Als Frau immer Verständnis haben müssen?

vom 09.04.2016, 08:39 Uhr

A hat gerade einen kleinen Konflikt mit sich. Sie ist viel alleine, obwohl sie einen Partner hat. Dieser ist aber beruflich viel unterwegs und durch seine Hobbys in seiner knapp bemessenen Freizeit auch noch weg. Nun versucht A schon, dafür immer irgendwie Verständnis aufzubringen. Da sie meint, dass ihr Partner ja auch einen Ausgleich und ein bisschen Erholung von seinem Job braucht.

Es kam dann am Wochenende vor, dass A mit ihrem Partner geplant hatten, was sie am kommenden Tag alles erledigen wollten. Sie wollten viel gemeinsam machen, worauf A sich auch schon freute. Dann kam es allerdings wieder anders. Denn As Partner ist dann kurzfristig mit seiner Mutter gefahren, um seinen Vater aus einem weiter entfernten Krankenhaus abzuholen. Er fragte A vorher noch, ob das für sie in Ordnung sein. Da es sich nur um die Abholung handelte, die nicht so lange dauern sollte und As Partner nachmittags auch einen Termin hatte, hatte A nichts dagegen einzuwenden.

A würde ich auch niemals sagen, dass ihr Partner in so einer Situation zu Hause bleiben soll und überließ ihm damit die Entscheidung. Es kam dann unvorhergesehen anders, da der Vater von As Partner nun doch nicht entlassen wurde und er mit seiner Mutter den ganzen Tag im Krankenhaus blieb.

A war doch irgendwie sehr enttäuscht, da es der erste Tag seit längerem gewesen wäre, an dem sie Zeit mit ihrem Partner hätte verbringen können. Sie sagte sich aber selbst, dass sie eben Verständnis haben müsste und alles andere doch irgendwie egoistisch wäre. A traf dann auch auf eine Bekannte und schilderte ihr die Situation auch. Die Bekannte meinte, dass man eben gerade aus Frau Verständnis haben müsste. Dafür wären Frauen doch auch bekannt. Man würde ja auch immer hören, dass Verständnis eine weibliche Eigenschaft sei.

Nun macht A sich Gedanken, ob es wirklich typisch Frau ist, immer Verständnis zu haben. Muss man als Frau sogar immer Verständnis haben? Wird das wirklich so erwartet?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Wenn man sich so verhält und so denkt braucht man sich ja nicht zu wundern, wenn man ausgenutzt wird und wenn andere dann eben keine Rücksicht nehmen, weil man "als Frau" ja eh für alles Verständnis hat. Es reicht doch, wenn man als Frau immer noch in vielen Bereichen benachteiligt wird, da muss man sich doch nicht noch selber freiwillig zum Opfer machen.

In der konkreten Situation ist die Frage aber natürlich schon, was es mir bringen würde darauf offen mit völligem Unverständnis zu reagieren. Der Tag ist ja schon futsch, daran würde sich nichts ändern wenn ich mich extrem aufregen und ihm Vorwürfe machen würde.

Ich würde mir dann wohl einfach einen schönen Abend machen und erwarten, dass er "als Mann" dafür Verständnis hat. Und eine grundsätzliche Diskussion über die Verbindlichkeit von Zusagen mir gegenüber würde ich zu einem späteren Zeitpunkt führen, wenn ich nicht mehr so sauer wäre.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Warum sollte ich immer Verständnis haben müssen, nur weil ich eine Frau bin? Ist im weiblichen Chromosomensatz fest ein Gen für Verständnis eingebaut? Sind meine Vorstellungen, Wünsche, Bedürfnisse und Vorhaben weniger wichtig, weil ich keinen Penis habe?

Tatsächlich bin ich in meiner Beziehung sehr verständnisvoll. Denn mein Mann bringt ebenso viel Verständnis für mich auf. Wir haben ein ausgeglichenes Verhältnis und das alte Sprichwort, wie man in den Wald ruft, gilt eben auch in diesem Punkt.

