Immer negativ, wenn man jemanden ändern möchte?

vom 14.04.2016, 14:12 Uhr

Ich höre immer wieder davon, dass man andere Menschen bloß nicht ändern sollte. Wenn man es nicht akzeptieren kann, wie jemand ist, dann sollte man lieber den Kontakt abbrechen, als zu versuchen, die Person zu ändern. Man soll Menschen so lassen, wie sie eben sind. Wenn sie sich nicht von selbst aus ändern wollen, dann soll man es auch gar nicht erst versuchen.

Ich muss sagen, dass ich es teilweise schon verstehen kann, dass man Personen nicht ändern sollte. Allerdings frage ich mich, ob das denn wirklich immer so zutrifft und ob es wirklich immer schlecht ist, wenn man jemanden ändern will. Es kann ja gut sein, dass jemand, der arbeitslos ist, irgendwann antriebs- und lustlos wird, während das Selbstbewusstsein im Keller ist. Ist es so schlecht, die Person umzuändern? Immerhin möchte man ihr damit ja nur etwas Gutes und versucht ja auch nicht, sie nach dem eigenen Geschmack umzuändern, sondern deshalb, damit sie sich selbst nicht mehr im Weg steht.

Findet ihr es grundsätzlich immer schlecht, wenn man jemanden verändern möchte, egal ob vom Kleidungsstil oder vom Charakter? Sollte man eine Person immer so lassen, wie sie ist, auch wenn man genau weiß, dass sie sich damit immer mehr selbst schadet? Oder sollte man sie immer selbst ihre Erfahrungen machen lassen?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Bei dem Beispiel mit dem Arbeitslosen muss man vielleicht differenzieren, ob es jemand ist, der mit seiner Situation hadert und diese selbst gern ändern will, oder ob die Person eigentlich ganz zufrieden ist. Es gibt ja auch Arbeitslose, die wollen gar nicht mehr arbeiten und sie sind ganz froh, dass sie sich dem Stress des Arbeitslebens nicht mehr stellen müssen.

Man muss jemanden schon sehr gut kennen, um einzuschätzen, ob dieser Mensch sich ändern will oder ob der nicht doch zufrieden ist. Nur, weil ich etwas nicht gut finde und mit etwas nicht zufrieden wäre, muss es dem Betroffenen nicht auch so gehen. Und dann, wenn jemand gar nichts anderes will, dann sollte man ihn auch lassen.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Zitronengras, für einen Partner würdest du nicht mit deinem Geld aufkommen wollen. Warum bist du dann bereit, für einen Arbeitslosen zu bezahlen, der keine Lust auf Arbeit hat, wenn er arbeitsfähig ist? Warum sollen andere Menschen für einen Fremden aufkommen, der für sich selbst sorgen könnte?

Du arbeitest auch nicht gerne. Das ist vollkommen in Ordnung. Aber dir bliebe mehr von deinem Geld, wenn andere auch arbeiten würden. Viele Menschen machen belastende Job, damit so jemand es nicht muss. Zu erwarten, dass der das auch tut, liegt also ziemlich nahe.

Eine soziale Verpflichtung wie eben die, für sich selbst zu sorgen, wenn man es eigentlich kann, ist ein ebenso legitimer Grund, eine Änderung zu verlangen, wie Dinge, mit denen sich jemand selbst im Weg steht und darunter leidet.

» cooper75 » Beiträge: 13379 » Talkpoints: 509,93 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Das kommt sicherlich auf die Perspektive an. Ich meine, wenn ich einen Partner oder einen Sohn oder eine Freundin hätte, die Probleme mit Drogen oder Alkohol hätte und wo ich mir wünschen würde, dass die Person davon los kommt, dann ist es doch nicht verwerflich, wenn ich versuchen wollen würde, diese Person zu ändern in dieser Hinsicht. Ein Süchtiger wird eine derartige Hilfe zum Entzug zwar nicht besonders erfreulich betrachten, gerade wenn er seine Sucht nicht als Problem sieht, aber schlimm finde ich es nicht, wenn man da helfen möchte.

» Capri » Beiträge: 658 » Talkpoints: 8,00 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Du arbeitest auch nicht gerne. Das ist vollkommen in Ordnung. Aber dir bliebe mehr von deinem Geld, wenn andere auch arbeiten würden. Viele Menschen machen belastende Job, damit so jemand es nicht muss. Zu erwarten, dass der das auch tut, liegt also ziemlich nahe.

Das ist eine Illusion, da bleibt nicht mehr vom Geld. Ob es in diesem Land einen oder Zehntausend Arbeitslose mehr gibt, ist völlig irrelevant, deswegen muss ich nicht mehr Arbeitslosenversicherungsbeiträge zahlen und umgekehrt werden die auch nicht gesenkt, wenn es weniger Arbeitslose gibt.

