Trotz Armut glücklich sein?

vom 17.03.2016, 07:24 Uhr

Wenn man manche Dokumentation ansieht, findet man sicher viele Menschen, die sich wegen irgendwelcher, manchmal auch massiver, Einschnitte in ihr Leben in schweren Krisen befinden, aus denen sie ohne Hilfe auch nicht mehr herauskommen. Manchmal entdeckt man aber auch solche, die ebenfalls schwere Schicksalsschläge hinter sich haben, sogar noch recht arm sind und trotzdem glücklich sind.

Natürlich ist mir klar, dass Glück auch eine Frage der individuellen Lebenshaltung ist. Aber ich frage mich, wie viele Menschen es tatsächlich schaffen würden, trotz Armut glücklich zu sein.

Wie schätzt ihr euch selbst in dieser Hinsicht ein? Meint ihr, dass ihr im Falle eines Falles auch trotz Armut glücklich sein könntet? Oder wäre das für euch der Untergang eures persönlichen Glücks, wenn ihr plötzlich aus welchen Gründen auch immer in Armut geraten würdet?

» tok_tumi » Beiträge: 837 » Talkpoints: 1,20 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich denke schon, dass man trotz Armut glücklich sein kann. Unsere Familie hatte lange Zeit auch extreme Geldsorgen. Damit meine ich, dass meine Mutter oft schon nach 5 oder 6 Tagen nicht mehr wusste, wie sie den Rest des Monats etwas Essbares auf den Tisch bringen kann. Glücklich waren wir aber immer.

Natürlich macht es das Leben nicht leichter, wenn man Probleme hat, aber wie du sagtest, auf die Einstellung kommt es an. Für uns war immer wichtig, als Familie zusammen sein zu können. Da das immer möglich war, waren wir glücklich. Ich denke, um so mehr der Haushalt, in dem man aufgewachsen ist. zur Verfügung hatte, umso schwerer ist es in eine Situation klar zu kommen, in der man quasi nichts mehr hat.

Mit den Schicksalsschlägen sieht es da im Grunde nicht anders aus. Es kommt immer auf die Einstellung an, aber auch, ob andere uns unterstützen. Nachdem mein Vater gestorben war, haben uns sehr viele Leute geholfen und Trost gespendet. Ich habe immer im Kopf gehabt: "Mein Papa soll stolz auf mich sein". Das hat mir geholfen trotzdem meine Schule bis in die Oberstufe durch zuziehen und auch verhältnismäßig schnell wieder normal weiter zu machen.

Auch wenn es immer mal wieder schlimme Tage gibt, bin ich im Grunde glücklich. Nicht weil ich ihn verloren habe, sondern weil ich weiß, dass es besser so war. Er stürzte, wobei die Milz riss, die aufgrund seiner Leukämie auf 15kg angewuchert war. Die Alternative wäre ein extrem schmerzhaftes dahin siechen gewesen. Wenn man immer versucht das Positive an einer Situation zu sehen, so ist egal, was geschieht. Man kann trotzdem glücklich sein.

» Wasteoftime1398 » Beiträge: 158 » Talkpoints: 10,20 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Das ist natürlich so eine Sache... Was bedeutet Geld, wenn neben Armut, Krankheit vorherrscht? Im Prinzip ist es immer eine Frage der Relationen. Ich denke, das höchste Gut ist einfach wirklich die körperliche Unversehrtheit. Jedenfalls glaube ich nicht, dass ein todkranker, schwer reicher Mensch, nicht umgehend auf das ganze Geld verzichten würde, wenn er leben könnte. Das ist natürlich ein Extrem.

Unter "normalen" Umständen, dass eben keine existentielle Bedrohung da ist, wäre absolute Armut für mich schon ein Grund, nicht glücklich sein zu können. Wenn wirklich nichts da ist, baut sich ein unfassbarer Druck auf. Kein Geld zu haben, sei es für Essen oder für banalen kleinen Luxus, muss unfassbar schwer sein. Die Verantwortung für die Kinder macht es ja nicht besser, ganz im Gegenteil. Die Vorstellung, dass ich Schuld am Hunger meiner Kinder hätte, finde ich kaum zu ertragen.

