Gewalttätige Ausraster beim Partner verschönen
Die Nachbarin meiner Eltern steht vor einem Problem. Ihre Tochter wird von ihrem Partner geschlagen. Sie weint sich immer wieder bei der Mutter aus und wenn die Mutter dann über den Mann schimpft, dann verschönt sie diese Situation. Sie meint dann, dass er ja viel Stress hat und dass er sich provoziert von ihr gefühlt hat und dass es doch gar nicht so von ihm gewollt ist.
Sie nimmt den Mann immer wieder in Schutz und sie redet sich sogar selber ein, dass sie sich falsch verhalten hat und deswegen der Partner ausgerastet ist. Die Mutter will aber auch nicht auf Trennung drängen, weil sie dann Angst hat, dass die Tochter dann nicht mehr zu ihr kommt und bei dem Mann bleibt und dann keinen mehr hat um sich den Kummer von der Seele zu reden. Sie will aber auch nicht weiter zuschauen.
Wie kommt es, dass es Menschen gibt, die die Gewalttaten eines Partners so verschönen und so tun, als ob es dafür wirklich eine Entschuldigung gibt? Was würdet ihr an der Stelle der Mutter machen? Ich habe ja schon oft gehört, dass viele Frauen den Partner immer wieder in Schutz nehmen, wenn dieser gewalttätig ist.
Als Außenstehender ist es natürlich immer einfach, über Menschen (leider meistens Frauen), die bei ihrem gewalttätigen Partner bleiben und ihn auch noch in Schutz nehmen, den Kopf zu schütteln und zur sofortigen Trennung zu raten. Nur leider sieht es in der Realität nicht immer so einfach aus. Sonst gäbe es keinen Missbrauch in Beziehungen, wenn jedes Opfer sofort und ohne Bedenken die Koffer packen und die Scheidung einreichen würde.
Ich denke, die Gründe für dieses Verhalten sind vielschichtig. Manchmal spielen finanzielle Abhängigkeiten eine Rolle oder die Angst vor dem Stigma einer gescheiterten Ehe. Manche Mütter (oder Väter) bleiben auch um der Kinder willen in einer miserablen Beziehung. Außerdem gibt es Zeitgenossen, die sich richtig gut darauf verstehen, ihre Mitmenschen zu manipulieren und ihnen jedes Selbstwertgefühl und jeder Fluchtmöglichkeit zu rauben.
Man kann beispielsweise seiner Partnerin immer wieder einreden und scheinbar vor Augen führen, dass ihr sowieso keiner glauben würde und am Ende als das böse Weib dasteht, das eine tolle Beziehung ruiniert hat. Eine beliebte Taktik sind auch tränenreiche Entschuldigungen mit Blumen und Geschenken sowie wiederkehrende Phasen, in denen alles wunderbar passt. Bis der Partner wieder einen Ausraster oder Übergriff "provoziert".
Woran es also im Einzelfall liegt, weswegen Leute bei ihren misshandelnden Partnern bleiben und sie sogar gegen Kritik verteidigen, ist von außen daher schwer festzustellen. Leider ist es auch ausgesprochen schwer, den Betroffenen wirklich zu helfen. Oft bleibt nur, sich nicht abzuwenden und immer Gesprächsbereitschaft zu signalisieren. Sonst kann es passieren, dass jemand vielleicht nach Jahren endlich die Courage zusammenkratzt, um sich Hilfe zu suchen, und dann feststellt, dass Familie und Freunde sich schon längst abgewandt haben.
So ist es nun mal. Die Menschen nehmen die Opferrolle ein und meinen dann das alles schon in Ordnung ist und dass der Partner das Beste ist, was einem passiert ist. Als Opfer nimmt man schnell diese devote Haltung ein, um sich selber zu schützen und um das alles wieder in eine gute Richtung zu bringen. Es gibt eben Menschen, die dafür sehr anfällig sind, aber jeder kann auch zu so einem Opfer werden.
An der Stelle der Mutter würde ich ihr auf jeden Fall klar machen, dass eine Beziehung nicht so sein muss und man sie sehr damit unterstützen würde, wenn sie sich trennt. Es ist aber nun mal die Entscheidung der Tochter und so muss man wohl zusehen, wie weit sie das mit sich treiben lässt.
Viele Menschen scheinen die Opferroller wirklich zu lieben oder gerne anderen anzudichten. Klar ist, dass Schlagen keinerlei Ventil ist, welches in einer Beziehung Einhalt bekommen darf. Da ist es völlig irrelevant, ob der oder die jenige viel Stress auf der Arbeit hat, Daheim den Haushalt schmeißen muss und mehr. Diesen Stress müssen Milliarden Menschen weltweit über sich ergehen lassen und noch um ein Vielfaches schlimmer, sodass auch hier nicht jeder drauf losprügeln kann, wie es ihm/ihr beliebt.
