Hohe Haftstrafen im Fall von Selbstjustiz gerechtfertigt?

vom 09.12.2015, 16:12 Uhr

In Freiburg wurden in einem spektakulären Prozess mehrere Angeklagte wegen Selbstjustiz zu Haftstrafen zwischen 2 Jahren auf Bewährung und lebenslang verurteilt. Diese hatten gemeinschaftlich einen Vergewaltiger umgebracht.

Ich finde diese Strafen doch recht übertrieben und mir fehlt auch etwas die Anteilnahme für das Opfer des Getöteten und hier hätte ich schon geringere Haftstrafe erwartet. Für mich ist diese Tat nachvollziehbar und der eigentliche Verbrecher ist nun tot und hat keine zweite Tat begehen können, wie es schon oft der Fall war. Findet ihr diese Haltung falsch oder könnt ihr sie nachvollziehen?

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 09.12.2015, 17:51, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Auch wenn ich den Wunsch nach Selbstjustiz vom menschlichen Standpunkt nachvollziehen kann, bin ich absolut dafür, mit hohen Strafen dagegen vorzugehen. Und dabei geht es nicht mal um Täterschutz. Ein Begriff, der hier bestimmt noch fallen wird.

Selbstjustiz hat mehrere Bestandteile. Zum einen legen die Opfer oder deren Angehörige das Strafmaß fest. Wo soll das enden? Wenn man sich Menschen mal so ansieht, endet das damit, dass Leute ihre Nachbarn dafür umbringen, dass die Katze in die Rosen gemacht hat. Und das Beispiel halte ich nicht mal für sehr übertrieben. Dafür findet sich sicherlich ein Präzedenzfall.

Ein weiterer Punkt ist das Fehlen einer Verhandlung, ja sogar einer polizeilichen Ermittlung. Damit sind Missverständnissen und Vorurteilen Tür und Tor geöffnet. Die können zwar auch im Gerichtssaal geschehen, aber ein Mob tendiert schon eher dazu. Und so wird dann ein Mann umgebracht, nur weil er rote Haare hat, weil das das Opfer gesagt hat. Dass es der komplett falsche Rothaarige ist, kann halt eben mal passieren, wenn man wütend durch die Straßen zieht.

Nein, bei allem Mitgefühl für die Opfer und bei allem Verständnis für die Wut über die langsamen Mühlen der deutschen Justiz und auch dafür, dass Vergewaltiger oft zu lasch bestraft werden. Aber Selbstjustiz ist der absolut falsche Weg. Das merkt man spätestens dann, wenn man selber Opfer von Selbstjustiz wird, weil man ebenso wie der Typ drei Häuser weiter "Müller" heißt. Der Polizei wäre das aufgefallen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Das Urteil wurde wohl bewusst in dieser Härte gefällt, da vor allem auch eine abschreckende Wirkung entstehen soll. Allzu viele Fälle von tödlicher Selbstjustiz gibt es ja in Deutschland bislang nicht, weswegen die vorhandenen auch entsprechend hart bestraft werden.

Zu hoch finde ich die lebenslange Freiheitsstrafe für den Vater. Hier konnte meiner Meinung nach nicht ausreichend geklärt werden, ob er von Beginn an in den Mordplan eingeweiht war. Er wurde immerhin erst telefonisch dazu gerufen, auch wenn er dann wohl noch die Möglichkeit gehabt hätte, seinen Sohn zu stoppen.

Vom Urteil an sich mal abgesehen ist das mit der Selbstjustiz immer so eine Sache. Sie tritt hauptsächlich dort auf, wo die normale Strafverfolgung kaum funktioniert oder schlicht nicht existent ist. Davon sind wir in Deutschland glücklicherweise weit entfernt, auch wenn man etwas länger dauern kann.

Man sollte sich selbst immer sehr genau überlegen was wäre, wenn man selbst einmal zu Unrecht das Opfer von Selbstjustiz werden würde. Gleich danach sollte man sich überlegen, wie man sich als Opfer oder Angehöriger eines Opfers nach einer entsprechend schlimmen Tat fühlen würde. In einer solchen Situation erscheint Selbstjustiz dann nämlich auf einmal gar nicht mehr so abwegig, was ich durchaus verstehen kann.

Je nachdem, was einem Menschen wiederfährt, kann man wohl nicht ausschließen, selbst einmal zur Selbstjustiz zu greifen. Rachegedanken spielen hierbei ebenfalls eine sehr große Rolle, sind in vielen Fällen wahrscheinlich sogar entscheidend.

Jemand, der noch nie in einer entsprechenden Situation war, kann das vermutlich nicht beurteilen. Und selbst, wenn jetzt einer eine Aussage pro oder kontra Selbstjustiz trifft, kann sich die eigene Haltung dazu schnell ändern, wenn man auf einmal zum Betroffenen auf der einen oder anderen Seite wird.

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» TamiBami » Beiträge: 2166 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Wieso muss man hier eigentlich immer solche Falschmeldungen verbreiten und andere glauben alles ohne nachzufragen? Da steht mutmaßlicher Vergewaltiger. Wieso wird hier also sofort jemand verurteilt, dessen Schuld noch gar nicht geklärt wurde und nun auch nicht mehr geklärt werden kann? Natürlich ist Selbstjustiz nicht akzeptabel. Erst recht nicht, wenn überhaupt nicht fest steht, ob der mutmaßliche Täter tatsächlich etwas Unrechtes getan hat.

Für mich ist diese Tat nachvollziehbar

Auch wenn das Opfer womöglich unschuldig war?

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Soweit mir bekannt ist, gab es an der Vergewaltigung keine Zweifel. Der Täter konnte aufgrund seines frühzeitig und unfreiwilligen Ablebens nur nicht rechtskräftig verurteilt werden, zumal ihn die Polizei selbst ja auch nicht in die Finger bekommen hat. In solchen Fällen muss dann das "mutmaßlich" vorangestellt werden.

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» TamiBami » Beiträge: 2166 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Es gab noch keinen Prozess vor Gericht. Und so lange jemand nicht verurteilt wurde gilt er als unschuldig. Und gerade bei Vergewaltigungen ist die Rate der falschen Verdächtigungen enorm hoch.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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