Altenheim vom Wohnort der Kinder abhängig machen?

vom 03.03.2016, 19:29 Uhr

Sagen wir mal Person A ist pflegebedürftig und kann nicht mehr in ihrer Wohnung bleiben. Nun hat Person A mehrere Kinder, die teilweise in der Stadt leben, in der sie auch wohnt, aber auch eines, was 5 Kilometer weiter weg wohnt. Nun muss ein Heim ausgesucht werden und Person B, die 5 Kilometer weiter weg wohnt, würde das Heim gerne nehmen, was bei ihr in der Stadt ist, unabhängig davon ob es da schön und gut ist oder nicht, denn das weiß Person B nicht.

Person B ist den ganzen Tag zu Hause und könnte so ganz leicht einige Besuche machen und auch Zeit mit A verbringen. Die anderen Kinder sind beruflich sehr eingespannt und könnten nicht so oft Besuche machen. A hat keinen Favoriten, ist aber auch in dem anderen Ort nicht weiter verwurzelt, wobei sie den Ort nicht schlecht findet.

Ich würde ja ehrlich gesagt immer auf die Qualität der Einrichtung setzen und darauf, dass einem die Gegend nicht zu unbekannt ist. Wie würdet ihr das entscheiden? Wie habt ihr das Heim für eure Eltern und so weiter ausgesucht? Hat vielleicht sogar der Preis eher eine Rolle gespielt?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Als mein Großvater nicht mehr allein leben konnte, haben wir ihn in ein Heim in unserer Nähe gebracht. Immerhin hat er 500 Kilometer von uns entfernt gewohnt und hatte dort niemanden. Er ist in unserem Ort aufgewachsen.

Es war aber so, dass er gar nicht mehr allein nach draußen konnte. Die Umgebung war also eigentlich egal. Wir hatten schon Jahre vorher versucht, ihn vom betreuten Wohnen bei uns im Ort zu überzeugen, aber das wollte er nie. Als es dann soweit war, hatte er schon so weit abgebaut, dass er keine eigenen Entscheidungen mehr treffen konnte.

Aber um deine Frage zu beantworten: es sollte ein bisschen was von beidem sein. Das schönste Heim nützt nichts, wenn man dann seine Verwandten nicht mehr sieht, weil sie die Zeit für die lange Anreise nicht finden. Andererseits ist es natürlich auch nicht sinnvoll, die Person in ein schlechtes Heim zu stecken, damit man selber nicht den Stress einer längeren Anreise hat.

Aber ich würde durchaus ein paar Abstriche machen, wenn ich wüsste, dass ich dann wenigstens besucht werde. Es gibt doch auch wirklich nicht wenige Altenheime. Und die Qualität kann man eigentlich erst beurteilen, wenn man es wirklich kennenlernt. Also Fehlgriffe kann man überall erleiden.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich würde das immer so ein bisschen von der Situation abhängig machen. Natürlich ist es nicht so schön, wenn man Verwandte weit weg im Altenheim hat. Aber nicht immer hat man auch die Wahl.

Ich denke da beispielsweise an einen Bekannten, den ich habe. Er hat damals Abitur gemacht und seine Mutter hat ihre Schwiegermutter, also seine Oma gepflegt. Seine Oma hatte Alzheimer und zum Ende hin fehlte seiner Mutter die Kraft, die Pflege weiter zu übernehmen. Die alte Dame wurde dann also schweren Herzens in das örtliche Altenheim abgegeben, während der Ehemann der alten Dame noch bei der Familie wohnen blieb und keiner Pflege bedurfte.

Jedoch kam es so, dass knapp ein Jahr später die Familie umziehen musste. Das hatte berufliche Gründe, aber auch, was die Schuldbildung und die berufliche Zukunft der Kinder angeht (vorher sehr ländlich gewohnt, mit kaum Bildungschancen). Die sind also im Endeffekt knapp 900km weit weg gezogen und weil sie den Opa nicht von seiner kranken Frau trennen wollten, haben sie ihn dort ins Altenheim gesteckt und sind weggezogen. So eine schwerkranke Frau kann man ja schlecht entwurzeln, wer weiß wie die darauf reagiert und ein Ehepaar, das schon so lange zusammen ist, zu trennen ist auch blöd. Besuche über diese Distanz sind sicherlich schwer umsetzbar und wenn sich das vermeiden lassen sollte, würde ich das auch tun.

Im Prinzip sehe ich das wie Bienenkönigin. Man kann ja in der Nähe einige Altenheime ausprobieren und wenn man den Eindruck hat, dass es den Angehörigen dort nicht so gut geht, kann man immer noch wechseln. Man ist ja nicht dazu verpflichtet, da ewig wohnen zu bleiben.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Die Frage ist auch immer, ob derjenige dann auch bereit ist regelmäßig Besuche dort zu machen wenn die Angehörigen schon in einem Pflegeheim in der nähe wohnen. Daran scheitert es meistens, denn es wird als Pflicht empfunden dort jeden Samstag aufzuschlagen und Zeit zu verbringen. So etwas kann das Familienleben sehr stark verändern und auch zu Streit führen.

