In welchen Bereichen seid ihr bekennender Spießer?

vom 30.04.2016, 14:57 Uhr

Eigentlich müsste man vorher vermutlich erst definieren, was Spießigkeit für den einzelnen bedeutet, da hat sicher jeder so seine eigenen Vorstellungen, aber wahrscheinlich gibt es auch eine große Schnittmenge. Menschen, die sich für unkonventionell und hochgradig un-spießig halten, werden vermutlich Werte wie Treue, Pünktlichkeit, Sparsamkeit, Ordnung, generell jede Form der Konformität als spießig erachten.

Manche machen es vor allem am Wohnstil, den Hobbys oder der Kleidung fest. Vermutlich niemand möchte sich so bezeichnen und doch haben bestimmt viele Leute Angewohnheiten oder Wertvorstellungen, die man als spießig bezeichnen könnte. Ich selber habe natürlich auch Dinge, die man von außen so bezeichnen könnte, wenn man wollte.

So ist mir meine Privatsphäre wichtig, ich könnte niemals mehr in einer Wohngemeinschaft leben. Mein Müll wird akribisch sortiert und ich bin genervt, wenn meine Nachbarn laut sind. Alternative Lebensentwürfe wie das Leben in offenen Beziehungen oder in Abbruchhäusern finde ich in der Theorie interessant, aber sie wären nichts für mich. Mein Geld spare ich lieber, als es für ständig neuen Blödsinn auszugeben. Mittlerweile finde ich Gärtnern gut und nicht mehr spießig. Ich glaube, ich werde alt.

Was ist denn für euch spießig und in welchen Bereichen findet ihr das trotzdem gut und erstrebenswert? Inwiefern hat sich euer Blick auf das Leben da gewandelt? Seid ihr vielleicht insgeheim gerne Spießer oder seht ihr euch eher als sehr unkonventionell?

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ich fühle mich zur Zeit auch sehr "spießig", wobei ich das Wort eigentlich nicht besonders mag, da es so negativ behaftet ist. Im Grunde verfolgt man doch dabei Glaubenssätze oder Handlungen, die man für richtig erachtet und wobei man sich gut fühlt. Man hört auf seine Interessen und Gefühle und das ist in meinen Augen positiv.

Ich bin gerade im Ausland für ein Semester. Die erste Assoziation, die die meisten Menschen in meinem Alter damit haben, ist wohl: Party! Für viele scheint ein typisches Studentenleben daraus zu bestehen, dass man ständig feiern geht oder abends in irgendwelchen Bars rumsitzt, da das wohl das Sinnbild von "ich genieße mein Leben" ist.

Nun ist das allerdings gar nichts für mich. Ich war bisher während meines Aufenthaltes nicht feiern, habe mich nie in eine Bar gesetzt, nehme generell nicht an Events teil, die abends stattfinden. Ich habe es mir so oft vorgenommen, aber sobald der Tag sich dem Ende zuneigte und das Event näher rückte, merkte ich doch jedes Mal, dass ich eigentlich keine Lust darauf hatte. Das ist für mich auch kein typischer Fall von "geh hin, danach wirst du froh sein, gegangen zu sein" - nein, ich kenne es von mir, dass ich nach solchen Abenden oft enttäuscht nach Hause gehe und mich über die verschwendete Zeit ärgere.

Also habe ich mich mittlerweile damit abgefunden, dass Party machen oder Barbesuche einfach nicht das sind, was mich gerade erfüllt - so bin ich jeden Abend spätestens 24 Uhr im Bett und habe mehr vom nächsten Tag, weil ich nicht bis mittags schlafe.

» Schnuffline » Beiträge: 1019 » Talkpoints: 33,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Spießig ist eigentlich kein Wort, was ich besonders mag. Für mich klingt das immer ziemlich festgefahren und das mag ich nicht sein. Wobei man mich sicherlich schon teilweise als spießig bezeichnen würde. Ich bin nämlich ein Verfechter der klassischen Beziehungsmodelle. So muss eine Beziehung für mich auf jeden Fall in einer Ehe enden und Kinder gehören auch dazu. Sicherlich akzeptiere ich alle Menschen, die das anders sehen, aber für mich ist das einfach passend.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich bin mit dem Begriff Spießer auch nicht besonders glücklich, da er oft von Leuten verwendet wird, die sich selber für ach so tolerant und weltoffen halten, aber dennoch gar nicht merken, dass sie sich mit solchen Bezeichnungen eigentlich selber als engstirnig darstellen, da sich Toleranz ja im Idealfall gerade auf Lebensweisen und -wege erstrecken soll, die man selber nicht teilt. Ich habe manchmal den Eindruck, dass die "Alternativen", Aussteiger und Wagenburgbewohner schnell dabei sind, nach mehr Toleranz zu schreien, aber alles andere als Toleranz und Verständnis für die Bausparer, Kleingärtner und Ostseeurlauber aufbringen.

Ich bin natürlich in den Augen vieler ein Spießer. Ich bin auf materielle Sicherheit bedacht, möchte also idealerweise jeden Monat wissen, wo ich das Geld für die Miete hernehmen soll. Ich bin ganz gerne monogam, habe einen Schreibtischjob mit geregelten Arbeitszeiten und meine Hobbys, Wünsche und Träume sind durch die Bank mehr als bürgerlich. Manchmal wäre ich schon ganz gerne ein wenig mehr "Hippie", aber dann frage ich mich wieder, ob ich wirklich mein Geld mit Filztaschen Häkeln verdienen und mich am Existenzminimum dahinschleppen möchte.

In anderen Bereichen, etwa was die soziale Eingebundenheit angeht, bin ich bekennender Nicht-Spießer. Was die Nachbarn sagen, interessiert mich nicht, ebenso wenig, wofür ich mein Geld ausgeben soll oder dass es nach über anderthalb Jahrzehnten mit dem gleichen Typen doch mal Zeit fürs Standesamt wäre. In derlei Aspekten frage ich mich oft, ob ich überdurchschnittlich tolerant oder überdurchschnittlich desinteressiert an sozial akzeptierten Normen bin.

» Gerbera » Beiträge: 11317 » Talkpoints: 49,13 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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