Andorra von Max Frisch - Zusammenfassung
Da ich das Drama "Andorra" von Max Frisch wirklich lesenswert finde, möchte ich es hier einmal kurz vorstellen. Es ist eine häufig in der Schule gelesene Lektüre, deshalb kennen einige von euch vielleicht dieses Buch. Mir hat es recht gut gefallen, da es sehr gesellschaftskritisch ist und von einem interessantem Thema handelt. An all diejenigen die es bereits gelesen haben: Was haltet ihr von "Andorra"? Fandet ihr es einfach nur langweilig? Und wenn ja wieso? Oder gefällt es auch genauso gut wie mir? Hier eine kurze Zusammenfassung, der meiner Meinung nach wichtigsten Aspekte:
Zu allererst muss man sagen, dass mit Andorra nicht der Zwergstaat gemeint ist, sondern ein beliebiges Land, das nichts mit Andorra zu tun hat. In diesem Land spielt sich die gesamte Handlung ab. Auch die meisten Personen haben keine wriklichen Vorname, mit Ausnahme von den Hauptcharakteren Andri und Barblin, sondern werden auf Grund ihres Berufes beispielsweise Tischler oder Wirt genannt.
Wie schon gesagt sind Andri und Barblin die Hauptpersonen des Dramas. Barblin ist die Tochter des Lehrers und Andri scheinbar sein jüdischer Adoptivsohn, den er vor den Schwarzen gerettet hat.(Die Schwarzen sind ein weiteres Land, welches viel größer als Andorra ist und deren Bewohner eine antisemitistische Einstellung haben). Andri und Barblin wollen heiraten, doch er muss zuerst bei ihrem Vater um ihre Hand anhalten.
Anfangs hat Andri noch eine positive Einstellung mit Träumen und Wünschen. Jedoch wird er von allen Seiten mit Vorurteilen gegenüber Juden bedrängt. Er kann keine Lehre zum Tischler machen, da ihn der Tischler wegen seiner angeblichen jüdischen Abstammung nicht in seiner Werkstatt haben möchte. Es ist nur eine angebliche Abstammung, da Andri der Sohn des Lehrers und einer Schwarzen ist. Dies weiß jedoch keiner mit Außnahme des Lehrers. Als Andri ihm seine Bitte vorträgt Barblin heiraten zu dürfen, kann sie ihm der Lehrer nur abschlagen, da er weiß, dass die beiden Halbgeschwister sind. Eine weitere Enttäuschung, die dafür sorgt, dass Andri seinem leiblichen Vater nicht zuhört, als er endlich die Wahrheit aufdecken möchte.
Die Nebencharaktere sind der Wirt, der Tischler, der Geselle, der Doktor, der Pater und der Soldat. (Es kommen auch noch der Idiot, der Jemand, die Mutter und die Senora vor.) Sie alle haben Vorurteile, was Juden betrifft und schreiben Andri genau diese Eigenschaften zu. In Wahrheit belügen sie sich aber selbst, da sie nur ihre negativen Eigenschaften auf Andri projizieren. (Ein Beispiel dafür ist der Soldat, der sich vor einer Invasion der Schwarzen fürchtet und Andri seine Feigheit vorwirft.)
Der Pater führt ein langes Gespräch mit Andri, das dazu führt, dass er das "Judsein" annimmt. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Seine leibliche Mutter taucht auf, ein weiteres Gespräch mit dem Pater folgt und schließlich die alles entscheidende Judenschau.
"Andorra" ist meiner Meinung nach eine Kritik an all diejenigen Menschen, die zur Zeit des Nationalsozialismus Mitläufer waren und sich nicht getraut haben ihre Meinung zu äußern. Der Schwerpunkt liegt aufgrund dessen nicht auf bestimmten Personen sondern ist recht allgemein gehalten. Jeder könnte sich in so einer Situation befinden beziehungsweise befunden haben. Der Antisemitismus ist nur Nebensache udn wird durch die Judenschau, bei der ein Judenschauer die Füße aller Andorraner inspiziert, ins Lächerliche gezogen.
Ich bin generell kein großer Fan von Max Frisch und als wir das Buch damals in der Schule gelesen haben, war es bereits das siebte oder achte Buch, dass sich mit Antisemitismus und/oder Nationalsozialismus auseinandersetzte. Aus diesem Grund war ich damals schwer angekotzt von dem Buch, weil es schon wieder eines der Werke war, das sich mit dieser Thematik beschäftige und ich die Nase einfach nur voll davon hatte.