Wir haben zwar Punkte, wo grundsätzlich die Interessen des einen vorgehen und der andere Verständnis haben muss, aber auch das gleicht sich aus. Wäre es anders, dann gäbe es eine Grundsatzdiskussion. Das wäre auf beiden Seiten so.

Ich bin bestimmt nicht dazu da, mein Leben komplett auf meinen Partner auszurichten und mein Wohlbefinden permanent dem seinen unterzuordnen. Mein Partner soll mir gut tun und mich nicht dauerhaft belasten. Schließlich bin ich auch genau das für meinen Mann. Ich bin sein Gegenstück, sein Rückhalt, sein Zuhause und nicht ein praktischer Einrichtungsgegenstand, der springt, wenn er zufällig einmal Lust auf eine gemeinsame Beschäftigung hat.

» cooper75 » Beiträge: 13379 » Talkpoints: 509,93 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ich würde nicht davon ausgehen, dass jede Frau immer für alles Verständnis haben muss. Manchmal kann man es nicht ändern und dann muss man damit leben, wenn der Partner keine Zeit hat, aber generell würde ich da nicht unendliches Verständnis aufbringen, wenn es mir damit nicht gut geht.

Ich denke, dass A das generell mal ansprechen muss und nicht über ihre Grenzen gehen sollte, weil das dann auf Dauer sonst nicht funktionieren kann. Dann muss man eben eine Lösung finden. Vielleicht kann man auch einen generellen Pärchenabend in der Woche einführen, an dem man dann eben besonders schöne Dinge zusammen macht, damit man sich wieder näher kommt.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Frauen müssen doch nicht mehr oder weniger Verständnis für andere aufbringen, als Männer. Was ist denn das für eine Logik? Frauen sind doch nicht minderwertig oder haben andere oder weniger Rechte, nur weil es sich um Frauen handelt. Ich verstehe das einfach nicht und mich würden solche Aussagen ehrlich gesagt auch nur wütend machen, weil ich eben nicht der Meinung bin, dass man als Frau immer Verständnis für den Partner haben und sich alles gefallen lassen muss.

Klar ist Verständnis in einer Beziehung wichtig, aber das betrifft ja beide Seiten und nicht nur die Frau. Als Mann muss man sich doch auch um die Frau und generell um die Beziehung bemühen. Immerhin wäre die Beziehung doch sehr einseitig. Einer würde dann ja immer etwas für den anderen machen, während der andere quasi die Beine hochlegen könnte und sich nicht bemühen müsste.

Ich verstehe es, dass du deinem Partner da nicht reinreden und ihm auch nichts verbieten möchtest, was ich auch gut finde. Allerdings musst du dir damit ja auch nicht alles gefallen lassen. Du bist doch genauso wichtig und wenn du dich auf einen gemeinsamen Tag mit deinem Partner gefreut hattest, dann solltest du ihm das auch genauso sagen. Ich würde nun nicht direkt mit Vorwürfen um mich schmeißen, aber einfach das Gespräch suchen. Vielleicht ist sich dein Partner ja gar nicht bewusst, dass er dich so damit verletzt, wobei ich mir damit sogar recht sicher bin.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Der Satz deiner Bekannten ist ja gruselig, er erinnert mich inhaltlich an einen Leitartikel für die glückliche Hausfrau, Ausgabe 1950. Ich bin echt überrascht, dass es heute noch so ein Gedankengut gibt. Wie schon alle Vorschreiber erwähnten, sollen und müssen doch beide Parteien Verständnis haben. Warum soll immer einer den anderen ausbalancieren?

Das konkrete Beispiel finde ich jetzt gar nicht so schlimm, denn offensichtlich ging es um einen medizinischen Notfall in der Familie, da hätte sicher jeder Verständnis. Generell hört es sich aber an, als müsste A mal etwas mehr für ihre Bedürfnisse in der Beziehung einstehen. Warum kann denn die Beziehung nicht Ausgleich für ihn sein, sodass er immer trotzdem allein externe Hobbies pflegt? Bei einer Art von Fernbeziehung, die es ja zu sein scheint, wenn der Mann immer beruflich wegfährt, sollte schon genügend Zeit für gemeinsame Dinge eingeplant werden.

