Bewirkt eine Hartz4 Erhöhung weniger Kinderarmut?
Aufgrund der alarmierenden Zahlen zur Kinderarmut von Hartz4 Empfängern, fordern ja jetzt mehrere Politiker eine spürbare Erhöhung der Kinderkomponente bei den Hartz4 Bezügen. Das klingt ja alles gut und löblich, aber trägt denn solch eine Erhöhung der Hartz4 Bezüge denn tatsächlich zu einer Beseitigung oder zumindest Linderung der Kinderarmut in Deutschland bei? Findet ihr das den richtigen Ansatz oder müsste dieses Problem mal ganz grundsätzlich und ganz anders angegangen werden? Wie würdet ihr denn dieses Problem anpacken?
Armut wird in Deutschland relativ über das Einkommen gemessen. Das sagt noch nicht sehr viel über die tatsächliche Lebenssituation aus. Immerhin ist auch dann noch die Grundversorgung gesichert, was ein armes Kind in Deutschland immer noch reicher macht als vermutlich 80% der Kinder auf der Welt. Das bedeutet zwar nicht, dass man an der Situation nichts ändern sollte, aber man muss es auch nicht überdramatisieren.
Eine Erhöhung der Bezüge würde nur die Symptome behandeln und nicht die Ursache beseitigen. Ein paar Euro mehr oder weniger wird die langfristige Perspektive niemals bessern können. Zudem kann niemand kontrollieren, ob das Geld auch wirklich bei den Kindern ankommt. Für ein Kind ist es vermutlich erst einmal kaum spürbar, ob die Eltern Hartz IV beziehen oder einfach nur einen sehr geringen Lohn haben. Es hängt da eher davon ab, wie effektiv die Eltern das wenige Geld einsetzen und wie sie ihre Kinder daran teilhaben lassen. Von daher denke ich, dass das nur einen sehr geringen Effekt hat.
Die Bekämpfung der Ursachen ist aber nicht einfach. Kinderarmut selbst kann man erst einmal an zwei Fronten bekämpfen. Auf der einen Seite liegt es ja erst einmal daran, dass die Eltern arm sind. Wenn die Eltern Hartz IV beziehen, können sie auf der anderen Seite ihren Kindern womöglich keine Perspektive zeigen. Die Schule kann dies aber auch nicht wirklich leisten. Die Gefahr, dass die Kinder einen schlechten Start ins Berufsleben haben, ist relativ groß, auch wenn es sicherlich viele Fälle gibt, in denen das genaue Gegenteil passiert.
Eine allgemeine Patentlösung würde mir dafür auch nicht einfallen. In manchen Fällen würde finanzielle Hilfe durchaus helfen. In anderen Fällen wäre ein positives Vorbild ausreichend. Manchmal wäre vielleicht Unterstützung für die Suche einer Ausbildungsstelle in einer anderen Region besser. Das ist einfach eine sehr individuelle Sache.
Um Kinderarmut durch eine Erhöhung der Hartz IV Bezüge für Kinder zu verhindern, müsste man den Regelsatz ja schon so weit erhöhen, dass man oberhalb der Armutsgrenze lebt. Eine Familie mit zwei Kindern muss also mindestens 1872 Euro monatlich zur Verfügung haben.
Zur Zeit bekommt so eine Familie monatlich 1235 Euro plus Miete, Heizkosten, Nebenkosten und Krankenversicherungsbeiträge. Das dürfte mehr als 1872 Euro sein.
Natürlich brauchen wir ein Paket von Maßnahmen, um Familien zu unterstützen. Da wäre als erstes ein höheres Kindergeld für Kinder, die hier in Deutschland leben. Dann brauchen wir natürlich mehr Ganztagsplätze in Kindergärten und Schulen und mehr staatliche Förderung für diese Einrichtungen und Vereine, die sich um Jugendliche kümmern.
Selbstverständlich gehört auch ein gerechter Regelsatz für Jugendliche und Erwachsene dazu. Vor allem brauchen wir wieder ein Umdenken in der Familienpolitik. Die normale Familie mit Mann und Frau sowie Kindern muss wieder im Mittelpunkt stehen.
Juri1877 hat geschrieben:Vor allem brauchen wir wieder ein Umdenken in der Familienpolitik. Die normale Familie mit Mann und Frau sowie Kindern muss wieder im Mittelpunkt stehen.
