Fehlt die Fähigkeit zur Gerechtigkeit oder der Wille?

Immer lese ich irgendwo in Foren, dass die Welt ungerecht ist. Das hört man jedoch auch von Amnesty International in vielen Belangen, von Menschen, die mitten in der Ungerechtigkeit leben und mehr. Jeder empfindet Gerechtigkeit natürlich anders, das mag ich hier sicherlich auch anmerken. Politisch gesehen finden über die vermeidliche Gerechtigkeit ebenso immer wieder Diskussionen statt, die jedoch selten auf einen guten Nenner kommen.

Nun bin ich mir nicht sicher, woran es in vielen Punkten wirklich scheitert, wenn es um die Gerechtigkeit geht. Ist es wirklich die fehlende Fähigkeit des Menschen, weltweit für Gerechtigkeit zu sorgen oder ist es womöglich der Wille, der nicht mit der Gerechtigkeit übereinkommt, wenn es den eigenen "Luxus" des Lebens nicht betrifft.

Es gibt eben Menschen, die sich denken, was interessiert mich, ob in Zentralafrika jedes zweite Kind vergewaltigt wird, die Polizei ist dort korrupt, Wunderheiler schmieren alle, Regeln und Menschenrechte gibt es dort auch kaum. Hauptsache nicht in Deutschland. Das war jetzt sehr drastisch und nur mal ein Teil dessen,was ich auch schon so in Foren oder im Web auf FB lesen musste!

Während die Politik zum Beispiel in Deutschland immer am heulen ist, dass die Kluft zwischen Arm und Reich so weit auseinander geht, wie nie. Doch gerade dort herrscht doch die Fähigkeit etwas dagegen zu tun, aber offenbar nicht der Wille. Ich hoffe Ihr wisst, worauf ich hinaus möchte.

Nun frage ich mich deswegen, wie Ihr das Gerechtigkeitsthema seht. Ist es wirklich die Unfähigkeit in manchen Teilen der Welt, etwas an der Gerechtigkeit der dort lebenden Menschen zu verändern oder hapert es im Ganzen nur an den Willen, etwas zu ändern?

Dass Gerechtigkeit ein hoch subjektives Konzept sein kann, hast du ja schon angesprochen. Deswegen kann man auch keine Pauschalaussagen darüber treffen, ob die Menschheit als solche oder das Individuum nicht gerecht sein kann oder nicht gerecht sein will. Nur als ein Beispiel von unzähligen kann ich die Aussage einer mir ebenso bekannten wie verhassten Person anführen, die es als zutiefst ungerecht empfunden hat, dass freiwillige Helfer frisch angekommenen Flüchtlingskindern Spielzeug geschenkt haben, während ihre Enkelin leer ausgegangen ist, und die Dame führt mit ihrer Familie ein typisch deutsches Leben im Wohlstand.

Was die Fähigkeit angeht, sind die Möglichkeiten des Einzelnen natürlich begrenzt. Wenn ich in ein anderes Land reisen und dort versuchen würde, dafür zu sorgen, dass keine Mädchen mehr nach der Geburt ausgesetzt werden oder was auch immer, hätte ich schlicht keine Chance, auch nur den Funken eines Unterschieds zu machen. Auch wenn ich für Hilfsorganisationen spende, weiß ich nur zu gut, dass auch die Möglichkeiten von Organisationen begrenzt sind.

Außerdem ist es ja schon wieder ungerecht, wenn man Menschen in Land X hilft und Menschen in Land Y in die Röhre schauen. Und noch viel ungerechter ist, dass ich überhaupt die Möglichkeit habe, mir über solche Sachverhalte Gedanken zu machen und sie mit anderen zu teilen. Deswegen glaube ich nicht, dass diese Welt und wir Menschen eine Chance auf absolute Gerechtigkeit haben, wie auch immer man diese definiert.

Zudem bin ich der Ansicht, dass Menschen von Natur aus mehr oder weniger eigennützig sind und somit auch dem Willen zur Gerechtigkeit, wie auch immer man sie definiert, Grenzen gesetzt sind. Hätte ich beispielsweise eine schlimme Krankheit, würde ich garantiert keine lebensrettende Behandlung ablehnen, weil es unfair ist, dass eine Patientin in Guatemala keine vergleichbare Behandlung bekommen kann. Ich würde auch nicht mein ganzes Hab und Gut spenden und unter der Brücke leben, um perfekte Solidarität mit Obdachlosen zu zeigen. Darüber kann man sich zwar moralisch entrüsten, aber das wird an der Gesamtsituation auch nichts ändern.