Beruflicher Vorteil, wenn man unterschätzt wird?

vom 25.05.2016, 11:44 Uhr

Ich las vor kurzem einen sehr interessanten Artikel. In diesem Artikel ging es darum, dass die Narzissten, Vordrängler und vermeintlichen Erfolgstypen im Beruf - also die die am lautesten schreien und sich vor dem Chef passend zu inszenieren wissen - am meisten Erfolg im Beruf hätten, auch wenn andere, also stillere und zurückhaltendere Kollegen vielleicht sogar besser und effizienter arbeiten. Diese "Schreihälse" würden schneller wahrgenommen und entsprechend eher befördert als die Stillen. So weit, so ungerecht.

In dem Artikel wurde aber auch die These aufgestellt, dass die Stillen trotzdem wahrgenommen werden würden, auch wenn man sie unterschätzen würde und zwar von den "intelligenten" Chefs. So würde man eben nicht untergehen, sondern es würde Pluspunkte geben, dass man nicht ständig im Vordergrund stehen möchte. So könnte man mehr oder weniger im Geheimen Kontakte knüpfen und seine Fähigkeiten ausbauen und dann bei passender Gelegenheit punkten.

Mag sein, dass das bei Einzelfällen wie im Lotto durchaus zutreffen kann. Aber ansonsten finde ich, dass man eher benachteiligt wird, wenn man unterschätzt wird. Was meint ihr dazu? Ist es in euren Augen ein beruflicher Vorteil, wenn man unterschätzt wird?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Das Thema ist ganz schwierig, weil das Selbstbild und das objektive Bild häufig nicht zusammen passen. Man hört so oft von Leuten, die sich nicht beachtet fühlen, obwohl sie denken, dass sie tolle Arbeit abliefern. Diese Leute schimpfen dann auch über die "Schreihälse", die angeblich so ineffizient sind und nichts auf die Reihe kriegen.

Aber das ist eben nur ein subjektives Bild. Es kann genauso gut sein, dass die Leute die "Schreihälse" unterschätzen, weil sie deren Arbeit gar nicht genau beurteilen können. Auf der anderen Seite sind betriebliche Strukturen auch durch persönliche Beziehungen geprägt. Man muss kein Narzisst sein, um ein persönliches Netzwerk zu pflegen. Das kann auch eine ruhige Person, vielleicht sogar besser.

Und nicht zuletzt haben Führungspositionen ein ganz anderes Anforderungsprofil. Der stille und fleißige Arbeiter ist für eine Führungsposition oft gar nicht geeignet. Man würde also einen guten Arbeiter verlieren und eine schlechte Führungskraft gewinnen. Dann doch lieber Leute befördern, die ihre Meinung klar vertreten und die Arbeit anderer gut verkaufen können. Dazu müssen sie nicht die besten Arbeiter sein, oftmals ist es genau das Gegenteil.

Das erscheint unfair, ist aber letztendlich sinnvoll. Aus diesem Grund führen einige Unternehmen inzwischen ja auch "Fachkarrieren" ein, um gute Arbeiter außerhalb der Führungslaufbahn befördern zu können.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 25.05.2016, 12:58, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Spontan fällt mir da Columbo ein, der Detektiv oder Kommissar aus der Fernsehserie, die früher immer lief. Da hat er sich beim Ermitteln auch immer als saublöd präsentiert, die Täter haben ihn völlig unterschätzt und verhielten sich leichtsinniger, als wenn sie das Gefühl gehabt hätten, dass sie wirklich in der Gefahr schwebten durchschaut zu werden und haben manches ausgeplaudert oder unfreiwillig durchblicken lassen, was in der Fernsehsendung dann üblicherweise den Ermittlungserfolg einbrachte. Nun kann ja nicht jeder damit punkten, denn nicht jeder ermittelt in Kriminalfällen.

Aber ich denke schon, dass es einzelne Berufsgruppen gibt, wo man damit punkten kann, oder zumindest keinen Nachteil hat. Gerade unter Wissenschaftlern, die in der Forschung arbeiten, ist es ja nicht unbedingt an erster Stelle wichtig, wie man auftritt. Eher was man beim Forschen an Ergebnissen bringt.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich arbeite im Jobcenter und kann von mir nur berichten, dass hier keiner wirklich ernst genommen wird. Bei uns erkranken die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in einer Tour und selbst dann wird nicht wirklich etwas unternommen bzw. irgendjemand ernstgenommen.

In dem Bereich wo ich arbeite sehe ich zumindest keinen beruflichen Vorteil für irgendjemanden. Jeder kämpft hier um seine Gesundheit und nicht um eine höhere Position oder irgendeinen Vorteil. Dabei ist es egal ob man laut oder leise ist. Ich behaupte mal das die lauten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sogar noch ignoriert werden, weil man dann einem unschönen Gespräch aus dem Weg gehen kann.

Dazu sollte man sagen, dass gerade im Jobcenter die Fluktuation sehr hoch ist und nur der harte Kern diesen Bereich nicht verlässt. Alle anderen neuen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind schneller wieder weg als man gucken kann.

» VNESS18 » Beiträge: 66 » Talkpoints: 36,19 »



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