Tanja Kinkel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst
Die Autorin und ausgebildete Germanistin Tanja Kinkel, die 1969 in Bamberg geboren wurde, hat schon mehrere Romane verfasst. Besonders befasst sie sich mit historischen Romanen, was man schon an den Titeln ihrer Veröffentlichungen erkennen kann: "Die Löwin von Aquitanien" oder "Die Puppenspieler" beispielsweise. Gut, sicherlich könnte man die Titel auch anders interpretieren, auf mich wirken sie jedoch sehr typisch für historische Romane.
Nun bin ich auf einen Roman von ihr gestoßen, der sich "Wahnsinn, der das Herz zerfrisst" nennt. Erstmals veröffentlicht wurde er bereits 1990. Der Roman ist mit 288 Seiten relativ kurz. Was ihn für mich jedoch interessant macht, ist, dass er vom britischen Schriftsteller Lord Byron handeln soll, und zwar beschrieben aus der Sicht seiner Schwester.
Besonders interessant könnte hierbei sein, dass man davon ausgeht, dass sie beide ein inzestuöses Verhältnis zueinander hatten, jedenfalls gibt es eine solche Theorie, und auf dieser fußt dieser Roman. Ebenfalls sehr schön, meiner Meinung nach: Im Roman sollen zahlreiche originale, nicht fiktive Briefe des Lord Byron mit abgedruckt sein, und ebenfalls seine grandiosen Gedichte. Diese mag ich ja besonders, und diese sind es, die mich überhaupt auf Lord Byron gebracht haben, und weshalb ich mich für diesen überhaupt interessiere.
Da ich mich für Lord Byrons Biographie interessiere, und eine, wenn auch fiktive, Beschreibung aus der Sicht einer engen Angehörigen besonders interessant finde, die dann auch noch auf originalen, historischen Quellen fußt, überlege ich, mir dieses Buch möglicherweise zuzulegen. Auch habe ich bisher selten eine Möglichkeit gesehen, als Lord Byrons Gedichte in gedruckter Form zu gelangen. Dasselbe gilt für die Briefe. Wenn davon also in diesem Roman eine Menge zu sehen wäre, dann wäre das für mich ein weiterer Pluspunkt.
Aber bevor ich mir dieses Buch kaufe, und acht Euro für etwas ausgebe, was mir vielleicht doch nicht so gefällt, habe ich noch einige Fragen, die ich gerne im Voraus klären würde. Erstens, wie viele Gedichte von Lord Byron sind denn in dem Roman abgedruckt? Handelt es sich dabei um gelungene deutsche Übersetzungen? Wie sieht es mit den Briefen aus, wie viele sind es, und sind sie im englischsprachigen Original zu sehen, oder in einer deutschen Übersetzung?
Und lohnt sich der Roman eurer Meinung nach? Ist die Sprache angenehm und der Umfang nicht zu gering? Wirken die Beschreibungen, wenn man bedenkt, dass sie die Sicht der Schwester darstellen sollen, authentisch? Oder wirkt alles zu fiktiv und zu sehr an den Haaren herbei gezogen? Kann man bei diesem Roman eine stumpfe Unterhaltung erwarten, oder hat das Werk schon einen größeren Gehalt?
Ich habe das Buch vor fünfzehn Jahren auch gelesen und schreibe daher nur noch aus der Erinnerung. Damals empfand ich es als durchschnittliche Unterhaltung, aber sicher nicht herausragend. Ob das nun an der Autorin oder am Thema lag, möglicherweise auch an einem mangelnden Interesse an der Hauptfigur, vermag ich jetzt gar nicht mehr zu sagen.
Relativ in Erinnerung geblieben sind die mir die zahlreichen originalen, aber ins Deutsche übersetzten Briefe und Gedichte im Buch, die ich teilweise als zuviel oder störend empfand, zumindest die Gedichte habe ich manchmal als Bruch in der Handlung empfunden. Allerdings habe ich das Buch auch nicht unter dem Aspekt einer Abhandlung über Lord Byron gelesen, sondern schlicht als fiktiven Roman mit einem historischen Hintergrund.
Das Buch war eine solide Unterhaltung, aber mehr sicherlich nicht. Wer sich so ernsthaft für das Thema interessiert und vermutlich hohe Ansprüche an die Sprache hat, könnte vielleicht enttäuscht werden. Insgesamt würde ich das Buch weder als "stumpf" noch als literarisch wertvoll einordnen, aber so viel kann man ja bei dem Preis und einem stark vorhandenen Interesse auch nicht falsch machen, als das ich ein Ausprobieren nicht empfehlen würde.
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