Angst haben, dass man zu schnell verzeiht

vom 12.11.2015, 00:56 Uhr

Ich verzeihe meinen Bekannten oder Freunden eigentlich ziemlich schnell, ich lasse sie hin und wieder spüren, wenn ich gekränkt bin, aber ich sehe darüber schnell hinweg. Ich bin nicht lange böse, wenn ich kurz vor einem Treffen versetzt werde oder man mal meinen Geburtstag vergisst. Außerdem bin ich auch nicht besonders nachtragend, wenn einige Dinge in einer Streitsituation gesagt wurden, was ich schon gerne ändern würde.

Eine gute Freundin von mir hat ihrem Verlobten, der fremd gegangen ist und einer anderen Frau sogar eindeutige Texte und Bilder geschickt hat, verziehen. Eigentlich wollte sie ihm nicht verzeihen, da er das Fremdgehen nicht als Freibrief sehen sollte, aber sie meinte, verzeihen wäre vernünftig und deswegen möchte sie so handeln. Ihr Verlobter bereut anscheinend sein Verhalten und sie scheinen (wieder?) glücklich miteinander zu sein, aber das wissen beide wohl selbst am besten.

Manchmal frage ich mich schon, ob ich anderen Leuten zu schnell verzeihe. Aber vielleicht liegt es einfach auch daran, dass ich vom Konstrukt der Freundschaft nicht ganz so überzeugt bin und nicht so viel Energie in meine Bekanntschaften oder Freundschaften investiere. Könnt ihr schnell verzeihen und habt ihr Angst, dass jemand das ausnutzt?

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» soulofsorrow » Beiträge: 9228 » Talkpoints: 24,02 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich glaube, so etwas wie "zu schnell verzeihen" gibt es nicht. Freu dich doch! Ich bin mir sicher, viele Menschen würden dich um diese Eigenschaft beneiden. Es ist nur wichtig, dass du auch lernst Grenzen zu ziehen und lernst NEIN zu sagen. Du musst den Leuten dazu ja nicht böse sein, aber durchaus solltest du in der Lage sein zu sagen: "Das kann ich nicht akzeptieren."

Denn meine Erfahrung ist. Wenn du klare Grenzen ziehst und gewisse Dinge einfach nicht akzeptierst, also deine eigenen Werte und deine Zeit wertschätzt, dann werden das auch die Anderen tun. Hoffe, das hilft.

» torotoni » Beiträge: 21 » Talkpoints: 7,83 »


Ich glaube, das hängt von Menschen und seinem Charakter ab. Ich gehöre zu den Menschen, die nur dann verzeihen, wenn es jemandem wirklich sichtbar Leid tut und er sein Verhalten bereut. Ansonsten merke ich mir das Fehlverhalten im Hinterkopf und "sammle" quasi Fehler auf ein Konto und wenn das Konto voll ist bzw. das Fass überläuft, explodiere ich und bin dann auch verdammt nachtragend. Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich bei so etwas dann nie verzeihen könnte. Ich weiß es nicht, ich hatte so einen Fall noch nicht.

So hatte ich beispielsweise eine Klassenkameradin in der Oberstufe, die mich wirklich mies behandelt hat. Sie hat versucht, mich aus dem Freundeskreis zu drängen, sie machte sich chronisch über mich lustig und sie hat mich bevormundet und behandelt als wäre ich ein kleines Kind ohne Ahnung vom Leben. Irgendwann hat es mir dann auch gereicht. Zu ihr habe ich mittlerweile seit 7 Jahren keinen Kontakt mehr.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich verzeihe auch ziemlich schnell, da ich Streitereien überhaupt nicht mag und meistens diejenige Person in einem Konflikt bin, die am meisten darunter leidet - unabhängig davon, wer oder was der eigentliche Auslöser ist. Das Gefühl, dass jemand anders böse auf mich ist, macht mich einfach fertig, und ich kann anderen Menschen auch selbst nie lange böse sein, wenn mir etwas an ihnen liegt.

Wenn sich also jemand bei mir für ein Fehlverhalten entschuldigt, dann ist die Sache für mich damit auch sofort aus der Welt und alles wieder gut. Allerdings habe ich auch schon oft ohne Entschuldigung verziehen, nur damit die Atmosphäre zwischen mir und anderen nicht mehr angespannt ist und man einen Konflikt, in dem man sich ansonsten festgefahren hätte, einfach hinter sich lässt.

Manchmal hatte ich jedoch den Eindruck, dass ich auf diese Art und Weise in der Tat zu schnell verziehen habe. Da ich generell ein hilfsbereiter und gutgläubiger Mensch bin, wurde ich in der Vergangenheit mehrmals ausgenutzt. Wenn ich das gemerkt habe, war ich natürlich gekränkt und verletzt - habe es mir aber aus Angst vor Streit teilweise nicht anmerken lassen oder es nach einer kurzen Funkstille einfach dabei belassen, mich den anderen gegenüber wieder normal verhalten und gehofft, das es nicht wieder vorkommen würde. Aber natürlich hat es sich wiederholt, da ich nicht konsequent genug durchgegriffen habe.

Lange Zeit hatte ich nicht den Mut, mich dagegen zu wehren, weil ich mir immer eingebildet habe, dass diese Menschen ja meine Freunde seien. Irgendwann habe ich aber verstanden, dass Freunde einen anders behandeln, und habe den Kontakt abgebrochen oder einschlafen lassen. Ich verzeihe noch immer großzügig und gebe gerne zweite oder auch dritte Chancen - aber wenn jemand sie alle verspielt, dann bemühe ich mich auch nicht mehr um ihn.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



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