Vor Gästen sagen, dass das Essen nicht schmeckt?

Meine Schwiegermutter hatte vor einigen Monaten Geburtstag, wobei sie zum Essen eingeladen hatte. Sie hatte auch ein komplett neues Gericht ausprobiert, welches sie noch nie vorher gekocht hatte.

Beim Essen fragte sie dann auch, ob uns das Essen schmecken wurde und bevor ich wirklich antworten konnte, meinte sie nur, dass das Essen "beschissen" schmecken würde und dass sie das nie wieder würde kochen wollen.

Ich war schon ziemlich überrascht, wenn ich ehrlich bin. Von zu Hause kenne ich es eher, dass man als Gastgeber versucht die Gäste zum Essen zu motivieren. So ein Kommentar schreckt doch eher ab. Oder was meint ihr?

Würdet ihr als Gastgeber offen zugeben, dass das Essen nicht schmeckt?

Ich habe meiner Großmutter auch gesagt, dass es nicht geschmeckt hat. Wenn sie sogar Blumenkohl dermaßen verhaut und auch lange Haare im Wasser geschwommen sind, was soll man dann noch sagen. An den Fraß denke ich heute noch und bin noch traumatisiert von diesem Mistessen.

Ich habe noch nie etwas gegessen, was nicht gut war, Verwandtschaft oder Gäste hin oder her, auch Einheimische in irgendwelchen Ländern, ist doch völlig egal, wenn es nicht schmeckt, wird es nicht gegessen.

Ich kenne so ein Verhalten auch von meiner Mutter. Wobei da auch niemand sagen würde, dass es nicht schmeckt, eher das Gegenteil. Die Gäste beschwichtigen dann immer und meinen, dass das doch ganz lecker wäre und sie sich nicht so anstellen soll. Wobei sie das auch recht oft sagt und nur hören will, das sie gut kocht. Als Gast würde ich aber dennoch nicht sagen, dass es mir nicht schmeckt. Das ist ja auch unhöflich.

Wenn ich als Gastgeber ein Gericht verhauen habe, dann würde ich das offen sagen und mich entschuldigen. Das kann ja mal vorkommen. Man sollte auch nicht bei Gästen ein Gericht zum ersten Mal kochen.

Ich würde aber nicht vorher die Gäste fragen, ob es ihnen geschmeckt hat, und dann sagen, dass es schrecklich schmeckt. Das lässt die Gäste dann in jedem Fall dumm dastehen.

Ich glaube, dass deine Schwiegermutter einfach von sich selbst wahnsinnig enttäuscht war, weil sie ihren Ansprüchen nicht gerecht geworden ist, also so klingt das für mich. Ich kenne sie gar nicht und ich weiß auch nicht, ob sie es mit einem Lachen oder eher wütend oder traurig gesagt hat. Da sie dich nicht zu Wort kommen ließ gehe ich davon aus, dass sie eben traurig oder enttäuscht war.

Meine Großmutter sagt vor Gästen auch immer ständig, dass ihr das eigene Essen nicht schmecken würde und es wirklich "Scheiße" ist. Außerdem erwähnt sie immer, dass sie als junge Frau viel besser gekocht hat und jetzt eben gar nicht mehr so gut kann. In so einem Fall kann man eigentlich gar nicht ehrlich antworten, auch wenn es nicht gut schmeckt.

soulofsorrow hat geschrieben:Ich glaube, dass deine Schwiegermutter einfach von sich selbst wahnsinnig enttäuscht war, weil sie ihren Ansprüchen nicht gerecht geworden ist, also so klingt das für mich

Und was sagt dein Schatz dazu? Oder was ist dein Empfinden? Sind ihre gekochten Gerichte tatsächlich schlechter geworden, vielleicht sogar ungenießbar oder versalzen?

Ich fand die Rinderrouladen selbst nicht so toll, weil ich nicht so auf Rindfleisch und auf die deutsche Küche stehe. Ich bekomme davon Verdauungsprobleme, aber das hat ja nichts mit ihren Kochkünsten zu tun.

Weder mein Schatz noch ich haben den Eindruck, dass die Speisen bei ihr zu wenig oder zu viel gewürzt sind. Deswegen denke ich, dass sie sich das teilweise auch einbildet, weil sie das nicht oder nur schwer rausschmecken kann.

Ich finde es schon schön, wenn man dann ehrlich ist und ich denke, dass man sich das als Gastgeber in dem Moment auch leisten kann, wenn ich auch nie so direkt sagen würde, dass es beschissen schmeckt. Ich würde dann vielleicht schon fragen, wie es den Gästen schmeckt, gleichzeitig aber sagen, dass ich es nicht so toll finde. So haben die Gäste dann eben auch die Möglichkeit, ehrlich zu sagen, was sie davon halten.

Ich würde als Gast sicher nicht so direkt sagen, dass mir etwas nicht schmeckt, aber wenn der Gastgeber das schon sagt, dann würde ich mich auch trauen zu sagen, dass es mir nicht so gut schmeckt. Wenn es mir doch schmeckt, dann würde ich in dem Moment natürlich auch beschwichtigen und sagen, dass es doch gut ist. Aber ich denke nicht, dass so eine Reaktion immer sein muss.

Ich sage es auch ganz offen, wenn ich ein Gericht nicht gut hinbekommen habe und es meinen eigenen Ansprüchen nicht genügt. Dabei ist es mir auch egal, ob nur meine Partnerin und Kinder anwesend sind oder noch einige geladene Gäste. Es kam auch schon vor, dass die Leute dann gar nicht wussten, was es am Essen auszusetzen gibt, beziehungsweise sie es auch wirklich nicht schlecht fanden. Meinen eigenen Ansprüche hat es in diesem Moment jedoch nicht genügt und für mich selbst habe ich das Essen versaut gehabt.

Das muss auch nicht dazu beitragen, dass es den Gästen dann auf einen Schlag nicht mehr schmeckt oder dass sie nach dem Kommentar erst merken, dass es eben doch nicht so wirklich lecker ist. Aber wenn ich etwas versaut habe oder es zumindest für mein Befinden nicht ausreichend gut schmeckt, dann stehe ich auch dazu, weil immerhin ich es war, der es verbockt hat. Genau so gut könnte es ja sein, dass die Gäste selbst finden, dass das Essen nicht gelungen ist, sich aber nicht trauen etwas zu sagen. Und das muss eben auch nicht sein.

Ich kenne es auch von meiner Mutter so, dass sie immer gesagt hat, dass etwas dann auch mal "beschissen" schmeckt, wenn sie selbst es so empfunden hat. Teilweise war es dann auch wirklich der Fall, was aber nur sehr, sehr selten geschah. In anderen Fällen war es dann eben so, dass sie eine überzogene Erwartungshaltung an das Gericht hatte, wir aber nicht, weswegen es uns dann auch recht gut geschmeckt hat. Ich finde es jedenfalls gut, wenn man so etwas offen vor Gästen zugeben kann.