Durch lange Krankheit selbst zum Arzt werden?

vom 05.05.2016, 20:11 Uhr

Ich lese sehr gerne Sprüche und Zitate zu den verschiedensten Themen. Vor kurzem begegnete mir im Alltag eher zufällig ein asiatisches Sprichwort, in dem es hieß, dass man durch eine lange Krankheit selbst zum Arzt werden würde.

Ich finde dieses Sprichwort sehr interessant und ich denke, dass in gewisser Weise schon ein Kern Wahrheit enthalten ist. Wenn man längere Zeit an derselben Krankheit oder am selben medizinischen Problem leidet, wird man früher oder später zum Experten, hat möglicherweise verschiedene Hausmittel ausprobiert und kennt sich so einigermaßen damit aus.

Ich beziehe das jetzt mal auf Kopfschmerzen. Kopfschmerzen können verschiedene Ursachen haben: Übermüdung, Erschöpfung, überanstrengte Augen, Wassermangel etc. Wenn man häufiger Kopfschmerzen hat und darin erfahren ist, wird man relativ schnell herausfinden, was die Ursache ist und wird sich selbst schnell Abhilfe verschaffen können.

Genauso kann es sich dabei um andere medizinische Probleme handeln. Die einzige Grenze wäre eben, dass man sich keine Antibiotika verschreiben kann, weil man dafür eine ärztliche Zulassung braucht. Wird man durch lange Krankheit selbst zum Arzt? In welchen Bereichen und Problemen würdet ihr dieser Aussage zustimmen und wo stimmt das so gar nicht?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Bei Asthma ist es sehr sinnvoll, sich selbst sehr gut auszukennen. Mein Allergologe hat mir gleich zu Beginn erklärt, dass er seine Aufgabe darin sieht, seinen Patienten beizubringen, sich selbst zu behandeln. Er liefert die Rezepte, kontrolliert den Verlauf und greift ein, wenn es nicht funktioniert.

Aber welche Dosierung der einzelnen Medikamente aktuell richtig ist, wann man steigern, eventuell auf systemisches Kortison umsteigen oder wieder verringern kann, das sollte man selbst wissen. Denn wenn die Beschwerden so groß sind, dass man in der Praxis aufschlägt, dann hinkt man der optimalen Einstellung lange hinterher.

Genauso muss man selbst wissen, was man leisten kann und wie man sich wenn nötig medikamentös auf die Belastung vorbereitet. Und natürlich muss man wissen, was man tut, wenn es schief geht und wann man einen Arzt braucht. Damals dachte ich der spinnt, heute manage ich das Problem seit ewigen Zeiten allein.

Das ist bei vielen chronischen Erkrankungen so. Diabetiker kommen im Idealfall eigenverantwortlich zurecht. Schmerzpatienten wissen, was sie wann können und brauchen. Der Arzt weist ein und zeigt, wie der Patient sein Problem allein beherrschen kann.

» cooper75 » Beiträge: 13432 » Talkpoints: 519,92 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich glaube, dass das bei vielen chronischen Erkrankungen ganz automatisch passiert. Gerade wenn sich nicht sofort nach Arztbesuch ein Therapieerfolg einstellt ist es meistens so, dass man sich genauer mit der Krankheit auseinandersetzt und je nachdem wie tiefgründig man sich informiert und um welche Erkrankung es sich handelt auch nahezu alle Therapiemöglichkeiten kennt. Viele probieren durch dieses Wissen dann auch neue, mehr oder weniger erfolgreiche, Therapien aus.

Meiner Meinung nach ist die Grenze zum Arzt meist das Biologische. Die wenigsten Laien wissen genau wie bestimmte Prozesse in unserem Körper ablaufen und könnten diese mit den gleichen Fachbegriffen wie ein Arzt erklären. Ich denke Mediziner sehen bestimmte Sachverhalte daher auch anders. Dennoch finde ich das nicht unbedingt schlimm und es durchaus sinnvoll, dass man sich mit seiner Erkrankung, wie diese entsteht und wie sie behandelt werden kann, beschäftigt.

Wichtig ist immer, dass das ganze nicht überhand nimmt. Leider kann man sich in viele Dinge auch hineinsteigern, gerade wenn man sich sehr viel beließt und das ist nicht immer hilfreich für die Heilung. Wenn es einem selbst betrifft ist es häufig auch schwierig das ganze sachlich zu beurteilen. Auch kann man bei dem ganzen Jungle an Therapiemöglichkeiten, beispielsweise bei Kopfschmerzen, garnicht alles ausprobieren und das wäre wahrscheinlich auch kontraproduktiv. Der Arzt kann zudem hilfreiche Erfahrungen aus seiner Praxis mitteilen, welche dabei helfen können den richtigen Weg zu finden.

» bambi7 » Beiträge: 1248 » Talkpoints: 16,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich glaube, dass man zwar eine Menge an Wissen zu der Krankheit sammelt, aber das auf keinen Fall an einen guten Arzt herankommt. Zumal man ja auch nur das Wissen zu einer Krankheit hat und ein Arzt ja nicht nur immer eine Sache behandelt. Ich denke aber durchaus, dass man sehr viel Wissen aneignen kann, wenn man an einer Krankheit erkrankt ist und eine Lösung finden möchte.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich sehe dieses Sprichwort etwas zwiespältig, wenn ich ehrlich bin. Einerseits verstehe ich es, denn bei einer chronischen Erkrankung merkt man selber ja am besten, was einem hilft und was man vielleicht bleiben lassen sollte, um die Krankheit nicht zu verschlimmern. Auch die richtige Dosierung der Medikamente kann man in manchen Fällen selber bestimmen. Aber einen Arzt macht das dann noch nicht so ganz aus einem.

Ich finde es immer schlimm, wenn die Menschen, die für sich selber mit ihrer Erkrankung gut zurecht kommen, dann anderen Menschen sagen, was sie machen müssen, was der Arzt aber vielleicht in dem Fall ganz anders sieht. So etwas erlebe ich auch immer wieder und das ist der Punkt, den ich kritisch sehe. Also für sich selber kann man durch eine lange Krankheit schon fast zum Arzt werden. Allerdings sollte man dann nicht anfangen, andere Menschen therapieren zu wollen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


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