Die Mutter meiner Schwiegermutter wurde vor einem Jahr aus dem Pflegeheim in Bayern genommen und ist zu ihr nach Freiburg gezogen. Dort hat sie sich sehr wohl gefühlt, und es wurde ihr nicht mehr vorgeschrieben was sie wann wie zu machen hat, wie es im Pflegeheim der Fall war. Nachdem sie im letzten November einen erneuten Schlaganfall mit Hirnblutungen hatte, ging es nun Zuhause bei Schwiegermutter nicht mehr und wir mussten uns wieder nach einem Pflegeheim umsehen.

Die Oma hat dabei ein Pflegeheim in Bayern favorisiert, aber Schwiegermutter wollte sie wegen den Besuchen in Freiburg unterbringen. In Bayern wohnt zwar ein anderer Sohn mit ihrem Lieblingsenkel, aber auch dort hat die Ehefrau gesagt wenn sie dort jedes Wochenende zum Besuch hin müssen dann reicht sie die Scheidung ein. Also man merkt auch wie kaputt diese Seite Familie eigentlich ist.

Oma ist nun in ein Heim in Bayern umgezogen heute morgen, glücklich ist sie darüber nicht da sie ihre ganzen Freiheiten wieder aufgeben musste. Zudem weiß sie, dass sie dort selten bis gar nicht jemand besuchen kommt wegen der Ehefrau und ihre Tochter bei der sie nun in Pflege war, hat kein Auto und kann auch nicht einfach mal eben 700 Kilometer mit der Bahn hinfahren für ein paar Stunden Besuch. Auch für mich ist es schwierig, denn mein Sohn hasst so lange Autofahrten und sie denkt auch, dass sie ihren Urenkel deswegen nicht mehr sehen kann.

Als ich mit ihr gesprochen habe was sie eigentlich wirklich will, meinte sie, dass ihr ein Heim in Bayern am liebsten wäre da sie dort lange Zeit gewohnt hat und sich damit noch verwurzelt fühlt. Zudem wollte sie ihr Lieblingsenkel wieder sehen, denn das war auch nie zu Besuch seit sie in Freiburg gewohnt hat. Zeitgleich wollte sie aber auch ihren Urenkel regelmäßig sehen. Alles kann man nicht haben und so musste sie sich nun entscheiden, erst als sie sich entschieden hat bin ich zu meiner Schwiegermutter gegangen und habe mit ihr Tacheles geredet das es primär wichtig ist was Oma will und nicht was sie möchte. Deswegen nun auch der Umzug nach Bayern obwohl hier ebenfalls ein Platz im Pflegeheim frei geworden wäre.

Das hat sie dann auch eingesehen und Oma die Wahl gelassen. Ich finde es generell wichtig, dass die Person entscheidet die es betrifft in welches Pflegeheim man gehen möchte da diese Leute dort wohnen müssen und nicht man selbst. Natürlich unterscheiden sich die Einrichtungen auch sehr stark und in die letzte Bruchbude würde ich meine Angehörigen auch nicht geben. Aber dann gibt es am Standort meistens auch andere Pflegeheime die man vorschlagen kann. Von den Kosten her unterscheidet es sich halt auch sehr stark, wenn Oma unbedingt in ein 5 Sterne Pflegeheim will es finanziell aber nicht drin ist, dann kann man das auch so sagen denn die Rechnung dafür muss auch bezahlt werden.

Mit dem Thema Fehlgriffe kann man überall erleiden. Wenn man nur zu Besuch ist, dann sieht man auch die Fehlgriffe nicht immer. Auch die Bewohner werden eingeschüchtert, dass sie ihren Angehörigen nichts von Missständen sagen. Deswegen ist es wirklich schwer ein gutes Pflegeheim zu finden, welches dann auch noch bezahlbar ist. Durch meinen Job habe ich Einblick in viele Pflegeheime und manche sehen richtig toll aus auf den ersten Blick, wenn man die Leute dort aber abholen will dann findet man diese immer nur im Bett. Dort dürfen die Leute maximal zum Mittagessen raus, und ansonsten liegen sie nur im Bett. Auch sind die Windeln meistens voll, oder es kam kein Personal wenn geklingelt wurde um die Bewohner auf die Toilette zu bringen. So etwas erfahren die Angehörigen nicht, denn zu den festen täglichen Besuchszeiten wird ein komplett anderes Bild vermittelt.

Ich würde generell immer Misstrauisch sein wenn es nur feste Besuchszeiten gibt. Auch über das Personal würde ich mich informieren, wenn dort fast ausschließlich Pflegehelfer angestellt sind, dann spricht das meistens auch für keine gute Versorgung. Denn Pflegehelfer dürfen fast nichts machen, kosten aber viel weniger als ausgebildete Altenpfleger. Diese sind dann überlastet, weil sie nur am Rennen und machen sind und lassen es nicht selten auch an ihren Schutzbefohlenen Bewohnern aus in unterschiedlichen Formen. Von Ignorieren über Anschreien bis körperlicher Gewalt ist da alles dabei. Die Bewohner schweigen dazu aus Scham meistens vor ihren Angehörigen. Leider schon viel zu oft gesehen.

Die Bewohner sind uns als Rettungsdienst dann so dankbar, wenn wir die Windeln wechseln und sie umziehen bevor wir sie zum Arzt oder ins Krankenhaus mitnehmen, obwohl das nicht unser Job ist die pflegerischen Maßnahmen zu ergreifen. Aber ich finde man sollte nicht vergessen das jeder eine Menschenwürde hat, und ich finde es wirklich unwürdig jemand so mit ins Krankenhaus zu nehmen der in seinem eigenen Dreck liegen gelassen wird.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



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