The League of Extraordinary Gentlemen - Alan Moore

Nachdem nun vor kurzem mal wieder der gleichnamige Film im TV lief, welcher zwar seine Qualitäten hat - nur leider nicht arg viel mit der begnadeten Grafik Novelle von Alan Moore gemeinsam - hier mal etwas zum neugierig auf das Original machen. Was wieder einmal die Frage aufwirft: Warum kaufe ich eine Geschichte ein und benutze sie dann nicht, sondern bastele mir stattdessen eine ganz ganz andere die zudem ziemlich viele Plotholes hat? Die Antwort darauf dürfte vermutlich lauten: Amis, speziell Hollywood-Amis. Nicht drüber nachdenken, nur wundern-

Zur Grafik Novel: Wir schreiben das Jahr 1899 und das Empire steckt in Schwierigkeiten. An der Baustelle der großen Kanalbrücke bei Dover trifft der Vertreter des Empires, Mr Champion Bond die britisch unterkühlte Miss Murray, welche erst kürzlich schuldlos in einen Skandal verwickelt war, der sie gesellschaftlich unmöglich machte - entführt von einem Ausländer, ihre Ehe die bald daraufhin geschieden wurde. Sie soll Teil der "Menagerie" des Mister Bonds werden, wozu sie sich nach Kairo begibt, wo sie den in einer Opiumhöhle vor sich hinvegetierenden Alan Quatermain - einst strahlender Held des Empires, nun alter drogensüchtiger Mann - rekrutieren soll.

Dabei wird sie fast von einige unfreundlichen Einheimischen vergewaltigt, was immerhin Quatermain aus der Lethargie reißt und beide auf die wartende Nautilus bringt, wo Kapitän Nemo den alten Helden erstmal auf Entzug setzt, ehe der Rest der Truppe angeworben wird - in Paris (in der Rue Morgue) sammeln sie Mr Hyde ein, wieder in England angelangt stöbern sie in Miss Rosa Coote´s Academy for Wayward Gentlewoman (welches "Schadenfreunde" heisst) den Unsichtbaren auf, der dort einem besonderen Vergnügen nachgeht, was für einige sichtbaren Nachwuchs sorgte. Komplett zusammengestellt erfahren sie von Mr Bond, das sie einem mysteriösen Chinesen auf der Spur sind, der nur "Der Doktor" genannt wird und der einen geheimnisvollen Stoff stahl, welcher alles flugfähig macht (und bei der geplanten Mondmission zum Einsatz kommen sollte.

Schnell fällt einem beim lesen auf: In der Welt der LOEG (Abkürzung der Liga) ist s manches ganz anders , als im bekannten Geschichtsunterricht und doch irgendwie ähnlich. Alan Moores Werk hat etwas von einem kunstvollen Mosaik an sich: Von einer gewissen Entfernung betrachtet ergibt es ein wunderbares Bild, welches jedoch bei genauen Hinsehen sich in unzählige Fragmente, Anspielungen, Rätsel und Hinweise auflöst. Es beginnt schon bei den Haupthelden - Miss Wilhemina Murray (sie nahm nach der Scheidung ihren Mädchenamen wieder an), die uns eher als Mina Harker, Draculas letztes Opfer bekannt ist (womit auch die Identität des Ausländers der sie entführte geklärt wäre), eine kühle und resolute britische Lady, Anführerin der Gruppe (nicht wie im Film Quatermain), eine kluge, mutige Frau mit einem tiefsitzenden Trauma.

Allan Quatermain, einst der Held des Empire, jetzt Junkie und alter Mann. Den Junkie schafte er abzulegen, aber nicht das Alter, die Ahnung nicht mehr so zu können wie man will, nicht mehr der Mann zu sein der man einst gewesen ist. Dr Jekyll, der verklemmte, angstvolle Moralist und Mr Hyde, dass grade eben noch ansatzweise menschliche Tier, welches tief in sich dennoch eine Grenze entdeckt die nicht einmal das Tier überschreiten will. Griffin der Unsichtbare, welcher zuletzt zum Verräter werden wird, Nemo der Undurchschaubare und natürlich gibt es auch hier einen M. Aber nicht, wie die meisten annehmen verkörpert durch Holmes größeren Bruder, sonder hier steht M für Moreatti, denn das Empire braucht nicht nur seine Helden, es braucht auch seine Schurken.

Wer anhand des Formats denkt "Och, ist ja nur ein Comic", der wird heftig überrascht werden ob der Vielschichtigkeit und des hohen Anspruchs an den werten Leser der Geschichten. Denn die LOEG strotzt nur so vor Anspielungen und Hinweisen, zu deren Entschlüsselungen es etliche übervolle Webseiten gibt. Gute Vorkenntnisse in Geschichte, Literatur und Kultur steigern das Lesevergnügen beachtlich!

Wenn es sich hier um eine Grafik Novel handelt, dann hast du hier ja leider fast schon den gesamten Inhalt verraten, wie ich annehme. Immerhin bestehen Garfik Novels ja größtenteils aus Bildern und haben meistens nur sehr wenig Text. Bei dem langen Text, den du dazu geschrieben hast, wird man wohl keine Überraschung mehr beim Lesen erleben, wenn man das Werk noch nicht kennt.

Ich mag Grafik Novels jedoch allgemein sehr gerne, kenne das von dir beschriebene Buch aber auch nicht. Es hört sich nicht schlecht an, aber irgendwie habe ich nun auch das Gefühl, dass du uns hier zu viel verraten hast. Falls ich das Buch aber einmal in der Bücherei sehen sollte, dann werde ich es aber auf jeden Fall einmal durchblättern und es mir genauer anschauen, zumal mich die Grafiken dazu auch sehr interessieren.