Fritz Teufel ist verstorben

vom 07.07.2010, 11:14 Uhr

Und langsam stirbt auch die Generation, welche Maßgeblich für die Aufklärung in der Bundesrepublik aber auch für die Erkenntnis der Schuld dieses Staates (als Nachfolgestaat des Dritten Reichs) verantwortlich ist. Niemand kann und wird behaupten, dass diese Protagonisten der Studentenbewegung fehlerfrei und immer richtig gehandelt haben.

Aber immerhin haben sie den Anstoß gegeben, sich mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten auseinander zu setzten. Und die waren nun mal so, dass Funktionäre aus der Nazi Zeit immer noch hohe politische Ämter inne hatten. Die Bundesrepublik wieder rüstete und das vor allem der Zweite Weltkrieg bzw. die Frage der Schuld dazu verdrängt oder verdreht wurde.

Jetzt ist mit Fritz Teufel einer der Gründer der "Kommune I" gestorben. In meinen Augen geht er jetzt als Spaß Revoluzzer in die Geschichte ein - nur eben zu unrecht! Denn wenn auch seine Aktionen einen gewissen Unterhaltungswert hatten und wenn er auch mit witzigen Aussagen in Erinnerung bleibt ("Wenn's der Wahrheitsfindung dient."), so sind die Hintergründe und Gedanken immer sehr ernst gewesen.

Man darf nicht vergessen, dass die Mittel zum Protest eben beschränkt waren (und eigentlich heute noch sind). Und Pudding-Attentate sind sicher mindestens so Erfolgversprechend wie organisierte Lichterketten. Wieso man da Spaß als Hauptmotiv unterstellt, ist mir ein Rätsel.

Auch das er bereit war, über Monate im Gefängnis zu sitzen, obgleich er ein Alibi vorzulegen hätte, zeugt von der politischen Überzeugung und dem Willen, wirklich etwas zu verändern. Er war meines Erachtens wesentlich fortschrittlicher als z.B. ein Langhans oder eine Obermayer. Was er dann auch konsequent mit seiner mutmaßlichen Beteiligung an der "Bewegung 2. Juni" unter Beweis gestellt hat.

Jetzt ist er im Alter von nur 67 Jahren nach langer Krankheit (Parkinson) gestorben.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Russland bräuchte auch mal so einen kleinen Teufel, der der Putin-Meinungsdiktatur mal so richtig zu Leibe rückt, aber dort würde so jemand wohl nicht überleben. Das Bild mit dem wandernden Weihnachtsbaum fand ich immer am Besten. Seine Verbindungen zu gewalttätigeren Kräften fand ich nicht so toll. Immerhin hatte er den Mut, öffentlich auch mal den Mund aufzumachen. Dies sollte auf jeden Fall würdigen.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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