Nehmen Künstler Kritik generell schlecht auf?

vom 30.10.2015, 18:46 Uhr

Eine Bekannte von mir ist Künstlerin. Sie hat Kunst studiert und unterrichtet das Fach auch an der Schule. Neulich hat sie nun eine Ausstellung geplant und wollte von mir auch wissen, welche Werke mir am Besten gefallen und welche sie ausstellen soll.

Ich finde viele ihrer Bilder gut, aber manche sind eben auch so gar nicht mein Geschmack. Das sage ich ihr aber meist nicht offen. Letztens nun habe ich lediglich gesagt, dass ich eher die freundlichen und hellen Bilder nehmen würde. Da war sie dann aber direkt beleidigt.

Sie hat nämlich auch einige Bilder die sehr dunkel sind und viel schwarz enthalten. Laut eigener Aussage verarbeitet sie damit ihre Trauer und depressive Verstimmungen. Aber ich finde die Bilder nicht besonders schön und würde mir sowas nicht an die Wand hängen.

Habt ihr schon mal einen Künstler kritisiert und wie ist die Kritik angekommen? Würdet ihr meinen Hinweis direkt als eine Kritik verstehen? Tun sich Künstler generell schwer damit, Kritik anzunehmen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke, dass Künstler mit dem, was sie machen, in besonderer Weise verbunden sind und das wie ein Kind betrachten. Sie sind dann nicht in der Lage, objektiv zu schauen, ob etwas gut oder schlecht ist, sondern denen gefällt dann alles, denn sie haben in alles Mühe investiert. Im Prinzip will der Künstler dann gar nicht hören, dass einem etwas nicht gefällt, auch wenn er danach fragt. Da muss man sich dann geschickt rhetorisch herauswinden.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Also ich bin bei meinen Bildern extrem kritisch und mir gefällt deutlich weniger von meinen eigenen Sachen als anderen. Ich sehe immer irgendwo noch irgendwas, das ich noch irgendwie hätte besser oder anders machen können.

Und natürlich möchte ich auch eine ehrliche Meinung hören, wenn ich frage, wie etwas gefällt, sonst würde ich nämlich gar nicht fragen. Ich kann mit Menschen nichts anfangen, die Kritik einfordern und dann beleidigt tun wenn man ehrlich ist. Bei Leuten, die so ein Getue an den Tag legen bin ich auch gerne mal extrem ehrlich.

Aber natürlich ist Kunst extrem subjektiv. Mit "mir gefallen die dunklen Bilder nicht" könnte ich jetzt auch nicht wirklich viel anfangen. Wenn mir jemand sagt was ihm an der Komposition nicht gefällt oder was man an der Technik verbessern könnte, darüber könnte man dann reden. Oder wenn mir jemand sagen würde, dass die Bilder im Rahmen der gesamten Ausstellung deplatziert wirken.

Ich habe vor Kurzem auch jemandem gesagt, dass sie die paar schwarz-weißen Fotos aus der Ausstellung raus werfen soll, weil sie einfach nicht zum Rest gepasst haben und die ganze Ausstellung dadurch nicht wirklich harmonisch gewirkt hat. Bei mehreren Räumen hätten das funktioniert, aber das war hier keine Option. Sie hat meine konstruktive Kritik übrigens gut aufgenommen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Als Hobbykünstlerin, die auch auf Künstlerseiten im Internet aktiv ist, bin ich öfter mit dem Thema Kritik konfrontiert. Die Diskussion darüber, ob und wie man Kunst kritisieren kann oder darf, ist dabei immer ein heikles Thema.

Auch ich habe schon die Erfahrung gemacht, dass Künstler selbst auf gut gemeinte und konstruktive Kritik übermäßig empfindlich reagiert haben. Teilweise kann ich das wirklich nicht nachvollziehen. Wer seine Werke öffentlich zeigt, der möchte in der Regel schließlich auch Feedback erhalten. Selbstverständlich hört man immer lieber Lob als Kritik, aber wenn Verbesserungsvorschläge sachlich formuliert und sinnig sind, dann sollte man diese auch annehmen können. Ob man sie umsetzt, bleibt einem selbst überlassen - doch einige Künstler versuchen sich dann sehr energisch zu rechtfertigen oder Gegenargumente zu finden, die die Kritik aushebeln. Dabei fällt beispielsweise oft der Satz "Das gehört zu meinem Stil". Natürlich existiert eine gewisse künstlerische Freiheit, aber offensichtliche anatomische oder perspektivische Fehler lassen sich nunmal nicht einfach nur durch den persönlichen Stil erklären. In dieser Hinsicht finde ich es schade, wenn Künstler Ratschläge und Hilfestellungen einfach kategorisch ablehnen, weil sie sich eventuell durch einen Kommentar gekränkt fühlen.

