Sich wegen Selbstmord im Bekanntenkreis schuldig fühlen?

vom 16.01.2016, 16:15 Uhr

Eine Bekannte von mir macht gerade eine schwere Zeit durch. Ein Freund aus ihrem Freundeskreis hat Selbstmord begonnen. Die meisten die ihn kannten finden das natürlich schlimm und spekulieren darüber, warum er es getan hat. Manche haben schon Gerüchte in die Welt gesetzt nach denen es ihm wohl auf der Arbeit nicht so gut ging oder er Probleme mit seiner Frau hatte.

Meine Bekannte fühlt sich wegen dem Selbstmord aber auch selbst schuldig. Sie wirft sich vor nicht erkannt zu haben, dass es ihm schlecht ging und ist sogar im Kalender die Treffen durchgegangen, die sie in letzter Zeit zusammen hatten. Sie hat Angst, dass sie als Freundin nicht genug für ihn da war.

Gab es auch in eurem Freundeskreis schon mal Selbstmorde und habt ihr euch diesbezüglich dann auch Gedanken darum gemacht, ob ihr möglicherweise nicht genug für die Person da wart und ihr hättet helfen können? Oder seht ihr das Problem stets woanders und könnt euch nicht vorstellen ein schlechter Freund gewesen zu sein?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich hab da zum Glück noch keine Erfahrungen gesammelt. Aber ich denke, viele Menschen machen sich in der Situation erst mal Vorwürfe. Der Gedanke, ob man es hätte verhindern können, ist doch ganz natürlich. Es ist etwas passiert, was man sich nie gewünscht hätte und nun kann man es nicht mehr ändern. Klar überlegt man dann, ob man etwas anders hätte machen sollen.

Ich denke, das gehört zum Verarbeitungsprozess. Wenn der Schock abklingt, erkennt man dann, dass man gar nicht in der Position war, etwas zu ändern oder dass es okay war, dass man nichts gemerkt hat, weil man ja nicht ständig alle mit Argusaugen überwachen kann. Aber im ersten Moment geht man eben nicht rational ran, sondern sehr emotional und kann nicht klar denken.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Mein Onkel hat sich selbst getötet. Er litt schon sehr viele Jahre an Depressionen und kämpfte dagegen an. Als eine Sohn dann aus dem gröbsten heraus war und er auch in der Beziehung die Heirat eingegangen war konnte er nach ein paar weiteren Jahren einfach nicht mehr. Abzusehen war es aber nicht unbedingt. Man hätte meinen können, dass es gerade geht.

Dennoch ging es nicht und sicherlich wirft man sich da vor, wenn man nicht da war, aber das ist Quatsch, weil das nichts gebracht hätte. Er hatte immer eine sehr tolle Frau an seiner Seite, meine Tante und die hat sich jeden Tag um ihn gekümmert und die beiden hatten die ganz große Liebe, trotz auch sehr schlechter Krankheitsphasen. Man hätte auch nicht mehr machen können als sie eh schon gemacht hat.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich denke, dass eine derartige Reaktion durchaus normal ist und sich nicht nur auf Suizid übertragbar ist, den man nicht verhindern konnte, sondern auf alle negativen Erlebnisse und Ereignisse, die man nicht verhindern konnte. Das kann man auch auf einen Autounfall beziehen oder dass einem Kind etwas passiert ist, weil man eine Sekunde lang nicht aufgepasst hat.

Man kann nur sein bestmögliches geben und dann das beste hoffen. Man kann schließlich nicht alles wissen und gerade bei Depressionen weiß man ja nicht, was im Inneren dieser Person vor sich geht. Man sieht ja nur die äußere Fassade und wenn die "perfekt" ist, woher soll man dann wissen, dass es schlimmer wird und nicht besser?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



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