Die Arbeitslosenzahlen sind ja in den letzten Jahren gefallen und die Beiträge, die jeder zahlen muss, haben sich nicht reduziert. Mir ist es völlig wurst, ob jemand arbeiten geht oder nicht, weil das auf mich weder einen positiven noch einen negativen Einfluss hat. Meine Sozialversicherungsbeiträge sind ohnehin weg, die bekomme ich sowieso nicht wieder.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Talkmaster am 14.04.2016, 19:24, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ich bin der Meinung, dass man einen Menschen verändern "möchte", so viel man will, aber dass es im Regelfall praktisch unmöglich ist, ohne die wie auch immer geartete Beziehung zu der Person dauerhaft zu schädigen oder zu zerstören. Hier liegt meines Erachtens der Grund, wieso generell davon abgeraten wird, den Partner oder wen auch immer nach den eigenen Vorstellungen zu formen, oder es zumindest zu versuchen. Natürlich kann man mit gutem Beispiel vorangehen oder wohlmeinende Vorschläge machen, aber letzten Endes trifft jeder seine Entscheidungen selber.

Mal ganz ehrlich: Welche psychisch leidlich gesunde, halbwegs gefestigte Persönlichkeit "lässt" sich schon von irgendeinem Mitmenschen verändern, ohne es selbst zu wollen? Würde hier jemand brav nicken und sich ans Werk machen, wenn ich mich hinstellen würde und verkünde: "Dein Job ist Mist, hier ist eine Anmeldung zur Umschulung!" oder "Dieser Kleidungsstil ist unvorteilhaft, in Zukunft bitte höhere Absätze und keine Poloshirts mehr tragen!" Also ich nicht. :)

Und wenn es so einfach wäre, einem Mitmenschen Motivation, Lebensfreude, Elan oder was man auch immer selber dafür hält, von außen einzuflößen, gäbe es ja auch kaum psychische Krankheiten und ähnliche Probleme. Einfach gut zureden, oder ein bisschen drängeln, und fertig ist die Laube? Manche Vorstellungen sind einfach zu naiv.

Es gibt also entweder die Möglichkeit, dass man an ein völlig rückgratloses Persönchen gerät, welches sich willig ändern lässt, aber ich zumindest hätte keine gesteigerte Lust, eine nähere Beziehung zu einem Menschen zu pflegen, der so wenig Selbstbewusstsein und eigenständige Persönlichkeit hat. Oder man geht mit der groben Kelle vor und versucht es mit Erpressung, Drohungen oder Psychoterror, damit der Mitmensch sich endlich so verhält, wie man es gerne hätte. Aber dann braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn die Person in eine andere Stadt zieht und nie mehr mit einem spricht.

» Gerbera » Beiträge: 11318 » Talkpoints: 49,34 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Gerbera hat geschrieben:Mal ganz ehrlich: Welche psychisch leidlich gesunde, halbwegs gefestigte Persönlichkeit "lässt" sich schon von irgendeinem Mitmenschen verändern, ohne es selbst zu wollen?

Das stimmt, ich würde sogar noch weitergehen und sagen, dass man selber ein Problem hat bzw. versucht ein altes aus der eigenen Vergangenheit aufzuarbeiten, wenn man sich immer wieder an gewissen Konstellationen abarbeitet. Damit meine ich natürlich nicht, dass man jeden sehenden Auges in sein Unglück rennen lassen sollte oder immer brav den Mund hält, ehrliche Worte sind manchmal für Einzelne vielleicht wichtig oder aufrüttelnd, aber ernsthaft etwas ändern kann man ohnehin nicht.

Man kann das so negativ oder positiv beurteilen, wie man möchte, es wird nichts an der Tatsache ändern, dass man einen anderen Menschen einfach nicht ändern kann. Manchmal ist das schwer einzusehen, wenn man zusehen muss, dass ein geschätzter oder geliebter Mensch im Umfeld in sein Verderben rennt oder auf dem Boden liegen bleibt, aber man kann von außen absolut nichts dagegen tun.

An dem Beispiel mit dem in Lethargie verfallenen Arbeitslosen würde natürlich jeder die Sache irgendwann ansprechen und versuchen Mut zu geben, aber ehrlicherweise ist es doch oft so, dass das relativ schnell wieder verpufft, was man versucht hat, zu vermitteln. Und wenn man sich in die Lage hineinversetzt, merkt man, dass solche Versuche jemanden "aufzuwecken", auch schnell mal nervig, anstrengend, beleidigend oder die eigenen Grenzen verletzend wirken können.

Nicht, dass ich den Impuls nicht absolut verstehen kann, aber ich weiß aus Erfahrung, dass man sich in den meisten Konstellationen den Mund fusselig redet. Ich selber nehme mich da natürlich auch nicht aus, wer lässt sich schon von anderen Leuten sagen, wo es (vermeintlich) langgeht. Meistens ist es ja nicht das intellektuelle Wissen, das einem zur Problemlösung fehlt, sondern viel tiefer liegende Gründe blockieren den Menschen.

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



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