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich hasse es zwar, diese Worte auch nur zu äußern, aber in unserer Kultur sind die traditionellen Geschlechterrollen leider doch ziemlich tief verankert. Rein rational betrachtet ist es natürlich diskriminierend, sexistisch und Blödsinn, dass "frau" in einer Beziehung immer verständnisvoll und unterstützend handeln muss und ihre eigenen Bedürfnisse weit zurücknimmt, während der Mann prinzipiell tun kann, was er will.

Aber es kommt mir zumindest so vor, als seien diese Rollen und Stereotype immer noch so fest in den Köpfen verankert, dass es eigentlich kaum ein Entkommen gibt. Ist es etwa nicht mehr so, dass schon kleine Mädelchen zum "schön zusammen spielen" und "Gib der Lea doch auch mal deine Puppe" angehalten werden, während es bei männlichen Kindern immer noch eher heißt "Torben, setz dich doch mal durch und hol dir deinen Bagger zurück!"?

Und später bei der Berufswahl muss man sich ja auch nur die typischen Frauenberufe ansehen, die in sehr vielen Fällen nach wie vor auf angeblich typisch weiblichen Bedürfnissen wie sich Kümmern, Beraten, Versorgen, Bedienen und Ähnlichem basieren. Ich nehme mich hier nicht aus. Verständnis für anderer Leute Anliegen zu haben wird also meiner Meinung nach der weiblichen Bevölkerung nach wie vor anerzogen und als "typisch weibliche" Eigenschaft hoch geschätzt.

Glücklicherweise ist es mittlerweile doch ein bisschen einfacher geworden, diese Rollenklischees zu durchbrechen, und dem Torben auch mal eins mit der Sandschaufel zu verpassen, um dann später als Bankerin einen Haufen Kohle zu scheffeln. :wink: Aber dennoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Frauen immer noch auf eher auf Widerstände stoßen, wenn sie mal keine Lust auf Verständnis, Rücksichtnahme und Bescheidenheit haben, weil das unbequem und lästig ist.

Wie heißt es doch so schön: Eine herumschreiende Frau gilt als hysterisch, ein herumschreiender Mann als energisch. Deswegen verstehe ich es (leider), wenn manche Frauen wirklich glauben, sie müssten auf Grund ihres Geschlechts diese Eigenschaft haben, weil sie sonst keine guten Menschen oder sonstwie fehlerhaft geraten sind.

» Gerbera » Beiträge: 11317 » Talkpoints: 49,13 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera, als Frau muss man das einfach kaschieren. Schreien kommt nicht gut an, das gilt auch für Männchen. Eine sehr charmante Hülle, die Zielstrebigkeit und Durchsetzungsvermögen sowie eine Portion Aggressivität mit einem hübschen Sahnehäubchen typischer Weiblichkeit kaschiert, ist äußerst praktisch.

Dann nutzt man noch die kleinen Hilfsmittel und die Sache läuft. Ein ganz typisches Beispiel ist, wie man Aufgaben delegiert. Das ist tatsächlich im Job und privat typisch. Ein Mann taucht in der Tür auf, dabei ist es egal, ob Frau arbeitet oder daheim kocht, fernsieht oder liest, und teilt mit, was er möchte.

Das können Unterlagen sein, die Bitte einen Termin in der Werkstatt zu machen oder die Mitteilung, dass man samstags zu Meier grillen geht. Und als Frau reagiert man normalerweise brav und wunschgemäß. Das wäre schließlich auch vollkommen in Ordnung, wenn es umgekehrt genauso funktionieren würde.

Aber meist mutiert die Frau zur lästigen Mücke und wird mit einer vagen Zustimmung abgespeist und Mann tut das Geforderte vielleicht, wenn es irgendwann passt, vielleicht auch nie. Bittet man den Mann dagegen zum Gespräch, idealerweise während man selbst sitzt, kann man äußerst freundlich bleiben und es klappt zuverlässig und schnell. Es gibt zig sehr weibliche Möglichkeiten sich durchzusetzen. :wink:

» cooper75 » Beiträge: 13379 » Talkpoints: 509,93 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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