Ich spreche natürlich von echter Armut, nicht einem Gefühl von "wir können uns kein neues Auto leisten". Solche Leute kenne ich auch, da ist objektiv alles vorhanden, die betreffende Person fühlt sich trotzdem quasi mittellos. Das finde ich immer sehr schwierig, weil es das Leid wirklich armer Menschen verkennt.

» Lijoh » Beiträge: 61 » Talkpoints: 34,34 »



Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie die Bewertung einer Situation das eigene Gefühl bestimmt: So hatte ich eigentlich nie viel Geld in meinem Leben, habe mich aber immer liquide genug gefühlt, um ein Sicherheitsgefühl und Wohlbefinden verspüren zu können, was die Finanzen angeht. Dafür bin ich auch wirklich sehr dankbar.

Wenn ich da dann die schon erwähnten Leute sehe, die das Doppelte oder mehr haben und immer noch unzufrieden sind und jammern, kann ich mich diesbezüglich glücklich schätzen. Ich kenne Menschen, die haben Haus, Auto, zweifache Fernreisen im Jahr, geben jeden Tag Geld für Kleinkram aus, kaufen teuer ein, bestellen jeden Monat mehrere Pakete und klagen über Geldmangel, da muss ich dann fast lachen.

Die Frage ist ja auch wie man Armut definiert. Wenn ich von der deutschen Variante ausgehe, die eine Armutsgrenze von weniger als ca. 1000 Euro zugrundelegt, bei der aber vieles an Lebensnotwendigem (Miete, Krankenversicherung) noch abgesichert ist, denke ich schon, dass man mit dieser Art der Armut noch leben kann. Natürlich gibt es auch hier viele Leute, die noch weit unter dieser Grenze liegen und in finanzieller Verzweiflung leben, das muss unglaublich schrecklich und belastend sein.

Diese Fälle, wo Menschen zur Tafel gehen müssen, wo der Kauf einer Kleinigkeit, die viele mal eben so nebenbei mitnehmen ein finanzielles Unglück wäre, wo der ganze Tag und das ganze Denken nur noch um das eine Thema kreisen, können meiner Meinung nach nicht mehr glücklich sein. Zumal nicht, wenn es keinen Silberstreif am Horizont gibt. Bei einer so existentiellen Bedrohung bleibt kein Raum für das Glück.

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Mir ist Geld extrem egal. Man muss es einfach nur anders bewerten, wenn man kein Geld und Sorgen hat. Es ist eben so, dass man das Beste aus dem Leben machen muss und wenn man arm ist, dann ist es eben so und man muss es akzeptieren oder etwas daraus machen und sich im Leben verändern.

Wenn ich arm wäre, wäre ich trotzdem der glücklichste Mensch der Welt. Ich habe einen liebevollen Mann an meiner Seite, ein tolles Kind und selbst wenn wir zu dritt unter einer Brücke nächtigen würden, wäre das schön, weil wir zusammen wären. Meiner Meinung nach kann man und sollte man auch in der schlechtesten Situation etwas Gutes finden.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Der Trick an der Sache ist sich einfach mal über kleine Dinge zu freuen. Es klingt zwar einfach, aber das kann man mit verschiedenen Fragen an sich selbst ausprobieren. Z..B. Freut man sich schon auf die nächste Mahlzeit auch wenn es vielleicht nur eine Schinkenstulle ist? Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass "arme Leute" sogar glücklicher seien können als die etwas Reicheren.

Die Begründung: Ganz einfach weil die für uns normalen Dinge im Alltag für die nicht Wohlhabenden ein Highlight sein können. Das heißt auch mit anderen Worten, dass wir schon zu verwöhnt Leben. Oder wie man immer Sagt, die meisten von uns haben Luxusprobleme und ich zähle wahrscheinlich trotz sparsamer Lebensweise auch zu dieser Gruppe die im Luxus ertrinken.

Mein Trick dagegen ist mir ein erreichbares Ziel zu stellen und so weit es geht bewusst auf den Gebrauch von eigentlich normalen Dingen verzichten. Und um die Frage "Trotz Armut glücklich sein?" zu beantworten sage ich: Wenn man versucht sich auf die Positiven Aspekte des Lebens zu konzentrieren und die unwichtigen negativen Dinge beiseite schiebt, kann man auch aus wenigen Mitteln viel herausholen.

» TALKING-HEAD » Beiträge: 5 » Talkpoints: 1,98 »


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