Immerhin ist Kritik meiner Meinung nach ein essentieller Bestandteil der künstlerischen Entwicklung. Kein Künstler ist perfekt, doch wenn einen niemand auf Fehler hinweist, kann man sich auch nur schwer verbessern. Ich persönlich bin daher immer dankbar, wenn ich ehrliche und konstruktive Kritik für meine Bilder erhalte, und versuche, das, was bemängelt wird, in meinen zukünftigen Werken mehr zu beachten und besser umzusetzen.

Damit das gelingt, muss die Kritik aber auch entsprechend präzise und hilfreich formuliert sein. Aus dem Satz "Das sieht komisch aus" oder "Es gefällt mir nicht" wird man eben leider nicht schlau und kann keine entsprechenden Konsequenzen ziehen. Noch schlimmer sind allerdings Kommentare, die beleidigend sind. Nicht jeder Person gefällt jeder Stil, aber trotzdem steckt in einem Bild immer Mühe und Arbeit, die man würdigen sollte - auch, wenn einem das Ergebnis eben nicht so gut gefällt. Wenn diese Wertschätzung fehlt, dann fällt es mir auch schwer, die Kritik anzunehmen.
Ich denke deswegen, dass es bei der Kritik an Kunst wichtig ist, dass beide Seiten verständnis- und respektvoll miteinander umgehen.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Generell ist ein Wort, bei dem ich mich hüten würde, es zu inflationär zu benutzen. Ich kenne viele Künstler die sich über konstruktives Feedback sehr freuen und auch vernünftig damit umgehen! Das ist einfach eine Einstellung zum persönlichen Lernen. In der Schule bekommt man aber vermutlich keine sehr positive Einstellung dazu vermittelt, also wird es auch vielen Leuten schwerfallen, Kritik vernünftig zu verwenden.

» torotoni » Beiträge: 21 » Talkpoints: 7,83 »


Ich bin selbst als Hobbykünstlerin im Internet unterwegs und über das Thema Kritik wird häufig, viel und ausführlich diskutiert. Sobald man seine Bilder oder Kunstwerke der Öffentlichkeit zugänglich macht, muss man damit rechnen, dass diese kritisiert werden. Ich bin immer nur der Meinung, dass der Ton die Musik macht und es sehr viel ausmacht, wie die Kritik verfasst wurde.

Mich wundert es ehrlich gesagt nicht, dass deine Bekannte etwas beleidigt reagiert hat. Für Künstler ist bei Kritik immer wichtig, dass diese begründet wird. Ein "das gefällt mir nicht" ist für uns leider überhaupt nicht hilfreich. Für deine Bekannte bedeuten die dunklen Bilder vermutlich sehr viel, da sie, wie du selbst sagst, Emotionen wie Trauer oder ähnliches darin verarbeitet.

Bei Bildern zu denen man eine emotionale Bindung hat ist Kritik viel schwerer hinzunehmen, als bei Bildern, die einem nichts bedeuten. Natürlich kann dir niemand verbieten ihr zu sagen, dass du die Bilder nicht schön findest - ist ja dein gutes Recht. Schönheit liegt immer noch im Auge des Betrachters. Aber versuche doch das nächste Mal wenigstens zu erklären, warum dir die Bilder nicht zusagen.

Man kann aber deshalb nicht sagen, dass sich Künstler damit schwer tun Kritik anzunehmen und zu verarbeiten. Viele Künstler wären regelrecht froh, wenn sie häufiger konstruktive Kritik bekommen würden. Auf den Seiten, auf denen ich mich bewege wird häufig sogar um Kritik gebeten. Diese Art von Künstlern nehmen die Kritik auch gern an, wenn sie nachvollziehbar und in einem freundlichen Ton formuliert wurde. Als Künstler will man sich ja immerhin verbessern und da hilft Kritik stark weiter.

Natürlich gibt es auch diese Art von Künstler, die auf jede Kritik beleidigt reagieren, sei diese noch so freundlich formuliert. Mit Antworten wie "Das ist mein Stil" oder "Das gehört sich so" muss man leider immer rechnen. Eben so mit einer beleidigten Reaktion. Wichtig ist einfach, dass man auf beiden Seiten respektvoll miteinander umgeht und sich nicht im Ton vergreift.

» Umaru » Beiträge: 28 » Talkpoints: 11,44 »


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