Wenn dann immer der Wortlaut fällt, dass man das Schlagen selber provoziert hat, fällt mir persönlich nichts mehr dazu ein, als zu sagen "wie dumm bist Du". Denn es gibt einfach in nahezu 99 Prozent der Fälle keinen einzigen Grund, der mir sagt, dass das Schlagen in Ordnung sei oder zumindest nur leicht gerechtfertigt. Auch leichte Provokationen muss eine Beziehung aushalten können, ohne das Mann gleich schlägt.
Es gibt keinen Ausweg aus der Beziehung ohne, dass eine Trennung voranschreiten muss. Es scheint des Öfteren zu gewalttätigen Übergriffen zu kommen, was der Beziehung ohnehin nur noch schadet. Wenn der Mann bereits mehrfach zu gehauen hat, dann hört das nicht auf. Dasselbe wird auch seiner nächsten und der Nächsten passieren. Ich kenne das Spielchen, und wenn der Mann sich nicht helfen lässt, ist solch ein Verhalten ein langsamer sowie schleichender Prozess, um auch mal härter zu zuschlagen, wenn die Hutschnur wieder nicht im Griff ist.
Die Mutter der Tochter sollte ihr klarmachen, dass ganz gleich, welch ein Streit, welche Worte vorausgegangen sind, dass Schlagen niemals eine Entschuldigung oder gar Rechtfertigung ist. Darüber hinaus ist es eine Straftat jemanden zu schlagen, auch in einer Beziehung, sodass es hier auch keine zwei Meinungen geben darf. Wenn der Gesetzgeber per se ohnehin verbietet, das man einer anderen Person körperliches Leid antun kann. Ihre Seele verkraftet dieses Thema nicht allzu lange, ganz gleich, ob sie sich mit dafür verantwortlich fühlt. Der Schlussstrich muss gezogen werden.
Ich kenne so eine Beziehung auch, denn mein letzter Partner war auch gewalttätig. Ich habe es anfangs auch immer schön geredet und den Fehler bei mir gesucht. Das macht man wohl eher aus dem Grund, weil man den Partner ja eigentlich liebt und immer an das Gute in dem Menschen hofft. Man möchte einfach auch nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen und es dauert lange, bis man einsieht, das es nicht besser wird.
An der Stelle der Mutter kann ich nur sagen, das sie einfach für ihre Tochter da sein soll. Sie sollte versuchen, immer auf sie einzureden, das eine Beziehung eigentlich anders ablaufen muss und das beide glücklich sein müssen.
Sie sollte allerdings nicht nur den gewalttätigen Partner bei der Tochter schlecht machen, denn dann kann es passieren, das die Tochter sich abwendet und somit hat die Mutter dann keinen Einfluss auf sie. Letztendlich muss die Tochter die Entscheidungen treffen, aber wenn sie die Mutter hinter sich stehen hat, macht es ihr das vielleicht leichter sich zu trennen.
Vielleicht macht die Frau ja wirklich was, was die Ausraster ihres Mann rechtfertigen. Vielleicht ist sie selber gewalttätig, mobbt ihn psychisch, schlägt die Kinder, gibt sein Geld sinnlos aus oder was weiß ich.
Vielleicht will sie ja auch nur Aufmerksamkeit. Die Geschichte scheint sich ja schon weit herumgesprochen zu haben. Ich würde meiner Mutter nicht von meinen Problemen erzählen, wenn sie es überall herumerzählt. Also scheint die Tochter das ja nicht schlimm zu finden, wenn es jeder weiß.
Sternenbande hat geschrieben:Ich würde meiner Mutter nicht von meinen Problemen erzählen, wenn sie es überall herumerzählt. Also scheint die Tochter das ja nicht schlimm zu finden, wenn es jeder weiß.
Irgendjemanden muss man sich aber anvertrauen können. Die einen erzählen ihre Probleme ihrer besten Freundin oder ihrem besten Freund und sie hat sich ihrer Mutter anvertraut. Eigentlich ist es doch ein gutes Zeichen, denn sie vertraut ihrer Mutter sehr, denn sonst würde sie sich nicht mit so einem Thema an sie wenden.
Ob sie ihn vorher gereizt hat oder ähnliches rechtfertigt meiner Meinung nach nicht, das er sie geschlagen hat. Klar es gibt auch sicher Frauen, die ihre Männer schlagen, aber das ist genauso indiskutabel wie wenn ein Mann eine Frau schlägt. Gewalt ist definitiv keine Lösung.
