Wird Terror in der arabischen Welt zu wenig beachtet?
Die Anschläge in Paris haben uns sicher alle schockiert. Allerdings wurde in der islamischen Welt teilweise damit argumentiert, dass der Westen den Tot Unschuldiger in der arabischen Welt wesentlich klagloser hinnimmt. Zur selben Zeit fand ein Anschlag im Libanon statt, der kaum weniger Tote kostete. Dieser wurde im Westen kaum wahrgenommen.
Die Mehrzahl der Anschläge gibt es in der muslimischen Welt und die Mehrzahl der Opfer sind Muslime. Auch die Eingriffe von Seiten der USA und der UdSSR haben Hunderttausende von Zivilisten das Leben gekostet. Könnt ihr daher die Kritik aus der muslimischen Welt verstehen oder findet ihr diese Darstellung übertrieben? Oder wollen viele arabische Diktaturen nur von ihrer Mitschuld ablenken?
Dass dem Terror in der islamischen Welt seitens des Westens weniger Beachtung geschenkt wird, kann man, so denke ich, nicht leugnen. Das war gestern schon so und wird sich wohl auch künftig nicht ändern, weil 90% des Westens einfach der Bezug zu den dortigen Ländern und Menschen fehlt.
Empathie können die restlichen 10% zwar aufbringen, aber medial tut sich da herzlich wenig, weil ich auch glaube, dass teilweise die Anteilnahme und Berichterstattung von Anschlägen in jenen Ländern einfach nicht erwünscht ist. Denn Terror ist überall auf der Welt Terror und besitzt keine Religion. Breiviks Attentat war genauso ein Terroranschlag wie der von Paris, aber komischerweise bzw. korrekterweise brachte niemand diesen mit dem Christentum in Verbindung.
Ob und wie viele Diktatoren in den muslimischen Ländern herrschen, kann ich nicht beurteilen, dafür fehlen mir einfach die glaubwürdigen Informationen. Vielmehr frage ich mich, wie es den Ländern geht, denen man vor 10-15 Jahren nachsagte, dort würden Diktaturen herrschen und das Volk werde unterdrückt. Aus Libyen weiß ich zumindest von Erzählungen meiner ehemaligen Arbeitskollegen, dass die Regierung vor dem "arabischen Frühling" keinesfalls diktatorisch war, im Gegenteil. Nun herrsche dort ein Chaoszustand, den man sich nie hätte erträumen können.
Insbesondere im nahen Osten finde ich die politisch-geologischen Interessen der westlichen Länder interessant, teilweise wird man mir zustimmen, wenn ich sage, dass der dortige Terror selbstgemacht ist. Auf der anderen Seite, sofern man den Regierungen was vorwerfen kann, entspricht das Weltbild der muslimischen Staaten nicht dem Laizismus. Die strikte Trennung der Politik von der Religion wird leider nicht gemacht, aber wirklich 100%ig an die Religion hält man sich leider auch nicht.
Das kann man daran festmachen, dass im Koran die Tötung eines Menschen als die größte Sünde überhaupt beschrieben wird, aber teils absurde Todesstrafen an der Tagesordnung stehen. Die sich selbsternannten, glorreichen Menschen drehen und wenden die heilige Schrift so, dass es für ihre Interessen passend dargestellt wird. Der Leidtragende ist das naive Volk leider. Dass aus solchen Verhältnissen dann Terror entsteht, ist nicht verwunderlich, wenn dann auch noch politische Interessen hinzukommen, ist es ein perfekter Ort, um Chaos zu schüren.
Klar, die anderen Anschläge sind auch schlimm, aber ich muss ganz ehrlich sagen, mich beunruhigen und betreffen die Anschläge in Europa um einiges mehr, als die Anschläge im weit entfernten Ausland. Die Medien werden das wohl ähnlich sehen und berichten lieber aus Europa, als aus Arabien. Das ist sicher nicht korrekt, aber es würde den Arabern nichts bringen, wenn wir uns hier auch noch mit ihren Problemen auseinandersetzen müssten.
Bascolo hat geschrieben: Das ist sicher nicht korrekt, aber es würde den Arabern nichts bringen, wenn wir uns hier auch noch mit ihren Problemen auseinandersetzen müssten.
Natürlich können wir uns hier nicht um die Probleme der ganzen Welt kümmern. Dies wollte ich damit sicher auch nicht sagen. Allerdings sollten wir auch beachten, dass viele Menschen in der arabischen Welt, gleich welcher Glaubensrichtung, wesentlich stärker von diesem Terror betroffen sind und diese auch viel mehr Opfer als Täter sind. Dies wird hier viel zu wenig beachtet.
Bascolo hat geschrieben:... aber es würde den Arabern nichts bringen, wenn wir uns hier auch noch mit ihren Problemen auseinandersetzen müssten.
Ist das so? So denken nämlich viele Menschen und hier liegt meines Erachtens der Hund begraben. Natürlich bringt es was, wenn man auch jenen Arabern Beachtung schenkt und Solidarität zeigt. Das heißt ja nicht unbedingt, dass man X Demos veranstalten muss, um dies zu tun. Aber eine Verurteilung in den angesehensten Blättern des Landes würde zumindest mal in diese Richtung gehen. Man glaubt gar nicht, was für Wellen solche medialen Schlagzeilen in der arabischen Welt schlagen kann.
Ich glaube schon, dass wir als der Westen hier sehr negativ auf die Anschläge in anderen Ländern reagieren. Insbesondere der arabischen Bevölkerung. Denn der Anschlag in Libanon beweist es, weil darüber zwar berichtet wurde, aber nur kurz. Als der Anschlag in Paris folgte, war es ein Spektakel weltweit.
Ich finde das auch nicht fair. Denn mir ist es im Grunde völlig egal, ob in Paris 100 Menschen gestorben sind wegen der IS oder im Libanon "nur" 10 Menschen. Ich finde das genau so asozial, ekelhaft und abstoßend. Jeder der Opfer eines Terroranschlags wird, hat den medialen Aufriss verdient, wie die Opfer in Paris, weil das Prozedere über Blut, Tod und Hass dasselbe bleibt und sich nur in den Opferzahlen unterscheidet.
Ich vermute sogar, dass genau so etwas dafür verantwortlich ist, dass Medien in der arabischen Welt sowie Kommentare der Medienportale sehr einseitig gegen uns sprechen. Denn die Anschläge in Paris wurden zu 90 Prozent befürwortet, gehuldigt, gefeiert und sogar bekräftigt. Aussagen wie, was sind schon 80 Tote gegenüber 200 Toten in Syrien usw. waren dort zu sehen!
Andere gingen noch weiter und schrieben "noch mehr Bomben" und vieles mehr. Ich glaube, dass unsere ekelhafte Ignoranz dafür verantwortlich ist, dass man so schlecht von uns allen denkt.
Ich weiß nicht, wieso das so ist, aber ich finde es trotzdem scheiße, dass die Medien hierzulande auf eigene Probleme mehr reagieren, als auf die Terroranschläge weltweit. Denn jeder möchte davor fliehen, jeder hat Verluste erlitten und jeder hat dort ebenso viel Angst, wie wir dank Paris, den USA & Co.
Doch daran wird sich weiterhin nichts ändern, wenn Du mich fragst. Wir sind hier fast alle zu ignorant. Davon abgesehen würde das jetzt auch nichts mehr bringen, weil der Hass auf den Westen meiner Meinung nach jetzt schon zu groß bei vielen ist.
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