Besser schlechtes Arbeitszeugnis als gar keins?

vom 04.05.2016, 11:30 Uhr

Nach langem Überlegen habe ich kürzlich ein Arbeitszeugnis beantragt. Ich habe nur drei Monate als Werkstudentin in dem Unternehmen verbracht und war dort weder besonders glücklich noch erfolgreich. Allerdings hatte eine Arbeitskollegin damals gemeint, man würde selten Zeugnisse ausstellen, die schlechter als "gut" seien aus Angst vor Klagen der Mitarbeiter.

Nun fand ich mein Arbeitszeugnis, falls man es überhaupt so nennen kann, sehr seltsam. Erstens steht nicht mal Zeugnis drauf, sondern "Referenz". Zweitens ist es sehr kurz gehalten und darin wird nur gesagt, in welche Bereiche ich einen Einblick erhalten habe. Das klingt schon so, als hätte ich die Arbeiten gar nicht selbst ausgeführt, finde ich, sondern eher nach Schülerpraktikum.

Die Schlussformel finde ich am schlimmsten: "Wir bedanken uns für die Zusammenarbeit und wünschen Cappuccino für ihren beruflichen und persönlichen Werdegang alles Gute". Das klingt für mich nach einem sehr schlechten Arbeitszeugnis, oder? Würdet ihr so ein Zeugnis zukünftigen Arbeitgebern eher vorenthalten oder sollte man es auf jeden Fall mitschicken?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Wäre die Firma bereit das Zeugnis so abzuändern, dass es sich besser anhört? Wie wichtig ist Dir das Zeugnis? Hast Du eventuell eine Arbeitsrechtsschutzversicherung?

» fischkiste23 » Beiträge: 24 » Talkpoints: 7,29 »


Ich würde dieses Arbeitszeugnis auch nicht unbedingt mitschicken. Du kannst ja dein Praktikum und die diesbezüglichen Inhalte deinem zukünftigen Arbeitgeber auch im Lebenslauf mitteilen. Vor einigen Jahren hatte ich auch mal ein ähnliches Zeugnis bekommen und dieses fortan ignoriert, als wäre es gar nicht existent. :whistle:

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» Walker » Beiträge: 113 » Talkpoints: 32,41 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Alleine die Schlussformel sagst über die Qualität rein gar nichts aus, natürlich gibt es dafür bessere Formulierungen als sie bei dir nun der Fall ist, aber ein wirkliches Hindernis stellt diese alleine nicht dar. Es ist nun einmal so, dass Arbeitnehmer inzwischen häufiger vor Gericht ziehen gegen die Arbeitszeugnisse da sie sich ungerecht behandelt fühlen. Problem dabei ist allerdings, man muss es selbst belegen können, dass die Arbeit besser war als beurteilt worden ist und da wird es meistens schon schwieriger.

Um wirklich sagen zu können ob es sich dabei um ein schlechtes Zeugnis handelt oder ein gutes, oder du einfach nur die Fomulierungen falsch interpretierst, müsste man das im gesamten sehen. Erst damit kann man das eindeutig beurteilen. Wenn du es hier nicht veröffentlichen möchtest, dann gibt es dafür auch entsprechende Fachkräfte die sich damit auskennen und dir das ganze übersetzen können. Auf die Angaben die dazu im Internet zu finden sind ist nur teilweise verlass.

Ungut sind immer Formulierungen wie "stets bemüht" oder wenn besondere Punkte extra hervorgehoben werden wie "Pünktlichkeit". Wird das nochmals extra erwähnt, dann zeigt es weiteren Arbeitgebern das es damit nicht sonderlich genau genommen worden ist, da es einfach Basics für einen Arbeitnehmer sind.

Ich habe solche Zeugnisse nicht, denn ich schreibe meine entsprechend selbst und lasse sie dann von der Geschäftsleitung einfach nur noch unterschreiben. Das erspart denen die Arbeit eines zu schreiben und hinterher auch den Ärger wenn ich damit nicht zufrieden sein sollte. Zudem wenn es doch einmal Ärger geben sollte, lasse ich mir alle Zwischenbeurteilungen kopieren und kann somit meine Arbeitsleistung vor Gericht auch vorweisen. Auch wenn weitere Arbeitgeber Probleme damit haben sollten, habe ich damit etwas in der Hand.

Natürlich kann man ein solches Arbeitszeugnis auch verschweigen wenn man ein schlechtes bekommen hat, aber das funktioniert nicht immer. Denn ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis besteht immer ab einer Beschäftigungsdauer von 6 Monaten, und das wissen auch andere Arbeitgeber. Entsprechend verlangen diese manchmal auch, dass man sich das ganze nachträglich zuschicken lässt.

Bei anderen Arbeitgebern muss das ganze lückenlos vorgewiesen werden und da reicht eine bloße Erwähnung im Lebenslauf nicht aus. Die Bundeswehr ist ein solcher Fall, dort muss man jeden Tag seines Lebens schriftlich nachweisen und wenn man nur einen Tag bei einem Arbeitgeber gearbeitet hat, dann muss das bereits durch einen Arbeitsvertrag nachgewiesen werden. Auch Zeiten in denen man eine "Auszeit" hatte muss man schriftlich erklären wieso, weshalb warum und was man in dieser Zeit genau gemacht hat. Auch daran sollte man denken wenn man einen Job bei einer Behörde anstrebt, diese sind dort etwas pingeliger als normale Arbeitgeber.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Bei der Schlussformel widerspreche ich vehement. Denn die Schlussformel ist der einzige Punkt, den man nicht gerichtlich einklagen kann. Hier hat der Arbeitgeber tatsächlich komplette Freiheit bei den Formulierungen und das wissen andere Arbeitgeber natürlich auch.