Als Außenstehender fragt man sich natürlich immer, weshalb eine Person so etwas mitmacht und mit sich machen lässt. Man kann es sich einfach nicht vorstellen, wie jemand bei einem Partner bleibt, der schlägt, gewalttätig ist und einen nicht gut behandelt. Man denkt sich selbst, dass man sich in so einer Situation sofort vom Partner trennen würde und kann es nicht begreifen, warum das bei den entsprechenden Personen selbst nicht so ist.
Ich denke, dass es aber doch ganz anders ist, wenn man sich erst einmal in so einer Situation befindet. Je mehr der Partner einen schlägt und je schlechter er einen behandelt, desto mehr schrumpft sicherlich auch das Selbstbewusstsein. Man hat vielleicht irgendwann das Gefühl, dass man das eben verdient hat. Ich denke, dass es einfach ein Teufelskreis ist. Je schlechter der Partner einen behandelt, desto weniger Selbstbewusstsein hat man und je weniger Selbstbewusstsein man jat, desto mehr lässt man sich dann auch mit sich machen.
Irgendwie muss man es ja auch vor sich selbst und auch vor anderen rechtfertigen, weshalb der Partner eben so handelt, wie er handelt und weshalb man das Ganze auch noch mitmacht, ohne sich von ihm zu trennen. Man kann das ja auch nicht einfach so kommentarlos stehen lassen. Natürlich macht man sich dann selbst auch Gedanken über die Situation, so dass man sich das auch selbst erklären muss.
Ja, als Außenstehender, kann man so ein Verhalten meistens nie wirklich nachvollziehen. Ich selber konnte es mir auch nie vorstellen, das man bei einem Partner bleibt, der einen schlecht behandelt, bis ich selber in der Situation war. Es ist wirklich ein verdammter Teufelskreis und es dauert bis man selber merkt, das das nicht richtig ist und man sich trennt.
Mein Exmann hatte sozusagen zwei Gesichter, einmal für die Außenstehenden und einmal eins, was er uns zuhause zeigte. Mir hat anfangs nie jemand geglaubt, wenn ich mich jemanden anvertrauen wollte und irgendwann habe ich es dann auch aufgegeben und die Schuld einfach bei mir selber gesucht. Ich war der festen Überzeugung, das er durch mein Verhalten so reagiert, denn in der Öffentlichkeit war er ja auch der liebende Ehemann. Nur zuhause bekam er immer diese gewalttätigen Ausraster und das bei Dingen, die mir jetzt sehr sinnlos vorkommen. Damals habe ich das allerdings ganz anders gesehen.
Bei mir war der auslösende Punkt, das ich mich einmal vor meinen Kindern stellen musste, weil er wieder einen Ausraster hatte und angeblich mit meinen Kids reden wollte, obwohl er so in Rage war. Als ich dann die Augen meiner Kids gesehen habe, war mir klar, das geht so nicht weiter. Die Nachbarn haben damals das Geschrei mitbekommen und zum Glück die Polizei gerufen. Das war dann auch der Punkt für mich, das ich neu anfange. Ohne ihn und mit meinen Kids. Die Kids waren zum Glück nicht von ihm und da die Polizei ihn ja auch mitgenommen hat, hatten wir ihn erstmal aus dem Haus.
Ich habe mich dann von einem Anwalt beraten lassen und seitdem haben meine Kids und ich Ruhe vor ihm. Lediglich nach der Scheidung gab es noch einmal einen Angriff auf mich. Aber da war sein Fehler, das er das in der Öffentlichkeit unter Zeugen gemacht hat. Dieser Moment hat mir dann nochmal bestätigt, das ich genau das Richtige für mich und meine Kids getan habe. Seitdem leben wir auch glücklich zu dritt zusammen und bevor bei uns irgendwann mal wieder ein Mann einzieht, müsste schon ein Wunder geschehen.
Mittlerweile bin ich sehr vorsichtig geworden und kann auch sagen, das mir so etwas nicht noch einmal passiert. Sobald mir ein Mann zu Nahe kommt, in Form von irgendeiner Bösartigkeit, wehre ich mich. Damals war das für mich unmöglich so zu handeln, denn ich habe, wie viele andere Frauen auch, den Fehler immer bei mir gesucht. Aber nun weiß ich, egal was man macht, es gibt nie einen Grund das mit Gewalt zu lösen. Egal ob von männlicher oder weiblicher Seite. Gewalt ist definitiv die falsche Lösung.
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