zum wiederholten male die Hauptschule der 5. Klasse nicht abgeschlossen hatte, dabei war er zu diesem Zeitpunkt bereits 16 Jahre alt. Damit er die "Chance" auf einen Berufsabschluss hat, wurde er durch geschoben egal ob er das verstanden hat oder nicht und natürlich ist er auch durch seinen Hauptschulabschluss gefallen als es soweit war. Wie sollte er diesen auch bestehen mit dem Wissen eines Kindes aus der vierten Klasse? So jemand hat doch rein gar nichts gelernt für sein eigenes Leben und kann mit dem Wissen was dann vorliegt auch rein gar nichts anfangen. Welchen Job möchte man so bitte nachgehen?

Diesen Fall fand ich eigentlich in mehreren Hinsichten sehr traurig, zum einen haben sich die Eltern nicht darum gekümmert das Kind entsprechend zu fördern, zum anderen hat die Schule komplett versagt da dieser Mensch auf einer Förderschule meiner Meinung nach besser aufgehoben gewesen wäre und der junge Mann an sich selbst auch, da er sich auch keine eigene Hilfe gesucht hat. Was inzwischen aus ihm geworden ist habe keine Ahnung da er kurz danach auch aus dem Dorf weggezogen ist.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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