Daher kann man als Arbeitgeber das Arbeitszeugnis, das man eben immer mindestens "gut" halten muss, komplett nach unten ziehen. Die größte Ohrfeige ist es, wenn die Schlussformel gänzlich fehlt. Das darf man machen und es spricht natürlich Bände. Denn hier darf man sozusagen alles sagen und es versteht auch jeder.

Eigentlich sollte die Schlussformel einen Grund für das ausscheiden angeben. Wenn dieser Punkt fehlt, geht es noch. Aber an dieser Stelle kann man so einiges sagen, was der Arbeitnehmer schlucken muss. Steht das zum Beispiel: "Herr X verlässt uns auf eigenen Wunsch zum 01.01.17, wir bedauern sehr, dass wir ihn nicht im Unternehmen halten können, " geht ein sehr guter Mitarbeiter.

"Das Arbeitsverhältnis endet am ... " oder "Das Arbeitsverhältnis wird im gegenseitigen Einverständnis aufgelöst," dann hat der Arbeitgeber gekündigt. Ohne das ausdrückliche Bedauern ist er auch froh, diesen Mitarbeiter nicht mehr sehen zu müssen.

An den zweiten Punkt gehört ein Dank für die "sehr gute" Zusammenarbeit. "Gut" oder keine Benennung sind schon deutlich schlechter. Möchte ich jemandem richtig eins reinwürgen, dann wünsche ich ihm alles gute für seine private Zukunft oder nur die Zukunft, denn mit einem ordentlichen Job wird das wohl nichts mehr. :whistle:

Jeden anderen Punkt kann man halt vor Gericht klären. Das beste Arbeitszeugnis kann durch eine fehlende oder entsprechend formulierte Schlussklausel komplett ruiniert werden und man kann nichts dagegen tun. Jeden anderen Teil kann man auf mindestens "gut" klagen, die Schlussformel eben nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich habe in einem Praktikum im Studium, was länger war, auch ein schlechtes Arbeitszeugnis bekommen und das habe ich dann einfach verschwinden lassen, das wollte nie jemand sehen. Später habe ich dann im Job selbst Arbeitszeugnisse gelesen und auch für andere geschrieben und ich muss sagen, dass es schon solche Klauseln und Abstufungen gibt, wie "vollste Zufriedenheit" vs. "Zufriedenheit" usw.

Aber viele, die Arbeitszeugnisse schreiben, achten da nicht auf jedes Detail. Dessen wurde ich mir auch irgendwann bewusst, als ich die Zeugnisse von Bewerbern angesehen habe. Kleinere Firmen, die keine extra Personalabteilung betreiben, da schreibt der Chef solche Zeugnisse selbst und die sind nicht immer perfekt, da meint er mal was gut und wenn dann pingelige Zeugnisinterpretierer kommen, sehen die lauter Kritik, die gar nicht so gemeint war.

Auch der Satz "Wir bedanken uns für die Zusammenarbeit und wünschen Cappuccino für ihren beruflichen und persönlichen Werdegang alles Gute" ist nun gar nicht so schlecht. Klar man kann sagen, dass da eigentlich was von "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" stehen müsste. Vielleicht steht das auch drüber. Der Satz ist nicht optimal, aber wie schon gesagt, man darf auch nicht zu viel hineininterpretieren. Und vermutlich hast du ein einfaches Arbeitszeugnis bekommen, kein qualifiziertes, wenn ansonsten nur die Tätigkeiten aufgelistet sind.

Ich fand es damals, als ich Personalauswahl betrieben habe, immer wichtiger, mal mit den Leuten zu reden, zumindest am Telefon. Den Zeugnissen habe ich nie großartig Beachtung geschenkt, eben weil da viel drin steht, was gar nicht so gemeint ist oder der Schreiber unbewusst Negatives versteckt hat.

Auch ich habe bei Bewerbungen die Erfahrung gemacht, dass niemand nach Arbeitszeugnissen fragt. Das mag bei manchen Behörden anders sein, aber ich arbeite auch nicht bei Behörden. Bzw. ich arbeite an der Uni, aber da hat auch nie jemand ein Arbeitszeugnis sehen wollen. Irgendwann habe ich die gar nicht mehr mitgeschickt. Hatte nicht den Eindruck, dass die jemanden interessieren oder dass ich dadurch einen Nachteil habe. Lass das Zeugnis einfach weg, wenn es Dir nicht gefällt.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Talkmaster am 06.05.2016, 00:00, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ehrlich gesagt erscheint mir dein Arbeitszeugnis nun gar nicht schlecht, auch wenn ich dieses nun nicht gesehen habe. Wie sich das für mich anhört, ist das aber ein neutrales, bis gutes Zeugnis, so dass ich das auf jeden Fall mitschicken würde. Ich kann da nichts Schlechtes dran erkennen.

Diese Schlussformel kenne ich nur zur Genüge und dachte bisher immer, dass diese so üblich sei. Bei meinem Praktikums"zeugnis" steht die gleiche Schlussformel und das, obwohl ich in den Zeilen zuvor sehr für mein Interesse, mein Engagement, meine Zuverlässigkeit und meine präzise Arbeitsweise gelobt werde. Es steht drin, dass ich immer freundlich und zuvorkommend war und alle Aufgaben immer zur größten Zufriedenheit erledigt habe.

Mein Zeugnis hört sich durchweg sehr gut an, dennoch habe ich die gleiche Schlussformel. Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich diese schon in zahlreichen Zeugnissen gesehen, nicht nur von mir. Ich dachte bisher immer, dass das einfach so die übliche Standardformel wäre, so wie "mit freundlichen Grüßen".

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



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