Anfang Volksverhetzung und Ende freie Meinungsäußerung

vom 07.09.2015, 12:31 Uhr

Das Netz ist voll von schrecklichen Kommentaren über die Flüchtlingswelle. Viele finden es nicht gut und äußern dazu auch frei ihre Meinung. Nun heißt es aber auch immer wieder, dass die Menschen, die in sozialen Netzwerken ihre Meinung äußern und den Flüchtlingen nicht gerade wohl gesonnen sind, dafür belangt werden sollen. Denn Volksverhetzung ist strafbar.

Ich frage mich dann schon manchmal, wo die Volksverhetzung anfängt und die freie Meinungsäußerung aufhört. Aus Angst etwas falsches zu sagen, wird dann oft gar nicht mehr diskutiert. Wie kann man denn die Grenze bei der freien Meinungsäußerung ziehen und sagen, dass es nun eine Volksverhetzung ist. Seid ihr der Flüchtlingswelle so positiv gegenüber eingestellt, dass ihr euch auch nur positiv äußert oder sagt ihr dann lieber nichts?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Wer in der aktuellen politischen Situation etwas gegen die Masse der Flüchtlinge oder den Umgang mit dem Problem sagt, wird gerade gerne in die rechte Ecke gedrängt. Das ist schon seit Jahren so und hilft weder Probleme zu lösen oder Bedenken abzubauen.

Zur Volksverhetzung gehört aber mehr, als Bedenken zu äußern oder generell bestimmte Bevölkerungsgruppen abzulehnen. Wobei es unerheblich ist, ob gegen Menschen bestimmter Herkunft, bestimmten Glaubens, bestimmter Religionen oder gegen andere Gruppen wie beispielsweise Behinderte, Arbeitslose oder Schwule und Lesben gehetzt wird.

Nehmen wir einmal als Beispiel Blaue. Man darf keine Aussagen treffen, den Hass gegen Blaue schüren. Wenn man Blaue als Kinderschänder bezeichnet, behauptet, sie würden zu Unrecht Sozialleistungen erschleichen, und richtig Stimmung gegen eine Gruppe macht, dann ist das verboten. Genauso wenig darf man zu Gewalt aufrufen. Aber über Befürchtungen oder Probleme darf man schon reden.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich bin kein Jurist, was ich hier scheibe ist meine persönliche Meinung. Ich gebe keine Garantie dafür, dass meine Einschätzung sich mit Gesetzen deckt. Wer genau wissen will, wo Volksverhetzung anfängt, sollte sich bitte juristischen Rat von Fachleuten anholen. Ich will auch niemanden die Meinung verbieten. Aber ich denke schon, dass es in vielen Fällen das beste wären, wenn Leute ihren Hass nicht in das Internet schreiben und lieber privat mit ihren Gefühlen fertig werden.

Ich glaube, dass man immer überlegen sollte, was man mit seinem Kommentar so bewirken will. Will man einfach nur persönlichen Frust ablassen oder seinen Ängsten Ausdruck verleihen? Dann ist man der Volksverhetzung wohl schon recht nahe. Denn wenn einer Panik hat, kann er andere mit seinen Ängsten anstecken und letztlich kann eine Massenpanik entstehen, die viele betrifft. Auch wenn es vermutlich keinen rationalen Grund für die Panik gab. Klar lösen unbekannte Situationen und unbekannten Menschen Ängste aus. Aber muss man, nur um sich persönlich besser zu fühlen andere mit seiner Angst anstecken? Kollektive Angst ist keine konstruktive Lösung eines Problems. Wer vor Angst gelähmt ist, kann nicht so gut handeln.

Ganz klar für volksverhetzend halte ich solche Aussagen, die propagieren, dass man auf Methoden zurück greifen solle, die sich nicht mit der Menschlichkeit decken. Ich greife mal auf die fiktiven "Blauen" als Beispiel zurück, die Cooper75 erfunden hat. Wenn man also aufrufen würde, alle "Blauen" auszugrenzen, zu verletzen, einzuschüchtern oder gar zu töten, dann ist das meiner Ansicht nach sicher Volksverhetzung. Auch wenn man aufrufen würde, dass alle Blauen aus Prinzip kein faires Asylverfahren bekommen dürfen, sondern die Grenzen komplett dicht gemacht werden oder alle dort hin zurück gebracht werden, wo sie herkommen.

Man halte sich einfach mal vor Augen, wie es einem selbst gehen würde, wenn man Flüchtling wäre. Wenn man irgendwo geflohen ist, wo Krieg herrscht. Oder eine extremistische Gruppe, die einen umbringen will und vielleicht schon Nachbarn und Verwandte umgebracht hat. Wünscht man sich dann, dass im Gastland sachlich diskutiert wird? Oder würde man das begrüßen, wenn im Gastland auch Gruppen vorhanden sind, die dazu aufrufen, etwas gegen einen zu unternehmen? Dieses uralte Sprichwort: "Was du nicht willst, das man dir tu', füg auch keinem anderen zu" ist vermutlich die simpelste Verhaltensmaßregel in solchen Dingen.

