Trennung nicht verarbeitet, weil man nicht geweint hat?

Eine Bekannte von mir ist extra nach Südamerika gereist, da sie dort noch Familie hat und ihre Schwester gerade eine schwierige Trennung durch macht. Heute hat sie mich angerufen und gemeint, dass ihre Schwester die Trennung bei weitem noch nicht verarbeitet hätte. Es gäbe noch viel zu tun, denn im Moment hätte ihre Schwester wohl noch kein einziges Mal geweint.

Ich finde es merkwürdig, dass man am Weinen misst, ob jemand eine Trennung schon verarbeitet hat oder nicht. Einige Menschen weinen dauernd und andere eben nicht. Und selbst wenn man verlassen worden ist, möchte man vielleicht nicht weinen, weil man die Trennung gar nicht so schlimm findet und selbst möglicherweise schon darüber nachgedacht hat.

Hat man eine Trennung tatsächlich erst verarbeitet, wenn man einmal darüber geweint hat? Wie wichtig ist euch das Weinen bei der Verarbeitung einer Trennung? Ich finde nicht, dass man daran erkennen kann, ob jemand etwas schon verarbeitet hat oder nicht.

Jeder geht mit einer Trennung anders um. Was der eine macht, muss der andere nicht machen. Geweint habe ich nach der Trennung von meinem ersten Partner nicht, schließlich habe ich mich auch getrennt. Wobei ich es aber auch nicht wichtig finde zu weinen. Wenn man selber realistisch einsieht, dass das keine Chance hatte, dann muss man sicherlich auch nicht weinen und manche Menschen sind auch einfach vom Typ her nicht so. Vielleicht liegt es ja auch nicht nur am weinen, sondern sie hat noch andere Dinge beobachtet.

Ich finde, man kann nicht jede Beziehung gleich bewerten. Es kommt sicherlich auf die emotionale Bindung zum Partner an, ob man sich im Fall einer Trennung hinterher weint oder eben nicht. Manche Paare leben sich ja auch mit der Zeit auseinander, sodass sie das ganze eher nüchtern betrachten, wenn man sich doch für eine Trennung entscheidet.

Ich kenne auch Personen, wo die Trennung relativ tränenarm verlaufen ist, weil man schon im Laufe der Beziehung gemerkt hat, dass das nicht ewig halten wird und dass die Beziehung zum Scheitern verurteilt ist, egal was man tut oder was man dagegen unternehmen möchte. Wenn man sich dann schon während der Beziehung auf das Ende einstellt, dann wird die Trennung auch nicht so dramatisch, man kann schneller einen Schlussstrich ziehen und das Leben weiterleben.

Warum muss man denn nach einer Trennung überhaupt weinen? Ich habe alle meine ehemaligen Partner verlassen und nur bei einem geweint. Die anderen Beziehungen waren emotional längst abgeschlossen, die Trennung war der letzte Schritt und der war nicht traurig, der fühlte sich enorm befreiend an. Die Entscheidung war endgültig gefallen, das Kapitel abgeschlossen.

Dass das ganz anders aussehen kann, wenn man verlassen wird, das ist auch klar. Genauso wie bei meiner einen Trennung, die auf Vernunft begründet war, die Gefühle waren noch lange nicht weg. Aber wenn die Gefühle futsch sind, man emotional schon Single ist, es keine Wut und keine Verletzungen gibt, um was sollte man weinen?

Ich finde, dass weinen nichts darüber aussagt in wie weit man eine Trennung verarbeitet hat. Zum einen geht damit jeder anders um, ich kenne einige Menschen, die sehr schwer weinen können und dennoch betroffener sind, als manch anderer, der bei jeder Kleinigkeit weint. Des weiteren weint ja nicht jeder in der Öffentlichkeit, nur weil sie sagt, sie hätte noch nie geweint, kann es ja dennoch sein, dass sie das nur einfach nicht nach außen trägt. Ich würde auch nicht unbedingt vor anderen weinen wollen oder jedem erzählen wann ich geweint habe.

Vielleicht hat sie auch einfach andere Möglichkeiten mit der Trennung umzugehen, als sich zu verkriechen und zu weinen. Aus vielen Menschen macht eine Trennung sogar eine noch stärkere Persönlichkeit, da sie mit einer bestimmten Lebensphase abschließen können und dadurch ist gar nicht erst das Bedürfnis haben zu weinen. Vielleicht war aber auch schon die Trennung selbst sehr tränenreich und hat dazu geführt, dass sie diesen Schritt akzeptieren konnte. Ich würde das also überhaupt nicht daran messen.

Soweit ich weiß, habe ich auch nie geweint, als ich mich von meinen vorherigen Partner getrennt habe. Die Trennungen kamen ja nicht plötzlich von heute auf morgen. Stattdessen hat es sich einfach um einen schleichenden Prozess gehandelt. Die Beziehungen liefen immer schlechter, man hat sich immer mehr gestritten, sich immer schlechter behandelt und immer weniger Gefühle in die Beziehung investiert. Irgendwann waren die Gefühle dann so wenig, dass die Trennung unvermeidbar war. Da haben mir die Trennungen aber auch nicht weh getan, weil ich ja gesehen habe, was kam.

Da es ja schon Monate vorher so schlecht lief, war da auch keine Hoffnung mehr da, dass es bald wieder besser laufen könnte. Ich hatte davor schon oft an eine Trennung gedacht und als es dann soweit war, war ich irgendwie auch erleichtert. Ich war in dem Moment nicht unbedingt glücklich, dass es so gekommen war, aber eine Last fiel eben von meinen Schultern und das hatte doch etwas Befreiendes an sich. Geweint habe ich aber nicht. Dennoch habe ich die Trennungen direkt verarbeiten können und den Schritt nie bereut.

Man muss eben nicht immer weinen, um eine Trennung zu verarbeiten. Es kommt eben immer darauf an, wie die Beziehung zu gelaufen ist und wie lange man zusammen war. Es kommt darauf an, wie viele Gefühle man in die Beziehung investiert hat und wie plötzlich die Trennung kam. Auch kommt es darauf an, von wem sie ausging und weshalb es soweit kam. Auch jeder Mensch ist in dieser Hinsicht eben anders und verarbeitet Trennungen demnach zufolge auch anders.