Soll Dortmund Götze zurückholen?
Nachdem Götze bei Bayern München nach überstandenern Verletzung weiterhin nur Bankdrücker war, mehren sich die Gerüchte, dass Götze den Rekordmeister vorzeitig verlässt. Da sein Vertrag nur noch bis 2017 läuft, dürfte er relativ günstig zu haben sein. Von etwa 20 Millionen Euro ist hier die Rede, was für einen Spieler dieser Qualität sehr günstig wäre.
In München konnte Götze sich nie richtig durchsetzen, aber in Dortmund war er der Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld. Sollen die Dortmunder alles tun, um Götze wieder zurückzuholen? Die Fans sehen es ja ein wenig anders - sie sehen in Götze einen Verräter, der nur wegen des Geldes nach München gegangen ist. Bei ihm sieht die Sache bestimmt ein wenig anders aus, als bei Kagawa und Sahin, die auch zu den Dortmundern zurückkamen und hier wieder gute Leistungen zeigten.
Das Thema Mario Götze ist ein besonderes, sowohl in Dortmund als auch in München. Die Bayern - und nicht nur sie - haben ihn als Jahrhunderttalent eingeschätzt. Und die Bayern - und nicht nur sie - haben ihn damit massiv überschätzt.
Er ist ein toller Fußballer mit technischen Fähigkeiten, die nur wenige andere Spieler Europas aufweisen können. Er ist in der Lage, besondere Momente vor dem gegnerischen Kasten hervorzubringen, wie beim WM-Finale gegen Argentinien. Aber ist er ein Garant für eine konstant durchschlagskräftige Offensive, mit der du als Verein eine todsichere Aktie für etliche Punkte innerhalb einer 34 Spieltage andauernden Saison dein Eigen nennen kannst?
Nein, das war er damals in Dortmund nicht; nein, das ist er auch bei den Bayern nicht geworden. Das liegt daran, dass er keine überragende Komponente in seinem Spiel hat, mit der keine Abwehr der Welt dauerhaft zurechtkäme. Lewandowski hat seine unbändige Physis, die Geradlinigkeit, ein bärenstarkes Zweikampfverhalten und eine brillante Schusstechnik. Er beschäftigt vier Verteidiger mit einmal und schafft somit Raum für seine Nebenleute.
Reus hat einen unglaublichen Antritt und den Instinkt für die unmittelbare Torgefahr für sich und seine Mitspieler. Aubameyangs Geschwindigkeit ist eine Waffe. Thomas Müller trifft unvorhersehbare Entscheidungen und führt den Gegner an der Nase herum. Sie alle haben dieses besondere Talent, das sie so wertvoll macht; das sie (häufig genug) zum Unterschied auf dem Fußballplatz zwischen zwei Mannschaften werden lassen kann. Götze hat das nicht.
Auch deshalb glaube ich nicht, dass 20 Millionen (ohnehin reden wir hier von Unsummen, wenn es sich wirklich noch um eine Sportart handeln sollte) ein günstiger Preis ist, wenn er nächste Saison für ein Appel und ein Ei zu haben wäre. Er war die 30 Millionen vor ein paar Jahren auch mit Rücksicht auf dieses "kranke" System Fußball niemals wert gewesen.
Zur Personalie Götze und seiner Vergangenheit: Der Unterschied zu Sahin und Kagawa besteht selbstredend in der Art, wie Götze den BVB verlassen hatte. Quasi niemand bei den Dortmundern hatte es kommen sehen. Alle hatten sich bereits mental in den Vorbereitungen auf die neue Saison befunden; die Kader wurden festgemacht, Positionen festgezurrt. Mit Götze war der BVB durchaus eine glaubhafte Konkurrenz für den FCB gewesen. Mehr oder weniger waren sich alle einig: Gemeinsam können wir Dortmunder die Münchner mit dem designierten Kader herausfordern.
Anhand der Reaktionen aus dem Dortmunder Lager (Watzke, Klopp) war erkennbar, wie sehr man auf Götze gezählt hatte, wie einig man sich schien, dass auch er Teil des Projektes "Dauerhafte Herausforderung der großen Bayern" zu sein schien. Und dann verlässt dich aus deiner Mitte einer der Wichtigsten über Nacht, wechselt die Fronten, verrät dich. Selbst im knallharten Profigeschäft Fußball gibt es Benimm-Regeln. Einem sehr jungen Mario Götze ewig vorzuhalten, gegen diese verstoßen zu haben, ist natürlich Käse. Gleiches gilt jedoch nicht für die Leute, die hinter diesem zumindest moralisch krummen Ding standen.
Aus der Perspektive des blutjungen Stars der Medien ist die ganze Sache nachvollziehbar. Mit Guardiola kam auf die Bayern-Bank ein Mann, der für technisch sauberen und schnellen Ballbesitzfußball stand, wie kein zweiter Trainer auf der Welt - das Steckenpferd Mario Götzes also. Er wollte Teil des FC Barcelona Light im Süden Deutschlands werden, wurde geködert und biss an.
Dass er anno 2016 wieder dauerhaft auf dem Fußballplatz stehen will, spricht natürlich für seine Spielfreude. Vielleicht gelingt es ihm bei den Bayern, vielleicht auch in Dortmund. Doch auf heiße Wiedersehensfreude mit den Fans des BVB sollte er so schnell nicht setzen. So eine Sache hängt dir eben nach, wenn sie so unsauber gemacht wurde.
Und die Finanzen? Das fußballerische Profil bringt Götze natürlich mit; vor allem jetzt, da Dortmund sehen muss, den meisten seiner Stars eine Perspektive zu präsentieren. Doch gibt es in Europa genug Talente; der BVB hat etliche Male bewiesen, dass er imstande ist, sie zu Spitzenfußballern zu formen. Wollen die Bayern für Götze zu viel, sollen sie ihn behalten.
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