Rächen, ohne dass derjenige weiß, warum ihm das geschieht

Persönlich habe ich mich noch nicht so häufig gerächt. Nur ein paar Mal als Kind oder Teenager, wenn mich meine Geschwister geärgert haben. Dann habe ich aber immer sichergestellt, beziehungsweise nicht verschwiegen, dass es meine Rache war.

Aber ich höre immer wieder von Situationen, in denen sich jemand gerächt hat, aber derjenige, der die Rache abbekommen hat, dabei gar nicht wusste, dass es sich dabei um die Rache dieser Person handelt.

Nehmen wir mal den Fall der Französin, die gerade vom Präsidenten begnadigt wurde. Sie wurde jahrzehntelang von ihrem Mann misshandelt. Nach 40 Jahren hat sie sich gerächt. Sie hat ihn von hinten erschossen. Gut, in dem Fall ist sie auf Nummer Sicher gegangen. Vielleicht hatte sie Angst, dass sie es nicht hätte durchziehen können, wenn sie ihm dabei in die Augen schaut.

Aber es wäre doch viel effektiver gewesen, wenn er in den letzten Sekunden seines Lebens gewusst hätte, dass er nun die Konsequenzen seines Verhaltens zu spüren bekommt und dass sich sein Opfer nun gegen ihn auflehnt. Befriedigender. Befreiender. Er hätte es verdient, in diesem Wissen zu sterben.

In Filmen gibt es dabei auch viele ähnliche Szenen. Beispielsweise ein Mann bedroht jemanden mit einer Schusswaffe, der ihm viel Schaden zugefügt hat. Dieser lacht ihn aber aus und meint, dass er das eh nicht könnte. Er schießt aber und eine hundertstel Sekunde später ist der andere tot. Wäre es nicht "besser" gewesen, ihm wirklich bewusst zu machen, dass er nun sterben wird.

Ich meine, mit Rache will man demjenigen doch eine Lektion erteilen. Man will ihn bestrafen. Wenn er aber unwissentlich stirbt, ist diese Chance verwirkt. Der andere ist einfach tot. Sicherlich verpasst er viele Jahre seines Lebens, aber er weiß davon nichts. Die Rache besteht doch darin, ihn bewusst werden zu lassen, dass er das alles verpassen wird.

Aber auch bei Kleinigkeiten ist es ja so. Wenn man beispielsweise Ärger mit einem Kollegen hat und sich an ihm rächt, in dem man Zucker durch Salz austauscht. Dann bringt das doch nur etwas, wenn derjenige weiß, dass das passiert ist, weil er sich falsch verhalten hat. Ansonsten hält er es für einen dummen Zufall und denkt nicht weiter darüber nach.

Übrigens will ich mich nicht an jemanden rächen. Mich stört es immer nur, wenn ich das vor allem in Filmen so mitbekomme. Weil ich es so unlogisch finde.

Könnt ihr meine Gedanken nachvollziehen? Stört es euch auch in Filmen? Würdet ihr euch lieber so rächen, dass derjenige es mitbekommt oder würde es euch reichen, dass ihm auch Schlechtes geschieht?

Ich denke, dass du schon ein sehr extremes Beispiel gewählt hast, da dies jeweils von Totschlag handelt beziehungsweise von Mord und es entsprechend schwerere Konsequenzen hat als wenn man bei seinem Kollegen Salz und Zucker vertauscht, weil dieser ihn ein wenig geärgert hat.

Im Grundprinzip soll die Rache ja dazu dienen, dass man sich besser fühlt. Dass man dies nicht tut und sich somit nur in eine Spirale von negativen Gefühlen steigert und sich von den negativen Handlungen und Taten des Anderen mitreißen lässt, sei dahin gestellt. Dennoch denke ich, dass die Rache effektiver wäre, wenn die andere Person, so wie du es schon gesagt hast, weiß, von wem die Rache kommt und eventuell auch wofür. Nur so kann sie es ja wissen, dass sie für ihr Fehlverhalten "bestraft" wurde. Ansonsten könnte es ja jeder gewesen sein.

Ich selbst habe mich in meinem Leben nur einmal an jemandem gerächt und das war noch nicht mal extrem böse. Ich habe erfahren, dass mein (jetziger Ex)Freund mich betrogen hat und hätte dementsprechend ausrasten können, nachdem er mir monatelang die große Liebe vorgespielt hat. Ich fühlte mich sehr schlecht und war vor allem auch sauer auf mich selbst.