Zudem frage ich mich schon, warum die Leute sich so wundern, dass man im Internet nicht einfach so alles beliebige sagen kann! Schließlich ist es was anderes, ob ich in meinen vier Wänden zu meinem Partner rein privat eine Meinung äußere, oder ob ich sie öffentlich sichtbar ins Internet setze. Denn schließlich kann es dort jeder lesen, auch Minderjährige. Und selbst wenn acht von zehn Leuten etwas als derben Witz lesen würden, hat ein bösartiger Kommentar bei einzelnen eben eine Wirkung, die dazu geeignet ist, sie aufzuhetzen.

Das liegt eben in der Natur von schriftlichen Äußerungen, dass sie anders interpretiert werden, als ein Gespräch von Mensch zu Mensch. Und dann muss man eben damit rechnen, dass solche öffentlichen Kommentare auch von Leuten gelesen werden, die das eben nicht mehr witzig oder statthaft finden und dann dafür sorgen, dass geltende Gesetze angewendet werden.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Grundsätzlich ist das Recht auf Asyl in unserer Verfassung fest verankert. Wer dies abschaffen will und nur kriminelle und terroristische Ausländer sieht, dem ist nicht mehr zu helfen.

Man sollte auch mal selber darauf achten, wie viele Straftäter sich gerade in rechten Parteien befinden. Als Vorbilder taugen die erst recht nicht und es ist schon witzig, wenn Vorbestrafte ein härteres Vorgehen gegen kriminelle Ausländer fordern. Damit sorgen diese Typen bestenfalls für einen Lacherfolg.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Das ist leider so, man wird gleich als Nazi oder ähnliches abgestempelt, wenn man an die Wirtschaft denkt und an die Folgen, welche durch die ungeplanten Flüchtlingsaufnahme bereits jetzt zu erkennen sind.

Ich bin auch gegen die planlose Aufnahme von Flüchtlingen und ich würde es auch besser finden, wenn man dort unten vor Ort die Umstände bekämpfen würde, welche die Menschen zur Flucht getrieben haben, das hätte vielen Menschen das Leben gerettet, die im Land selber und auf der Flucht ums Leben gekommen sind, aber selbst mit so einer Begründung wird man gleich als Nazi bezeichnet. Ich finde eigentlich eher, dass man ein Nazi ist, wenn man ganz gegen die Flüchtlinge ist und ihnen auch nicht helfen will und ihnen den Tod wünscht, was ja eigentlich nicht bei den normalen Gegnern der Wunsch ist.

Die Medien sind einfach Schuld, die berichten über jeden kleinen Vorfall und übertreiben alles und dann werden die Menschen noch emotionaler und dann artet es eben so aus.

» Bascolo » Beiträge: 3586 » Talkpoints: 0,29 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Natürlich kommen nun wieder die schönen Worte von der Ursachenbekämpfung vor Ort. Wie soll diese denn aussehen? Sollen wir die Bundeswehr oder das Bundesheer nach Syrien schicken?

Es wird allerdings auch mit Sicherheit niemand als Nazi bezeichnet, wenn er so etwas fordert. Dies geschieht normalerweise nur dann, wenn er gleichzeitig einer rechten Gruppierung angehört oder man offenkundig merkt, dass Ausländer das Dauerthema von jemandem sind.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Juri, das stimmt leider nicht. Kritik wird hierzulande regelmäßig mit der Nazikeule mundtot gemacht. Das ist natürlich von Region zu Region unterschiedlich, aber im Ruhrgebiet ist es seit Jahren so. Es ist schließlich unglaublich praktisch, weil man sich dann nicht mit Problemen auseinandersetzen muss. Das ist hier in der Politik so üblich.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ich engagiere mich mich schon seit Jahren gegen Nazis und ich bin immer sehr skeptisch, wenn ich solche Pauschalurteile höre. Die NPD hat klar und deutlich in ihrem Programm stehen, dass Integration Völkermord ist. Wenn dann deren Mitglieder behaupten, sie wären nicht ausländerfeindlich, ist dies einfach lächerlich.

Meiner Erfahrung nach versuchen immer irgendwelche rechten Spinner, so zu tun, als ob Ausländer das Universalthema schlechthin wären und wir Normaldeutsche keine anderen Sorgen hätten. Deshalb schreibe ich inzwischen auch vor jeden kritischen Beitrag, dass ich das Grundrecht auf Asyl nicht in Frage stellen will. Es ist eben ein Unterschied, ob man konkrete Probleme lösen will oder alle Ausländer in einen Topf wirft und pauschal als Kriminelle hinstellt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 03.10.2015, 12:55, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Genau dieser Unterschied wird aber oft von politischer Seite oft nicht mehr gemacht. Denn mit Nazis kann man nicht diskutieren und mit Mob und Pack spricht man nicht. Das ist eine sehr praktische Lösung, die jegliche Diskussion im Keim erstickt.