Wirklich? Die "normale" Familie steht doch im Mittelpunkt der politischen Ideen. Dabei sind immerhin rund 23 Prozent aller Eltern alleinerziehend. Und die Gruppe wächst weiter. Sollen die noch schlechter gestellt werden? Lächerliche Steuervorteile, zeitlich begrenzter Unterhaltsvorschuss und ähnliche Freundlichkeiten sollen reichen?
Ich denke nicht, dass man Armut wirklich nur an einem reinen Geldbetrag messen kann. Es gehört mehr dazu, nämlich auch die Lebenssituation des Kindes und die Erziehung und Bildung, die es schon von zu Hause mit bekommt. Ein Kind, das liebevoll aufgezogen wird, aus seiner Familie schon einen großen deutschen Sprachschatz mit bekommt und beispielsweise einen Büchereiausweis besitzt und gerne nutzt, finde ich viel "reicher", als ein Kind, das als Schlüsselkind auf seine kleineren Geschwister aufpassen muss, im Fernsehen nur Teletubbies zu sehen bekommt oder Cartoons und in dessen Zuhause Bücher nur dazu dienen, dass der Tisch nicht wackelt
Ich denke daher nicht, dass eine Hartz4-Erhöhung eine Auswirkung auf die Kinderarmut hat, denn es sind ja weiterhin die Eltern, die das Geld ausgeben können. Es bleibt nicht zweckgebunden für das Kind. Und solange es diesen ganzen Bürokratismus gibt, der einem vorschreibt, woran ein "armes" Kind teilhaben darf und was es nicht bekommt, weil es dafür kein Formular gibt, auch wenn es das Kind fördern würde und es ihm Spaß machen würde, wird Deutschland es auch nicht schaffen, wirklich etwas zu ändern.
Ich denke, um Kinderarmut zu bekämpfen, muss sehr viel mehr getan werden, als nur ein bisschen mehr Geld zu geben, was dann im neusten Smartphone angelegt wird. Dafür muss ein grundlegendes Umdenken erfolgen. Auch ein Kind mit dem neustens Samsung-Smartphone, das nur einen Wortschatz von 50 Wörtern beherrscht, weder richtig lesen noch schreiben kann und die grundlegendsten Begriffe von Benehmen nicht kennt, ist für mich arm, denn es wird automatisch in die Armut hinein rutschen und hat keine Chance, da heraus zu kommen.
Ich polemisiere hier nicht gegen Hartz4-Empfänger - ich möchte nur eine andere Unterscheidung als nur danach, wer Hartz 4 bekommt (bzw. wie viel verdient) und wer nicht. Nach meinem Verständnis gibt es auch nicht arme Kinder unter den Hartz4-Empfängern und arme Kinder unter denen, deren Eltern nicht im Leistungsbezug stehen.
Eine Kindergelderhöhung bringt übrigens überhaupt keine Änderung beim zur Verfügung stehenden Geld für eine Familie, die Hartz 4 bezieht, denn das Kindergeld wird als Einkommen des Kindes auf den Satz voll angerechnet. Eine Kindergelderhöhung würde also nur den Kommunen helfen, weil sie weniger an Hartz 4 zahlen müssten.
Ich denke, dass hier mehr stattfinden muss als eine Hartz 4 Erhöhung. Beispielsweise würde es ja schon sehr viel bringen, wenn man den Kindergarten plus die Essen im Kindergarten kostenlos machen würde und dann auch jedem Kind auch wirklich einen Platz zukommen lässt.
So etwas ist wichtig um auch eine Grundlage für die gute Entwicklung zu schaffen. Außerdem sollte die Schulspeisung wieder gefördert werden und es auch gesünder gemacht werden. Da hat man dann auch für die Eltern schon viel an Kosten abgefangen und vor allem ist so garantiert, dass das Kind wenigstens eine gesunde Mahlzeit am Tag bekommt.
Wir müssen generell mehr machen in der Familienförderung. Es gibt zwar viele Angebote, aber mit weniger oder keinem Geld steht man da blöd da. Da muss man nicht erst Hartz 4 bekommen, wo ja noch vieles übernommen wird, man muss nur mal im Mittelstand schauen. Ein Kind kostet viel Geld und wenn man normal arbeiten geht oder gar alleinstehend ist, muss man gut rechnen können und sicherlich ist das auch Elternsache, aber ein Staat muss auch etwas für die Kinder machen und mit Kindergeld ist das nicht getan.
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