Gesellschaftlich bedeutsame Forschungsprojekte beliebter?

vom 20.04.2016, 23:08 Uhr

Ich betreue derzeit eine Studentin während ihrer Bachelorarbeit und mir ist dieses Jahr etwas besonders stark aufgefallen. Wir hatten in unserem Arbeitskreis insgesamt drei Themen zu vergeben und zwei davon waren sehr langweilig. Wir machen chemische Biologie und hatten zwei Themen in denen es nur um Zellkulturen ging und ein Thema in dem es darum ging einen neuen Farbstoff zu synthetisieren den man im Labor nutzen kann.

Als Chemiker sollte man sich wohl eher für das letzte Thema interessieren, dem war aber nicht so. Die meisten Studenten wollten das Thema mit den Zellkulturen. Diese Arbeit war aber ziemlich stupide, man macht im Grunde wochenlang das gleiche und testet die Zellkulturen auf eine bestimmte Eigenschaft. Der Knackpunkt war aber sicherlich der, dass es sich um Krebszellen handelt.

Sollte die Arbeit zu einem Ergebnis führen könnte man daraus später möglicherweise eine Krebstherapie entwickeln. Das Thema war an sich langweilig, aber es ging um Prestige. Es klingt doch viel besser, wenn man erzählen kann, dass man an Krebszellen forscht als an einem Farbstoff den sowieso keiner versteht.

Meiner Meinung nach sollte es kein vorrangiges Ziel unserer Gesellschaft sein Krebs zu bekämpfen, da wir schlimmere Probleme haben und dadurch die Bevölkerungszahlen nur noch weiter steigen könnten. Außerdem würde ich mein Thema niemals danach wählen, wie viel Prestige es einem bringt.

Wie seht ihr das? Würdet ihr auch lieber an einem Thema forschen das gesellschaftliche Bedeutung hat und das ihr anderen auch verständlich machen könnt? Oder forscht ihr lieber an dem was euch interessiert, auch wenn es außer euch nur wenige verstehen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich verstehe lang nicht genug von Chemie um diese beiden Themen und die dahintersteckenden Aufgabengebiete miteinander zu vergleichen. Aber da tickt doch auch jeder anders. Du findest das Synthetisieren einer Farbe vielleicht spannender, aber das muss doch nicht jedem so gehen.

Und geht es den anderen wirklich nur um Prestige und gesellschaftliche Bedeutung? Krebs kann auch ein sehr emotionales, persönliches Thema sein, wenn man schon jemanden an diese Krankheit verloren hat. Die Wahl könnte also rein gar nichts mit Prestige zu tun haben.

Und das Problem der Überbevölkerung und die Lösung durch Krankheiten sieht auch nicht jeder wie du. Ich stimme dir da im Grunde zu. Aber wenn man die Einzelschicksale dahinter sieht, ist man doch froh, wenn man helfen kann. Oder würdest du jemanden ertrinken lassen, damit er keinen Beitrag mehr zur Erdbevölkerung leisten kann?

Also für mich ist das Thema zu facettenreich, als dass ich es einfach so abtun würde. Die suchen nach Prestige und Punkt. So einfach ist es nicht. Es geht auch um Trauer, Empathie, Verantwortungsgefühl, den Instinkt, die eigene Rasse zu schützen und dutzende andere Dinge. Da stinkt ne Farbe für´s Labor halt doch irgendwie ab.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Es muss nicht unbedingt die gesellschaftliche Bedeutung dahinter stehen. Es kann auch einfach sein, dass man sich das Thema handfester vorstellen kann. Das Thema "Prestige" spielt sicherlich auch eine Rolle. Einen direkten Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Bedeutung des Projektes muss es auch nicht unbedingt geben.

Ich kenne es zum Beispiel so, dass viele Softwareentwickler gerne Spiele programmieren würden oder Ingenieure am liebsten bei den Autoherstellern arbeiten. Unter solchen Themen kann man sich eben eher etwas vorstellen als eine Unternehmenssoftware oder ein Industriegerät. Auch hier denken junge Studenten oftmals, dass die Arbeit an einem spannenden Produkt interessanter ist, obwohl es auch genau umgekehrt sein kann.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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