Und je nachdem wo du als "Normaldeutscher" (Was ist das eigentlich?) lebst, hast du unter Umständen tatsächlich jeden Tag mit dem Thema zu tun. Wenn du in der Nacht keine Ruhe mehr findest, weil es zu laut ist. Wenn du dein Auto nicht 5 Minuten vor dem Haus stehen lassen kannst, weil dann Kinder darauf herumturnen. Wenn dir deine Einkäufe einfach aus der Tasche genommen werden. Und wenn jede Kritik mit der Feststellung Nazi abgebügelt wird, dann hast du definitiv ein Problem.

Sagst du, dass man Menschen nicht ausschließlich mit Kindergeld in abbruchreifen Häusern ohne Krankenversicherung dahinvegetieren lassen kann, dass der Straßen- und der Arbeiterstrich menschenunwürdig sind, dann bist du hier ausländerfeindlich. So einfach ist das. Denn laut unserer Politiker haben wir zwar noch ein paar Probleme, aber generell sind diese Viertel Vorzeigeprojekte für gelungene Integration. :wall:

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich als Normaldeutsche, was auch immer das ist, lebe in einem Viertel mit vielen ausländischen Mitbürgern. In meinem Haus wohnen allerdings fast nur Deutsche. Ich werde durchaus morgens durch die Nachbarskinder geweckt. Oder zumindest in meiner früheren Wohnung hier im Haus. Ob das nun das ausgekippte Lego auf einem Holzboden direkt über meinem Bett war oder das Mädchen, welches mit einem undefinierbaren Hüpfding Sonntags Morgens um sieben Uhr durch das Schlafzimmer springt - es waren Deutsche.

Wenn hier Weltmeisterschaft oder Europameisterschaft ist, sehen die Männer, in dem türkischen Kulturcafe gegenüber gefühlt jedes Spiel. Ok ich hasse Fußball. Es ist immer enorm laut und jedes Tor wird mit einem undefinierbaren Ton und Gejubel befeiert. Aber ganz ehrlich? Das Problem hätte ich auch, wenn ich gegenüber von einer deutschen Sportsbar wohnen würde. Wenn noch Skyübertragungen anbieten, dann hätte ich den "Spaß" jede Woche während der Bundesligasaison.

Es sind nicht immer DIE Ausländer. Auch Deutsche stehlen, sind laut, vergehen Verbrechen. Und nicht jeder, der sich auf türkisch oder einer anderen Sprache unterhält, ist unbedingt ein Ausländer. Es soll doch tatsächlich auch Menschen mit der deutschen Staatsbürgerschaft geben, die eine andere Sprache sprechen und die auch öfters benutzen.

Ich hatte vor Kurzem ein Gespräch mit einem deutschen Mann. Der ein Problem damit hat, wenn ausländische Familien viele Kinder bekommen. Bei deutschen Familien ist das aber in Ordnung. Aber er fand es richtig, dass auch die Kinder der ausländischen Familien seine Rente bezahlen. Nur bekommen sollten sie möglichst keine. Egal ob sie nun 50 Jahre in Deutschland gearbeitet haben und in die deutschen Rentenkassen einbezahlt haben.

Auch hatte er ein Problem damit, wenn ein ausländischer Arbeiter, der 50 Jahre in Deutschland gearbeitet hat und in die Rentenversicherung einbezahlt hat, wieder in sein Herkunftsland zieht und die deutsche Rente dort bezieht. Sein Argument war, das Geld bleibt damit nicht in Deutschland. Wenn aber ein deutscher Arbeiter im Rentenalter ins Ausland zieht und dort von seiner deutschen Rente lebt, das war dann vollkommen in Ordnung.

Als ich ihn dann fragte, ob er den Widerspruch an sich sieht, bekam ich als Antwort, er sei eben ein kleiner Adolf. Sorry, dass ich die Argumentation ein wenig daneben finde. Wir wurden dann abgelenkt und das Gespräch war beendet. Besonders faszinierend fand ich im nach hinein, dass auch er durchaus deutsche Gesetze nicht so eng sieht, wenn es für ihn von Vorteil ist und das er in einem Betrieb arbeitet, der durchaus aus ausländische Kunden angewiesen ist.

Für mich ist es keine freie Meinungsäußerung mehr, wenn jemand einfach stumpf von Die Ausländer spricht und das selbe Verhalten bei Deutschen aber in Ordnung findet. Volksverhetzung würde ich das bis dahin noch nicht nennen. Wenn man aber argumentiert, wie toll Adolf das doch gelöst hatte oder das alle Ausländer vergast werden sollten und ähnliches, dann ist das für mich Volksverhetzung.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


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