Seltsam, wenn Backmuffel plötzlich backen möchte?

Meine Freundin A ist ein ziemlicher Backmuffel. Das war schon immer so und sie sagt selbst von sich, dass sie schon in ihrer Kindheit und später als Teenager kein Interesse am Backen hatte. Sie fand backen immer total langweilig und mochte auch nie so wirklich Kuchen oder Torten essen. Sie war mehr für das Kochen zu begeistern, probiert da gerne neue Sachen aus und ist da sehr kreativ und experimentierfreudig.

Sie sagt selbst, dass sie mehr für Nachtisch in Form von Pudding oder Schokolade zu haben ist, aber nicht für Kuchen, Torten oder Muffins. Sie isst zwar aus Höflichkeit ein Stück Kuchen mit, wenn ihr das als Gast angeboten wird, aber wenn sie Gastgeber ist, gibt es immer anderen Nachtisch und keinen Kuchen.

Mir ist seit einiger Zeit aufgefallen, dass A sich irgendwie seltsam verhält in letzter Zeit. Sie scheint sich tatsächlich langsam für das Backen zu interessieren. So probierte sie neulich eine Backmischung aus und ich habe neulich, als ich sie besuchen war, sogar ein Rezept für einen Himbeerkuchen entdeckt, das sehr ansprechend ausgesehen hat und bei dem sie meinte, dass sie das gerne mal ausprobieren würde. Jetzt bin ich nur nicht sicher, ob ich mir Sorgen machen muss. Würdet ihr euch Sorgen machen, wenn ein Backmuffel plötzlich das Bedürfnis entwickelt zu backen und neue Sachen auszuprobeiren? Oder ist das durchaus normal?

Ich denke, dass man sich keine Sorgen machen muss. Immerhin verändern sich Menschen und wenn sie damit glücklich ist nun backen zu wollen, ist das ja in Ordnung. Eigentlich ist es ja auch ganz passend, wenn sie gerne kocht und Geschmäcker verändern sich ja auch. Ich habe beispielsweise sehr lange kein Brokkoli gegessen, nun liebe ich es aber.

Sorgen machen? Weil jemand auf einmal gerne bäckt? Of all things, wie der Engländer sagt? Warum das denn um alles in der Welt? Oder ist "Backen" hier ein Euphemismus für die Herstellung von Christal Meth oder die Eröffnung eines illegalen Hinterhof-Bordells mit angeschlossener Spielhölle? Dann würde ich mir Sorgen machen, aber doch nicht, wenn jemand mit einer Packung Backmischung angetroffen wird. Bist du sicher, dass du nicht doch "Kokain" meinst?

Ich habe bis vor wenigen Jahren auch aus Prinzip nie gebacken, aber eines Tages habe ich mir gedacht, dass ich das mal ausprobieren könnte. Ich bin auch kein riesiger Kuchenfan, aber man ist doch immer wieder mal irgendwo eingeladen, und es macht einen schlechten Eindruck, wenn man immer mitisst, aber selber nie etwas beisteuert.

Zumindest passable Muffins bekomme ich mittlerweile hin, Backmischungen sind in meinen Augen sowieso Geldschneiderei. Aber ich glaube wirklich nicht, dass sich irgend jemand Sorgen um mich gemacht hat, als plötzlich Plätzchen bei mir zu finden waren. Wahrscheinlich war der Gedanke eher: "Wird auch Zeit!" als "Jetzt dreht die Alte endgültig durch!"

Man möchte meinen, es sei ein Zeichen von Geistesschwäche oder gesundheitlichen Problemen, wenn man sich ein neues Hobby zulegt. Wie unflexibel kann man eigentlich sein, wenn das eigene Weltbild dadurch in den Grundfesten erschüttert wird, dass jemand auf einmal bäckt? Hast du noch nie ein neues Hobby ausprobiert und Gefallen daran gefunden?

Es ist wirklich sehr besorgniserregend, wenn sich ein Mensch weiter entwickelt und sich für neue Dinge interessiert. Wenn man als Kind beschlossen hat, dass man etwas nicht mag, sollte man auf jeden Fall sein Leben lang dabei bleiben und bloß nicht auf die Idee kommen seinen Standpunkt zu überdenken.

Aber im Ernst - ich kenne tatsächlich einige Leute, die früher höchstens mal eine Backmischung angerührt oder einen fertigen Tortenboden belegt haben. Dank Internet haben sie nun aber ihr Interesse am Backen entdeckt, denn es gibt ja so viele schön inszenierte Bilder und oft ist das passende Rezept oder Video dann direkt mit dabei. Es ist heute einfach sehr viel leichter geworden sich da inspirieren zu lassen als früher, wo man vielleicht nur ein einziges Backbuch zur Verfügung hatte.

Und ich finde es auch ganz normal, dass sich der Geschmack im Laufe des Lebens regelmäßig ändert und weiter entwickelt. Mein Geschmack bei Lebensmitteln und Getränken lässt sich kaum noch mit dem meiner Kindheit vergleichen.

Besorgnis erregend finde ich, wenn man sich Sorgen macht, weil jemand seine Interessen verlagert und eben wie in deinem Fall bzw. im Fall deiner Freundin, das Backen für sich entdeckt hat. Warum sollte man sich Sorgen machen, wenn jemand eben gemerkt hat, dass Backen gar nicht so schlimm ist.

Ich habe früher auch lieber gekocht als gebacken. Mittlerweile backe ich genauso gerne wie ich koche und es hat sich hoffentlich keiner Sorgen wegen so einer Bagatelle gemacht. Ich habe eben gemerkt, dass das Backen ebenso Spaß machen kann wie das Kochen und dass eben meine Kuchen auch gerne gegessen werden.

Irgendwann findet man einfach das Gefallen an manchen Dingen ohne dass man sich als Nebenstehender irgendwelche Sorgen machen sollte und muss. Ich finde es auch alles andere als seltsam, wenn man seine Leidenschaft für irgendwelche Dinge entdeckt.

Ich finde es irgendwie süß, dass du dir Sorgen machst, weil deine Freundin vom Backmuffel nun doch zum Bäcker mutiert. Ich liebe es zu backen und mache es immer zu allen Gelegenheiten wenn es eben geht. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass ich vielleicht irgendwann einfach mal keine Lust mehr dazu habe. Da muss man sich aber bestimmt auch keine Sorgen machen, da es doch immer Phasen im Leben gibt, wo man eben eine Leidenschaft ablegt oder eine neue für sich entdeckt.

Deine Freundin hat nun vielleicht einfach festgestellt, dass es tolle Rezepte gibt und Lust dazu, sich auszuprobieren. Ich würde sie darin unterstützen und mich als Testesserin für Kuchen und Co zur Verfügung stellen.