Bewusst Situationen aufsuchen, in denen man klein wirkt?

Ich bin manchmal im Rahmen einer Fortbildung bei einer Art Unternehmerstammtisch, bei dem sich verschiedene Unternehmer der Region treffen. Es sind eigentlich immer wieder die selben Teilnehmer, die man da sieht. Sie diskutieren dann über Probleme und Schwierigkeiten aus ihrem unternehmerischen Alltag und eigentlich ist es das Ziel dieser Runde, Lösungsansätze zu finden.

Mit der Zeit haben sich aber auch verschiedene Rollen herauskristallisiert. So gibt es da eine Teilnehmerin, die eigentlich immer etwas unsicher wirkt und eher Fragen hat. Und es gibt Teilnehmer, die sich sehr darüber profilieren, diese Fragen zu diskutieren, zu beantworten und dann aber auch zu belehren: „Das müssen Sie so und so machen.“, „Haben Sie das so gemacht?“, „Haben Sie daran gedacht?“, „Warum nicht?“ usw.

Ich finde, das macht sie ziemlich klein. Ich muss auch aufpassen, dass ich bei diesen Treffen nichts Falsches sage, damit ich an mancher Stelle nicht zeige, dass ich mich mit etwas nicht auskenne oder keine Ahnung hätte. Aber wenn ich immer nur diejenige wäre, die belehrt wird, dann würde ich mich sehr klein fühlen und da gar nicht mehr hingehen.

Könnt ihr verstehen, warum jemand bewusst Situationen aufsucht, in denen er klein wirkt und unwissend rüberkommt? Was könnte diese Frau motivieren?

Man lernt dann ja auch wichtige Dinge und sind wir mal ehrlich man kann auch nicht alles im Leben wissen und sofort sich immer richtig entscheiden. Zu so einem Treffen würde ich nun auch nicht gerne gehen, wenn man wenig Erfahrung hat, aber das muss ja jeder selber wissen. Wenn man für sich selber entscheidet das zum Lernen zu nutzen, ist das ja in Ordnung.

Generell finde ich auch nicht, dass man immer alles wissen muss und man sich schlecht fühlen muss, wenn man Dinge nicht weiß. Es kommt ja auch darauf an, wie man dann auf sie reagiert. Wenn man nett ist, dann geht das ja auch durchaus.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass nur diese eine Frau diese Fragen hat. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass mehrere Menschen sich so manche Frage gestellt haben, sich aber nicht trauen, diese zu äußern, weil sie Angst haben, an die Wand diskutiert zu werden von den "starken" Menschen.

Das erinnert mich immer so ein bisschen an eine Mitschülerin, die ich in der 5. und 6. Klasse hatte. Diese Mitschülerin war immer ein bisschen "doof", was ich aber nicht negativ meine. Sie war im Unterricht immer etwas langsam und hat immer alles nochmal genauer wissen wollen, besonders in Mathe. Ihre häufigste Frage war: "Hä!?".

Selbst da hatte ich den Eindruck, dass viele das nicht wirklich verstanden haben und nur durch sie und ihren Mut wurde das noch einige Male erklärt, bis es immer mehr verstanden haben. Ich finde das gut und bin der Ansicht, dass sich die Menschen mehr trauen sollen, egal wie andere reagieren und darüber denken.