Später habe ich es dann noch einmal gelesen und da gefiel es mir schon besser. Wirklich begeistert bin ich von dem Buch immer noch nicht, aber ich denke inzwischen, dass es auf jeden Fall eins von Max Frischs besseren Produkten ist, und dass er seine Kritik an dem Mitläufertum und der Heuchelie recht gut verpackt hat. Man sollte dieses Buch definitiv gelesen haben, allerdings frage ich mich, ob man mit 15 oder 16 wirklich schon reif genug ist, das zu verstehen. Rückblickend würde ich das nämlich eher verneinen, aber vielleicht lag das auch nur an unserem unbegabten Deutschlehrer.
Außerdem finde ich, dass, die Auseinandersetzung der Schriftsteller mit dem Thema Antisemitismus durchaus behandelt werden muss, allerdings gewinnt das Ganze an Tiefe, wenn man sich auf ein paar Titel weniger beschränkt und diese intensiver bespricht. Frischs Andorra ist in meinen Augen ein sehr gutes Beispiel dafür und eine vertiefende Beschäftigung damit bringt den Schülern sicher mehr, als noch zehn andere Bücher zu einem ähnlichen Problem zu überfliegen. Denn leider war diese Überladung mit dem Thema Nazis nicht nur bei mir der Fall, sondern wurde mir auch von zahlreichen Bekannten ähnlich geschildert und rief ähnliche Unlust hervor.
Wir lesen das Buch gerade in Deutsch und behandeln das Thema Nationalsozialismus auch in anderen Fächern, wie Geschiche oder Religion. Ich muss sagen, dass mir die ganze Thematik langsam aus dem Halz raussteckt, aber das Buch dagegen finde ich sehr interessant, weil man neue Fazeten am Nationalsozialismus und deren Anhänger bemerkt.
Man kann sehr gut die Parallelen ziehen zwischen Andorra und Deutschland damals. Natürlich ist alles nur fiktiv/ausgedacht von Max Frisch, aber die Rollen, wie Soldat oder Doktor sind einfach irgendwie zusammengestellt, sondern stehen für einen ganz bestimmten Bereich damals; so stand der Doktor beispielsweise für die gebildete Schicht und der Wirt für den 0815 Bürger. Jeder hat sich etwas anders verhalten; der Soldat war zum Beispiel am deutlichsten in der Aussprache dieser Vorurteile.
Abgesehen von Andris Familie (Vater, Mutter, Barblin) hat jeder Vorurteile gegenüber, was sie ihm mehr oder weniger zeigen. Andri fängt langsam selber an an sich zu zweifeln bis er diese Vorurteile schließlich akzeptiert und sogar eine Art Stolz dafür entwickelt. Ich schätze es ging den Juden damals ähnlich, denn wenn man ständig zu hören bekommt, dass man ein Parasit ist und nur ans Geld denkt, dann glaubt man das langsam, erst Recht, wenn man noch Jugendlich ist und in einer Phase der Selbstfindung.
Das erststaunliche an der Vorurteilen finde ich, dass die Personen, die diese haben selber die Vorurteile erfüllen, wie der Wirt zum Beispiel, der den Juden vorwirft immer nur ans Geld zu denken, aber selber geizig ist und versucht möglicht viel Geld zu sparen, indem er dem Vater von Andri das Land billig abkaufen möchte. Der Jude erfüllt in dieser Position wieder die Funktion des Sündesbockes, der die schlechten Eigenschaften der Bürger zugeschrieben bekommt.
Das erstaunlichste am ganzen Buch finde ich, dass Andri gar kein Jude ist, was das beste Beweis für die Nichtexistenz von irgendwelchen Rassentheorien ist. Es war alles nur Propaganda, Manipulation und Gehirnwäsche, was aus dem Buch sehr schön deutlich wird.
Ich habe das Buch während meines Studiums gelesen, wobei ich damals ein Seminar zu Max Frisch belegt habe. Dieses Buch fand ich dabei wirklich sehr gut, auch wenn es nicht mein liebstes Werk von Max Frisch ist. Dennoch hat es mir vom Schreibstil gut gefallen und ich fand es auch wirklich einfach zu lesen.
Die Thematik finde ich auch gut, wobei es ja zwei große Hauptthemen in dem Buch gibt. Das eine ist natürlich der Nationalsozialismus und die Kritik daran, das andere die Bildnisproblematik. Die Bildnisproblematik von Max Frisch ist ja wirklich sehr bekannt, wobei diese auch noch in anderen Werken von ihm zu finden ist.
Es geht darum, dass man sich als Mensch immer wieder Bilder von Menschen macht, nicht nur Vorurteile, sondern allgemein Bilder. Man geht nicht ohne Erwartungen an andere Menschen, sondern macht sich immer ein Bildnis, welches ja nur falsch sein kann, da niemand einem festen Bildnis entsprechen kann. Das Problem ist ja in dem Werk, dass Andri sich diesem Bildnis letztendlich selbst unterwirft und sich dann auch letztendlich selbst so sieht, wie die Bürger ihn sehen.
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