Frauen in Führungspositionen

vom 05.06.2008, 19:27 Uhr

Ich studiere Betriebswirtschaftslehre in Baden Württemberg an einer der besten Hochschulen Deutschlands. Da unser Studiengang expandieren möchte wurde beziehungsweise wird ein neuer hauptamtlicher Professor für den Fachbereich Öffentliche Wirtschaft gesucht. Die Stelle ist eine sehr gut bezahlte Beamtenstelle auf Lebenszeit. Der Anspruch an die Bewerber ist demnach besonders groß.

Da unsere Universität in letzter Zeit gemerkt hat, dass viele Professoren fachlich gut sein könne, aber trotzdem Vorlesung- und Vortrags technisch nicht sehr viel auf dem Kasten haben, haben sie beschlossen bei dieser neuen Stellenbesetzung eine Probevorlesung abzuhalten. Das bedeutet alle drei Kandidaten der engeren Wahl haben vor ausgewählten Studenten eine Vorlesungsstunde zu einem vorgegebenen Thema halten müssen und wurden von verschiedenen Professoren, der Universitätsleitung und den Studenten bewertet.

Diese Auswahl hat heute stattgefunden und ich war eine der Studentinnen die diese Vorträge bewerten musste. Alle drei Kandidaten waren Anfang bis Mitte 40, hatten einen steilen Karriereaufstieg, waren bereits Leiter von verschiedenen Unternehmen oder ähnlichem gewesen und hatten alle einen Doktortitel im Bereich Wirtschaft.

Was mir jedoch wieder einmal negativ auffiel, es waren nur Männer. Auch bei uns an der Uni sind nahezu alle Fachbereichsleiter oder höheren Professoren, sowie die Universitätsleitung, alles Männer. Ich habe mich dann gefragt, gibt es keine Frauchen die qualifiziert genug wären eine solche Stellung anzutreten?

Natürlich machen immer noch tendenziell weniger Frauen Karriere als Männer, weil sie ja die Kinder bekommen. Aber keiner kann mir weismachen, dass bei etwa 100 Professoren, nicht eine Frau ist (zumindest bei denen die ich kenne). Lassen die Männer, die ja entscheiden, wer die Stelle bekommt und wer überhaupt in die engere Wahl kommt, es nicht zu, dass eine Frau es überhaupt in diesen Kreis schafft? Haben sie Angst neben einer Frau schlecht abzuschneiden, oder dass sich das Klima verändern würde?

Ich wollte nun mal fragen, wie ihr das seht. Wie ist die Geschlechterverteilung in Führungspositionen bei euch im Betrieb? Haben es die Frauen in Führungspositionen schwerer als die Männer? Werden sie gemobbt?

» Lutzilein » Beiträge: 122 » Talkpoints: 0,72 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Siehe:
Frauen im Beruf
Norwegen: Gesetz zur Frauenquote stellt Firmen vor Probleme
Tag der Frau(en)
Warum Frauen einfach weniger Gehalt verdienen!
Frauen, weniger Gehalt, Diskriminierung - Was dagegen tun?
Frauen werden im Beruf immernoch benachteiligt
Warum Frauen in Deutschland weniger verdienen
Frauen im Beruf - Nachteile? Diskriminierung?

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich denke mal, dass es heutzutage immer noch stark verbreitet ist, dass die Frau das schwächere Geschlecht sei und sich um Haushalt und Kinder sorgen zu sorgen hat (in den Augen vieler Männer). Schließlich haben die Frauen dies ja auch jahrzehntelang gemacht. Dieses alte Rollenverteilungs-Bild spiegelt sich leider immer noch in vielen Betrieben wider und wird den Frauen dort auch zu deutlich vermittelt, was ich nicht in Ordnung finde.

Ich denke, dass die wenigsten Frauen in Führungspositionen wirkliche Anerkennung finden. Viele müssen sich regelrecht beweisen, um den Männern im Betrieb zu zeigen, was sie können. Aber seien wir mal ehrlich, teilweise gibt es genug Frauen, die deutlich besser in ihrer Position dastehen als die Männer, nur wollen diese es einfach nicht anerkennen. Da schlägt wohl der männliche Stolz durch.

Ich würde durchaus sagen, dass es Frauen in Führungspositionen im Allgemeinen schwerer haben als Männer. Ich muss aber auch dazu sagen, dass es auch teils an mangelnder Aufklärung und Vorbereitung durch den Staat und die jeweiligen Firmen liegt.

» Sonja2008 » Beiträge: 34 » Talkpoints: 3,14 »



Da du ja in deinem Eingangspost den universitären Bereich ansprichst, da sind die allgemeinen Statistiken sehr leicht interpretierbar: Auf der Karriereleiter nimmt der Anteil der Frauen von Stufe zu Stufe prozentual ab. In vielen Fächern ist der Anteil bei den Studierenden 50:50, während bereits deutlich weniger Frauen als Männer promovieren. Danach gibt es ja unterschiedliche Wege, aber sowohl bei Habilitationen als auch bei Juniorprofessuren sind die Frauen erneut im Vergleich zur Promotion unterrepräsentiert.

Folglich kann man gar nicht erwarten, dass es viele qualifizierte Bewerberinnen auf Professorenstellen gibt. Auch in den Fächern, in denen der Anteil der weiblichen Studierenden deutlich über oder unter 50% liegt, verhält es sich so, dass der prozentuale Anteil mit höheren Karrierestufen sinkt.

Für Führungspositionen in der Wirtschaft gilt das gleiche. Je höher der Posten, desto weniger Frauen, kein einziger Vorstandsvorsitzender eines DAX-Unternehmens ist weiblich.

Viele Gründe wurden im Thread ja schon angesprochen, das traditionelle Rollenbild - welches übrigens von Männern und Frauen gleichermaßen tradiert wird -, spielt dabei sicher die Hauptrolle. Und solange Frauen, die Beruf und Familiengründung unter einen Hut bringen wollen, nicht bereit sind, die Hauptlast der Erziehung der Kinder dem Mann zu überlassen (das ist bewusst polemisch formuliert, aber ich bin davon überzeugt, dass es in vielen Fällen genau so zutrifft), werden sie es nicht schaffen, in höchste Führungspositionen vorzudringen, denn da kann man nicht einfach drei Jahre pausieren und danach wieder einsteigen.

» frorgy » Beiträge: 29 » Talkpoints: 0,19 »



Wenn man in der Wissenschaft ernsthaft Karriere machen will, dann ist das kein Job, der mit vierzig Stunden die Woche erledigt ist. Da ist man schon viel mehr damit beschäftigt. Deshalb haben fast alle weiblichen Hochschuldozenten, die ich kenne eigentlich keine Kinder. Da sind wir hier zu Lande leider noch sehr rückschrittlich.

Aber außerdem muss man auch erwähnen, dass es nicht heißt, dass für diesen Job keine Bewerberinnen vorhanden gewesen wären. Vielleicht waren sie ja da und sind nur nicht in die Endrunde gekommen? Oft liegt es ja nicht nur am Bewerberpool sondern auch an der Auswahl durch die Personalverantwortlichen. Und wenn da schon nur Männer sitzen, dann müssten sie über ihren Schatten springen und eine Frau wählen, bei einem Mann ist die Hemmschwelle niedriger.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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