Nur vorspielen, dass man jemandem etwas gönnt?

Ein Bekannter arbeiten in der selben Firma wie sein Freund und dieser Bekannten hat nun ein tolles Angebot von der Firma bekommen. Er soll dafür für einige Zeit ins Ausland, um dort einen Kunden zu betreuen. Sein Freund ist schon sehr neidisch und geknickt, dass er das Angebot nicht von der Firma bekommen hat.

Er hat auch überlegt, wie er doch noch zu dem Auftrag an Stelle meines Bekannten kommen könnte. Dies ist aber aussichtslos und der Freund muss eben akzeptieren, dass mein Bekannter diesen Auftrage erhalten hat. Der Freund tut nun so als würde er sich für meinen Bekannten freuen, da er immerhin trotzdem ein guter Freund sein möchte. Er spielt ihm quasi vor, dass er ihm diesen Auftrag gönnt.

Mein Bekannter weiß aber durch andere Kollegen, dass sich sein Freund da nur zusammenreißt und es eben gar nicht so gönnerhaft meint. Er tut es eben nur der Freundschaft zu Liebe. Würdet ihr jemandem vorspielen, dass ihr ihm nur etwas gönnt? Oder habt ihr das schon mal getan?

Ich finde, dass man gerade als Freunde über alles offen sprechen können sollte. Ich würde da ehrlich zu meiner Freundin oder meinem Freund sagen, dass ich zwar versuche mich innerlich zu freuen und dieses Angebot eben zu gönnen, aber dass es mir eben schwer fällt. Ich finde Heuchelei ist deplatziert in einer Freundschaft, daher finde ich so ein falsches gönnerhaftes Verhalten nicht gut und ich denke auch, dass das auf Dauer die Freundschaft belasten wird, wenn man da nicht ehrlich ist.

Ich finde, dass man in einer Freundschaft absolut ehrlich sein sollte und sich gegenseitig alles gönnen sollte. Wenn das nicht so ist, dann muss man die Freundschaft sein lassen, weil das keine Freundschaft ist. Ich gönne alle meinen Freunden alles, was sie sich erarbeitet haben oder was sie sich leisten. Immerhin sind es meine Freunde und wenn sie glücklich sind, bin ich es auch.

Gönnerhaft hat nichts damit zu tun, ob man jemandem etwas gönnt, aber das nur nebenbei. Ich finde wiederum nicht unbedingt, dass man auch und gerade in einer Freundschaft immer seine ganzen Gefühle kundtun sollte. Gefühle wie Neid, Missgunst, Eifersucht sind, auch wenn wir uns das nicht gerne eingestehen, ganz normal und es bringt auch nichts, sie sich nicht einzugestehen oder zu verdrängen, weil ein "anständiger Mensch" oder ein "guter Freund" nicht so fühlen darf. Gefühle machen, was sie wollen, es kommt nur darauf an, wie man mit ihnen umgeht, und wie sie unser Handeln beeinflussen.

Deshalb bin ich der Meinung, dass es nicht immer empfehlenswert ist, jemand anderen mit den eigenen Emotionen zu konfrontieren und quasi zu belasten. Es hängt natürlich sehr stark vom Einzelfall, der Qualität der Beziehung und der Charaktereigenschaften der Beteiligten ab, aber was sollte es der Beziehung oder dem Freund schon nützen, wenn er erfährt: "Du, ich platze vor Neid und bin absolut nicht der Meinung, dass du der/die Richtige für den Job bist! Der hätte MIR zugestanden!"

Wie soll man darauf auch reagieren? Ein netter, normaler Mensch wird seine Errungenschaft deswegen wohl kaum an seinen neidischen Kumpel abtreten, aber sich vielleicht schlecht fühlen oder weniger Freude an seinem Erfolg haben, wenn man ihm ins Gesicht sagt, dass man ihn missgönnt. Ein weniger netter Mensch würde vielleicht auch pampig reagieren und darauf verweisen, dass Neid alleine jetzt auch keinen Unterschied mehr macht.

Meiner Ansicht nach gehört es daher zu jeder Form von Beziehung jenseits des Teenageralters auch dazu, dass man einfach mal den Rand hält und mit seinen Gefühlen ausnahmsweise nicht hausieren geht, sondern selbige mit sich selber ausmacht, ohne Leute damit zu belästigen, die dafür eigentlich gar nicht zuständig sind. Und wenn man sich mal etwas großherziger und charakterstärker gibt, als man sich fühlt, bricht einem davon auch kein Zacken aus der Krone.

Ich kann es schon verstehen, dass dieser Kollege neidisch auf deinen Bekannten ist und diesen Auftrag eben selber gerne hätte. Dass er das aber nicht so zeigen möchte, um die Freundschaft nicht kaputt zu machen, kann ich auch irgendwo nachvollziehen. Natürlich wäre es schöner, wenn er seinem Freund diesen Auftrag wirklich gönnen würde, aber so ist es eben nicht.

Anstelle deines Bekannten würde ich das Thema vielleicht mal ansprechen. Er weiß es ja von den Kollegen, dass der Freund ihm den Auftrag nicht wirklich gönnt und neidisch ist. Das sollte man dann schon mal ansprechen, wobei es natürlich eigentlich wünschenswert wäre, wenn diese Aussprache von dem neidischen Kollegen ausgehen würde. Aber so oder so würde ich die Sache einfach aus der Welt schaffen wollen.