Jedoch hatte er noch eine Badehose bei mir zu liegen, die auch sehr teuer war, und ein passendes Handtuch. Ich habe erst eine Zeit lang überlegt, ob ich dieses in einer Aktion mit Freunden in der Feuerschale anzünde. Jedoch kam mir dies zu simpel vor und außerdem wäre damit ja auch niemandem wirklich geholfen. Deshalb bin ich dann dazu übergegangen, dass ich die Badehose und das Handtuch in einem Kleidercontainer entsorgt habe, der Kleidung für Bedürftige sammelt. Da die Badehose und das Handtuch noch fast neu waren, habe ich damit anderen Menschen eine Freude gemacht und so hat wenigstens eine Person von seinem Betrug profitiert. Ich habe dann dafür gesorgt, dass Freunde es ihm stecken, wo seine Badehose geblieben ist, nachdem er mir mehrmals geschrieben hat.

Trotzdem sollte man sich nicht immer zur Rache herab lassen. Meist geht es einem danach nicht so gut wie man erhofft hat, man macht sich strafbar oder verschlimmert die ganze Situation nur noch, indem die andere Person sich dann auch wieder an einem rächt und so weiter. Deshalb denke ich, dass man über so was drüber stehen sollte und solche Gefühle nicht an sich heranlassen.

Ich finde es auch eher befremdlich, wenn man sich an einer Person rächt, die Person aber gar nicht weiß, dass es sich um Rache handelt. Mir fällt da gerade ein Beispiel ein, das ich mal gesehen habe aus einer Serie.

Es war eine Folge aus "Desperate Housewives", wobei Lynette dann irgendwann herausgefunden hat, dass ihr Mann vor Jahrzehnten während einer Beziehungspause mit einer anderen geschlafen hat. Für ihn war das kein Fremdgehen und er hat es ihr nicht erzählt. Sie fand es aber heraus und wollte sich rächen.

Sie hat sich dann so gerächt, dass sie eine kleine Pechsträhne inszeniert hat. So hat sie die Treppe mit Erdnussbutter präpariert, dass er ausrutschte und sich verletzte. Sie bearbeitete auch seine Anzughose mit einem Nahttrenner, sodass diese platzte, als er sich bückte. Auch backte sie Brownies und mischte da irgendetwas Unappetitliches rein etc. Auf jeden Fall hat er das (bis auf die Brownies) eher als wahnsinnige Pechsträhne interpretiert und dachte gar nicht an Rache. Bei einer persönlichen Rache würde ich das vermeiden wollen, sonst versteht die Person doch gar nicht, warum das passiert.

Ich kann deinen Gedankengang nachvollziehen und würde auch im ersten Moment sagen, dass Rache nur dann wirklich etwas bringt, wenn der andere auch weiß, dass man sich an ihm gerächt hat. Man will der Person eine Lektion erteilen und ihr genauso viel Schmerz hinzufügen, wie man selbst durch sie erfahren hat. Man will ihr zeigen, dass man eben auch so viel Macht über sie hat, sich zu rächen und ihr Schmerz hinzuzufügen. Das geht tatsächlich nur dann, wenn die Person weiß, dass man sich an ihr rächt. Stirbt sie im Moment der Rache, dann ist das ja keine richtige Strafe für sie. Immerhin bekommt sie ja quasi nichts vom Tod mit, besonders dann nicht, wenn es sich um einen Kopfschuss handelt.

Andererseits ist es ja nicht das einzige Ziel von Rache, der anderen Person eine Lektion zu erteilen. Rache kann man auch deshalb ausüben, um quasi einen inneren Frieden zu haben. Man möchte sich selbst beweisen, dass man sich nicht alles gefallen lässt und dass man der anderen Person genauso viel Schaden hinzufügen kann, wie sie es bei einem getan hat. Auch wenn die andere Person nichts von Rache weiß, dann tut es einfach gut, wenn man selbst weiß, was man ihr angetan hat.

Ich kann beides verstehen. Ich habe mich noch nie so richtig gerächt, wobei ich es mir schon vorstellen kann, Rachegedanken zu haben, wenn jemand etwas wirklich Schlimmes getan hat. Manchmal ist es besser, wenn die andere Person gar nicht weiß, dass man sich an ihr gerächt hat. Gerade dann, wenn man sie mit der Rache nicht umbringt, schützt man sich ja auch. Würde man sich einfach so an ihr rächen, würde ja auch wieder die Möglichkeit bestehen, die Person zu verärgern, so dass sie sich dann auch wieder an einem rächen würde. So ist man aber quai in Sicherheit und kann es zulassen, dass der Person etwas Schlimmes passiert, ohne dass man von ihr direkt verdächtigt wird.