Wie damit umgehen, wenn junge Eltern ihre Beerdigung planen?

vom 25.02.2016, 19:58 Uhr

Meine Eltern sind beide schon seit sehr vielen Jahren depressiv, wobei sie beide jedoch momentan nicht in Behandlung sind. Im Vergleich zu früher geht es ihnen momentan auch mehr oder weniger "gut", wenn man das so nennen kann. Dennoch ist es immer wieder so, dass meine Eltern beide immerzu von ihrem eigenen Tod reden. Immer dann, wenn ich bei ihnen zu Besuch bin, bekomme ich zu hören, dass sie wahrscheinlich bald sterben werden und dass ich nicht mehr lange von ihnen habe.

Wenn ich dann manchmal bei ihnen übernachte und in einem anderen Raum bin, höre ich immer wieder, wie sie miteinander reden und ihre Beerdigungen planen, oft weinend. Dabei sind meine Eltern beide noch recht jung, meine Mutter gerade einmal 45, mein Vater 50. Kerngesund sind beide nicht, aber beide haben auch nun keine schwerwiegende oder tödliche Krankheit, die tatsächlich bedeuten würde, dass sie bald sterben.

Schon als ich klein war, "drohten" meine Eltern mir immer wieder damit, dass sie bald sterben würden, wenn ich mich schlecht benehmen und sie aufregen würde. Irgendwie kommt dieses Thema aber ständig auf, bei jeder Kleinigkeit betonen sie, dass es bald zu Ende mit ihnen ist und reden dann eben über ihre Beerdigung. Mich macht das natürlich unglaublich fertig und kaputt, vor allem, weil das schon über Jahre so geht. Ich fühle mich dann immer so machtlos und ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll. Wie soll man damit umgehen, wenn die Eltern immer wieder ihre eigene Beerdigung planen und von ihrem Tod reden, auch wenn es so gesehen eigentlich keinen richtigen Grund dafür gibt?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Ich glaube eher, dass das eine Masche ist, wenn ich ehrlich bin. Eine Masche, um dich zu erpressen und dahingehend zu manipulieren, dass du häufiger zu Besuch kommst. Ich kenne so ein depressives Gerede von meiner Mutter, wobei ich bei ihr aber ganz genau weiß, wie das gemeint ist und sie mir nur Schuldgefühle einreden will, was aber nicht funktioniert.

Meine Stiefoma, mit der ich aufgewachsen bin, redet auch immer so. Sie ist mittlerweile 80, aber ich durfte mir dieses Gelaber 15 Jahre lang jede Woche anhören. Damit wollte sie eigentlich auch nur Mitleid erregen, sie ist nämlich fit wie ein Turnschuh, fitter als so manch andere Oma in dem Alter, die ich kenne.

Ich bin in diesem Punkt so dermaßen abgehärtet, dass ich das gar nicht wirklich mehr Ernst nehme und komplett ignoriere. Wenn man sich solche Sachen nicht zu Herzen nehmen möchte, kann man gar nicht anders, als sich ein dickes Fell wachsen zu lassen, sonst geht man selbst psychisch kaputt und wird ständit manipuliert, erpresst und kann nicht sein eigenes Leben leben.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Olly173 hat geschrieben:Ich glaube eher, dass das eine Masche ist, wenn ich ehrlich bin. Eine Masche, um dich zu erpressen und dahingehend zu manipulieren, dass du häufiger zu Besuch kommst.

Das stimmt sicherlich zum Teil. Anderseits bin ich mir aber sicher, dass meine Eltern sich selbst tatsächlich sehr sicher sind, dass sie quasi jeden Moment tot umfallen könnten, weil sie es sich einfach schon selbst ihr halbes Leben einreden. Sie sind einfach selbst überzeugt davon, dass sie nicht mehr lange leben und rechnen schon fest damit, dass einer von beiden jeden Augenblick sterben könnte.

