Nature Look - Wieso war das in den Neunzigern out?
Der sogenannte Nature Look bezeichnet ja eine Einrichtung, die möglichst naturbelassen ist. Viele Holzmöbel und möglichst wenig Plastik sorgen dann meistens für einen Wohnraum, der eben der Natur sehr nahe kommen soll. Heute ist das total angesagt. Und ich weiß auch, dass es in der in den 70er und 80er Jahren sehr modern war, möglichst viel Natürlichkeit im eigenen Zuhause zu haben. Ich weiß noch genau, dass Wiegen für Kinder und Betten immer dann als besonders hochwertig erschienen, wenn sie selbstgemacht waren und man war ganz stolz auf Handarbeit und Schnitzereien im Holz.
Doch komischerweise bilden die 90er Jahre dabei eine totale Ausnahme. Ich weiß noch genau, dass plötzlich Plastik in Mode kam und eine richtige Wegwerfgesellschaft entstand. Wo man heute stolz ist auf eine Küche, die möglichst viel Holz enthält, gab es in den Neunzigern einen Boom an Plastikmöbeln. Möglichst wenig Natur war gewünscht. Auch bei Spielzeug für Kinder war das so. Holz war plötzlich unmodern und out und alles sollte bunt und aus Plastik sein. Wieso war der Nature Look ausgerechnet in den Neunzigern so out? Weshalb wollte keiner mehr natürlich eingerichtet sein?
Interessanterweise habe ich es zeitlich etwas anders wahrgenommen. Könnte natürlich auch immer etwas mit dem persönlichen Geschmack und dem eigenen Umfeld zu tun haben. Die Dominanz von Plastik würde ich vor allem den siebziger Jahren zuschreiben. Irgendwie war damals alles orange, grün, braun und aus Kunststoff, selbst Küchenstühle und Kleinmöbel.
Den Stil selber würde ich als poppig, bunt und fröhlich beschreiben. Was in diesem und dem Jahrzehnt davor modern war, waren die riesenhaften Schrankwände in jedem Zimmer, die tatsächlich oft noch aus Holz und nicht aus den späteren Spanplatten bestanden. Die achtziger Jahre assoziiere ich dann wieder mit viel Resopal und ähnlichen, nicht sonderlich hochwertigen Materialien.
Bei den Materialen für Möbel kamen die Platten in Mode, der Holzanteil nahm ab. Optisch dominieren für mich Chrom, Glas und Metall, alles sollte kühl und edel wirken, daher waren auch Schwarz und Weiß, sowie generell harte Kontraste angesagt. Als natürlich empfand ich das gar nicht. Beim Holz hatte ich das Gefühl, dass bei echtem Holz vor allem günstige Arten wie Kiefer gewählt wurden. Kiefer ist für mich typisch Achtziger.
In den von dir angesprochenen neunziger Jahren hatte ich das Gefühl, die Stilrichtungen zerfasern in alle möglichen Richtungen. Ich verbinde damit sogar eher so etwas wie den Retro Style, wo viel Natur und Hippie-Look eine Rolle spielen: Pflanzen, Naturstein, Holzmöbel. Ich denke, dass es eher speziellen Gruppen und Geschmäckern zuzuordnen ist, was von manchen als modern empfunden wurde bzw. wird.
Die Tendenz zum Plastik und Kunststoff in den Neunzigern habe ich zum Beispiel vor allem in der Mode festgestellt. Insgesamt würde ich das Ganze als eine Wellenbewegung ansehen, bei der das Plastik über einen Zeitraum von zwanzig Jahren zunehmen Einzug in unser Leben gehalten hat. In den Siebzigern die Kleinmöbel und das Interieur, in den Achtzigern die Möbel bis hin zu den Neunziger Jahren als der Höhepunkt erreicht war und eine Umkehr stattfand.
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