Ist ein Studium fürs Berufsleben überflüssig?
Ich habe heute eine junge Dame kennengelernt, die mittlerweile schon seit drei Jahren ihren Diplom-Abschluss hat und seitdem auch fest angestellt ist. Ich sprach mit ihr über Studium und Jobs allgemein und habe auch Vergleiche angestellt, da sie eben auf Diplom studiert hat und ich das gleiche Fach im Bachelor studiere.
Daraufhin meinte sie plötzlich, dass ihr Studium für ihren aktuellen Job eigentlich absolut überflüssig gewesen ist. Sie musste nämlich noch gar nichts aus dem Studium anwenden und es war auch nicht so, dass ihr irgendwelche Erfahrungen oder Kenntnisse aus dem Studium irgendwelche beruflichen Vorteile gebracht hätten. Im Prinzip sei sie komplett neu angelernt worden und im Endeffekt hätte eigentlich jeder den Job machen können, egal mit welcher Vorbildung.
Das gab mir dann schon zu denken, gerade weil sie auch in einem Betrieb arbeitet, die führend ist auf ihrem Gebiet. In einem Seminar, das ich besuche wird sogar jemand von dort vorbeikommen um uns einige fachspezifische Sachen zu erklären. Daher hätte ich schon angenommen, dass das Studium irgendwie von Vorteil wäre, da sie uns ja dann Sachen erklärt, die sie beruflich macht und die wir dann eben lernen müssen.
Bei einer anderen Gelegenheit hatte ich mich mit einem studierten Historiker unterhalten, der dann meinte, dass es genug Historiker gäbe, die in Wirtschaftsunternehmen arbeiten würden. Das hat mich ja schon irgendwie erstaunt und ich hätte das auch nicht vermutet. Denn Wirtschaftsunternehmen werden sich ja wohl kaum für die Geschichte des dritten Reiches interessieren um es mal salopp auszudrücken. So gesehen werden Historiker hier auch eingestellt und müssen dann überhaupt nichts anwenden, was sie im Studium gelernt haben. Sie würden nur auf Grund ihrer Fähigkeit eingestellt werden, mehrere Probleme gleichzeitig analysieren und lösen zu können. Aber ich gehe mal davon aus, dass nicht nur Historiker diese Fähigkeit für sich gepachtet haben und es auch genug andere Menschen gibt, die das können.
Diese beiden Situationen bringen mich dann schon zum Nachdenken und ich frage mich, ob ein Studium generell überhaupt sinnvoll ist oder eher überflüssig. Was meint ihr? Wird ein Studium heutzutage überbewertet? Was nützt einem ein Studium, wenn man hinterher sowieso nichts von dem anwenden muss, was man gelernt hat?
Ich habe nichts besonders Aufregendes studiert, aber die Inhalte dort habe ich zu einem großen Teil im Job benutzen können. Selbst heute kann ich immer auf das Wissen zurückgreifen. Ohne das Studium wäre meine Spezialisierung bei den Textarbeiten völlig undenkbar.
Teilweise benutze ich das an der Universität vermittelte Wissen direkt. In vielen anderen Fällen nützen mir die dort nur nebenbei angeschnittenen Bereich sehr, wenn ich mich schnell in eine neue Thematik einarbeiten muss. Ich hatte zum Beispiel nur sehr begrenzte Kenntnisse im Sozialversicherungsrecht. Aber auf der kleinen, aber sicheren und im Wissenskontext verankerten Basis ließ sich leicht aufbauen.
Ich persönlich habe mein Studium in erster Linie aus reinem Interesse angefangen und nicht deshalb, weil ich genau wusste, dass es mir beruflich irgendwelche Vorteile bringen würde. Ich habe mein Studium noch nie als überflüssig für mich selbst angesehen, da es mir einfach riesigen Spaß macht und mich total interessiert. Das, was ich beruflich machen möchte, ist mir dann erst im Laufe des Studiums gekommen. Ich muss aber auch sagen, dass ich in dem Bereich ohne Studium nicht die geringste Chance hätte. Immerhin steht bei den Stellenausschreibungen immer dabei, dass eben ein Studienabschluss verlangt ist.
Ich bin mir ganz sicher, dass ich beruflich nichts mehr mit Goethe und Schiller am Hut haben werde, so dass man diese Seminare schon als überflüssig ansehen könnte. Das sind sie für mich aber dennoch nicht, weil eben Interesse meinerseits vorliegt. Außerdem lernt man in solchen Seminaren ja auch eben nicht nur alles über Goethe und Schiller. Man lernt, Texte auf bestimmte Fragestellungen zu untersuchen, bekommt Übung in Hausarbeiten und mündlichen Prüfungen und muss selbst Zusammenhänge zwischen verschiedenen Themengebieten herstellen. Ich denke, dass das alles mir beruflich doch weiterhelfen wird.
Ich möchte ja ins Verlagswesen und auch wenn ich da nicht unbedingt was von Goethe lesen werde, so werde ich dennoch auf komplexe Texte stoßen, die ich dann analysieren muss. Ich denke, dass so etwas einem dann auch leichter fallen wird, wenn man Übung drin hat. Ich denke, dass so etwas sich auf viele Studiengänge übertragen lässt. Man braucht nicht unbedingt das fachliche Wissen, aber eben das ganze Drumherum und die Fähigkeiten, die man während des Studiums erlernt und sich aneignet.
Ich greife schon sehr stark auf das Wissen aus meinem Studium zurück, wobei das nicht im Ansatz reichen würde, um meinen Job zu erledigen. Das Wissen für meinen Job stammt zu nicht einmal 10% aus dem Studium. Den Rest musste ich mir selbst beibringen. Und die restlichen 10% hätte ich mir im Prinzip auch noch aneignen können. Und so ist es auch so, dass viele meiner Kollegen nicht studiert haben und trotzdem einen ähnlichen Job machen. Manchmal merkt man, dass der theoretische Hintergrund fehlt, aber das gleicht sich unter den Kollegen im Team dann schon wieder aus.
Das Studium hat mir eigentlich nur insofern etwas gebracht, dass ich gelernt habe, effektiv und schnell neue Dinge zu lernen und dabei mehrere komplexe Themen gleichzeitig im Kopf zu behalten. Diese Fähigkeit ist in meinem Beruf Gold wert. Und ich konnte eben auf etwas Hintergrundwissen zugreifen, welches mir hilft, das neu Gelernte richtig einzuordnen. Aber im Prinzip spielt es keine Rolle, ob ich mein Fach oder irgend etwas ähnliches studiert hätte, denn diese Fähigkeit wird in vielen anderen Bereichen ähnlich gut trainiert.
Bei den kaufmännischen Funktionen sieht es bei meinem Arbeitgeber sieht das sehr ähnlich aus. Ob man Akademiker oder Industriekaufmann ist, macht bei vielen Aufgaben überhaupt keinen Unterschied. Andererseits ist die Ausbildung zum Akademiker auch nicht mehr so viel länger und teilweise auch sehr praxisnah, aber sie ist anspruchsvoller und bietet eine bessere Perspektive. Sie ist daher für gute Leute sehr viel attraktiver.
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