Ist der arabische Frühling gescheitert?

Wer erinnert sich noch daran, als Außenminister Guido Westerwelle auf dem ägyptischen Tahir-Platz den Sturz des Diktators Mubarak feierte? Inzwischen ist Ägypten wieder auf dem gleichen Stand wie vorher, nur der Diktator hat gewechselt. In Syrien tobt ein blutiger Bürgerkrieg. Im Irak ist ein Drittel des Landes unter Herrschaft des IS. In Tunesien herrscht zwar Demokratie aber auch hier schlägt der IS immer wieder zu. In Libyen scheint der IS auch immer mehr an Zulauf zu gewinnen und nützt die Spaltung des Landes aus.

Inzwischen scheint die Bekämpfung des IS, der aufgrund der Instabilität in der Region erst an Zulauf gewinnen konnte. absolute Priorität zu genießen. Von Demokratie redet nach den Fehlschlägen im Irak, in Syrien und in Libyen niemand mehr. Haltet ihr auch den arabischen Frühling für gescheitert?

Ich hab mir gleich bei Tunesien gedacht, dass die verdammt viel Glück hatten. "Nur" vierzig Tote und der Diktator war weg vom Fenster. Klar wurden diese vierzig Toten betrauert, aber das war doch ein verdammt kleiner Preis, um eine Diktatur zu beenden. Mich hat es gar nicht gewundert, dass es in den nächsten Ländern, die das versucht haben, nicht so glimpflich ablief.

Dass es dann so ins Gegenteil umschlug, in jahrelangen Bürgerkrieg, ist selbstverständlich sehr traurig. Ob man den arabischen Frühling deshalb als gescheitert ansehen muss, weiß ich nicht. Es ist ein Prozess. Das politische System umzuwälzen, geht nun mal nicht von heute auf morgen. Ist der arabische Frühling also schon vorbei? Wann kann man so etwas denn als beendet ansehen?

Vielleicht, wenn das alte System wiederhergestellt ist und keiner mehr dagegen aufbegehrt, so wie in den letzten 30, 40 Jahren. Das ist noch nicht der Fall. Aber man kann auf jeden Fall sagen, dass es nicht so frühlingshaft abläuft, wie man sich das gewünscht hat und dass dieser verregnete Frühling schon verdammt lange andauert.