Wenn meine Eltern beide im Schlafzimmer hinter verschlossener Tür sind und ich nachts auf Zehenspitzen auf Toilette gehe, dann höre ich sie auch immer wieder über dieses Thema sprechen. Sie planen dann schon richtig, was sie bei ihrer Beerdigung tragen wollen und wie diese Aussehen soll. Sie reden ja nicht nur in meiner Gegenwart darüber, sondern eben auch dann, wenn sie denken, unter sich zu sein.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Wie wäre es, wenn deine Eltern einfach einmal Nägel mit Köpfen machen? Viele Menschen regeln ihre Bestattung komplett zu Lebzeiten. Kleidung, Sarg, Grab, Zeremonie, eben einfach alles inklusive der Bezahlung, wenn es so weit ist, sind dann geklärt.

Natürlich hilft das nicht bei der Überzeugung, dass sie nicht mehr alt werden. Wenn das so lange bestimmendes Thema, Entschuldigung ihr Hobby ist, wird das nicht einfach verschwinden. Aber vielleicht finden sie wieder mehr Zeit zum Leben, wenn der Tod verbindlich geregelt ist.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Dann dränge doch deine Eltern mal, dass sie sich gegen die Depression behandeln lassen. Das muss doch nicht sein, dass man als Trauerkloß durchs leben läuft. Warum gehen sie denn nicht einfach mal zum Arzt und lassen sich zumindest Antidepressiva verschreiben?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich denke auch, dass man die Depressionen behandeln lassen muss, wenn dies noch nicht der Fall ist. Außerdem kann es sein, dass sie dich damit unter Druck setzen wollen, damit du ein schlechtes Gewissen bekommst und dich mehr um sie kümmerst. Ich würde aber schon dazu raten, dass du ihnen vorschlägst sich eine sinnvolle Beschäftigung, ein Hobby, zu suchen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


So wie ich das sehe, hast du zwei Möglichkeiten. Entweder du findest dich damit ab, dass du dir noch die nächsten 30 Jahre das melodramatische Gejaule anhören musst, dass es "sowieso bald zu Ende ist mit uns" oder du haust mit der Faust auf den Tisch und machst den Herrschaften mal klar, wie sehr dich das Theater mitnimmt.

Man merkt, ich habe absolut null Verständnis für alle Formen der emotionalen Erpressung, und ständig darauf herum zu reiten, dass man nur noch ein paar Jahrzehnte zu leben hat, um damit einen ständigen Zustrom von Aufmerksamkeit und Bedauern zu sichern, ist in meinen Augen genau das.

Es mag natürlich auch sein, dass es sich hier um ein Symptom einer psychischen Erkrankung handelt, aber allem Anschein nach spielen sich die beiden auch sehr schön die Bälle zu und bestärken sich gegenseitig in ihrem Drama. In jedem Fall bin ich der Meinung, dass man als erwachsener Mensch auch für seine psychische Gesundheit verantwortlich ist und sich im Zweifelsfall in Behandlung begeben muss. Wenn man sich das Bein bricht, sitzt man ja auch nicht daheim und jammert seiner Familie die Ohren voll.

Im Allgemeinen interessieren sich Eltern jedoch für das Wohlergehen von ihrem Nachwuchs und möchten im Regelfall schon, dass es ihren Kindern gut geht. Vielleicht würde es ja helfen, wenn du auch mal den Wasserhahn aufdrehst und eine dramatische Szene aufs Parkett legst, wie sehr du darunter leidest, ständig daran erinnert zu werden, dass Mama und Papa nicht immer da sein werden und dass dich das total fertig macht. Für logische Argumente und subtile Hinweise scheinen die Herrschaften ja sowieso weniger empfänglich zu sein.

Oder du schränkst den Kontakt ein. Wenn du dir das Theater noch etliche Jahre anhören musst, ist es vielleicht gar nicht so blöd, zeitig damit anzufangen, sein Nervenkostüm zu schonen. Wenn es dir gelingt, deinen Eltern zu vermitteln, dass der Besuch oder Anruf konsequent beendet wird, wenn sie wieder mit dem Thema Tod und Beerdigung anfangen, könnte sich ein erstaunlicher Sinneswandel breit machen, wenn sie sich auf einmal nur noch gegenseitig auf die Nerven gehen können. Man muss aber konsequent sein.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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