Beim Fremdverlieben nur einer Illusion hinterherlaufen?

Ich habe in einem anderen Thema geschrieben, dass meine Cousine eigentlich in einer glücklichen Beziehung ist, aber sich ein wenig verguckt hat in jemanden, den sie noch vom Studium früher kennt und mit dem sie aber nur schriftlichen Kontakt hat.

Der war schon hinter ihr her, als sie noch studiert haben, vor vielen Jahren. Damals war sie Single und hätte ihn haben können, aber damals wollte sie nicht. Vielleicht dachte sie ja auch, dass er ohnehin wieder in sein Heimatland (Spanien) zurückgeht, was er aber nicht tat. Er lebt heute immer noch in Deutschland, nur in einer anderen Stadt.

Da sie nun wieder miteinander schreiben und er auch wieder für sie schwärmt und ihr Flirt-Nachrichten schickt, empfindet sie inzwischen etwas für ihn und meinte, sie fände ihn niedlich und würde sich über diese Nachrichten immer freuen. Ich denke aber, das sie sich das auch ein wenig einredet und da einer Illusion hinterherrennt. Solche Nachrichten hat er ihr auch schon geschickt, als sie noch studiert haben, da fand sie das noch nicht so toll, sondern fühlte sich eher etwas bedrängt.

Zudem weiß sie gar nicht viel über ihn, was er genau macht und was er für konkrete Interessen und Vorstellungen vom Leben hat. Darüber haben sie sich nie unterhalten. Sie kennt sein Umfeld überhaupt nicht. Sie haben über solche tiefergehenden Dinge nie geredet sie sagte mir auch mal, dass er ihr früher gar nicht so gefallen hat.

Warum jetzt? Ich glaube einfach, dass es ihr gefällt, dass er sie auch nach so vielen Jahren in seinen Nachrichten noch anschmachtet. Ich denke, da fühlt man sich auch geschmeichelt. Er schreibt wohl immer sehr gefühlvolle Nachrichten und wirkt trotzdem irgendwie schüchtern, was sie sehr anspricht. Aber konkrete Vorstellungen davon, wie das wäre, mit diesem Spanier zusammenzuleben, hat sie gar nicht. Wenn die beiden zusammen wären, würde das aus meiner Sicht vermutlich nicht lange gut gehen.

Verliebt man sich in solchen Fällen nicht nur in ein Trugbild? Man bastelt sich den anderen in Gedanken zurecht, wie er in Wirklichkeit gar nicht ist. Würde es ihr helfen, den Mann mal wirklich zu treffen, um zu merken, dass ihr Trugbild nicht stimmt?

Ich glaube, dass das durchaus vielen Menschen passiert, wenn sie in einer langjährigen Beziehung sind und ja, man wird sich dann wohl in ein Idealbild verlieben und nicht wirklich in diese Person so verliebt sein, wie wenn man es wäre, wenn man Single wäre.

Deiner Cousine ist wirklich anzuraten, mal über ihre bisherige Beziehung nachzudenken und ob es sein kann, dass ihr nur die Aufmerksamkeit und die Komplimente des Partners fehlen. An deiner Stelle würde ich da schon mal mit ihr darüber reden und auch nachfragen, wie sie sich das nun vorstellt.

Wenn sie ihn nun treffen würde, weiß ich nicht, ob da nichts passieren würde, weil sie ihn ja so idealisiert. Mit einem Treffen wäre das sicherlich nicht aus der Welt. Zumal das Grundproblem dann auch noch nicht gelöst ist. Wenn er sich dann nämlich nett verhält und flirtet, wird sie auch nicht von ihm ablassen wollen.

@Ramones: Danke für die Tipps. Ich habe wirklich nochmal mit ihr darüber diskutiert, aber sehr aufschlussreich war das nicht. Sie meinte, dass sie mit ihrem Freund wirklich zufrieden sei, der mache ihr Komplimente und sei aufmerksam genauso wie am Anfang. Die Beziehung sei glücklich.

Sie habe aber dennoch irgendwie den Drang, diesen Spanier nochmal wiederzusehen. Das Gefühl sei zum ersten mal aufgetaucht, als sie etwas frustriert war, aber nicht wegen ihrem Freund, sondern weil es ein Problem auf Arbeit gab. Eigentlich soll das auch nichts Schlimmes gewesen sein, aber als sie deswegen traurig vor ihrem Rechner saß, hat sie die Nachricht des Spaniers gelesen, woraufhin sie wieder gute Laune hatte und da ging es dann los.

Sie glaubt auch nicht, dass sie mit ihm eine wirkliche Beziehung führen kann und will auch gar nicht wechseln, aber aus einem Grund, den sie selbst nicht richtig weiß, erscheint er ihr interessant. Vielleicht ist sie auch einfach in zwei Leute gleichzeitig verliebt, das soll es ja auch geben?

Ehrlich gesagt habe ich noch nie verstanden, dass Leute meinen sie hätten sich in die oder die Person verliebt, obwohl sie diese nicht kennen. Das beginnt schon in der Schule, wenn sich die ersten Romanzen anbahnen. Wie oft habe ich es erlebt, dass Freundinnen von mir meinten, sie wären in diesen oder jenen Jungen verliebt, obwohl sie nicht einmal den Namen kannten.

In was verliebt man sich denn da wirklich? Vermutlich nur in das Aussehen. Anders kann ich mir das nicht erklären. Man muss eine Person meiner Meinung nach sehr gut kennen, um wirklich behaupten zu können, dass man in sie verliebt ist. Es kommt doch immer wieder vor, dass Leute sich ganz plötzlich wieder ''entlieben'', wenn sie die Person näher kennen lernen.

Deswegen würde ich sowas niemals ernst nehmen. Das ist genauso wie wenn sich irgendwelche Teenager in Promis verlieben. Man verliebt sich nicht in fremde Menschen. Man schwärmt dann höchstens für ihr Aussehen und stellt sich vor, wie toll dieser Mensch charakterlich ist. Wenn man ihn dann näher kennen lernt, kann diese Traumvorstellung sehr schnell platzen.

Ich finde nicht, dass man grundsätzlich sagen kann, dass man beim Fremdverlieben nur einer Illusion hinterherläuft. Viele Leute verlieben sich ja in einer Beziehung dann in den besten Freund, in einen Arbeitskollegen, in ihren Ex-Partner oder eine andere Person, die sie gut kennen. Natürlich können sie dann auch einschätzen, ob sie gut zusammenpassen könnten, da man sich auch eine Weile kennt. Und gerade dann, wenn man viel miteinander zu tun hat, sich gut versteht und es knistert, dann kann das eben mal vorkommen.

In deinem genannten Beispiel ist es ja aber anders, da sich die beiden ja wirklich kaum kennen. Sie haben sich ja schon lange nicht mehr gesehen und mittlerweile weiß die Frau kaum etwas über den Mann. Natürlich läuft sie da nur einer Illusion hinterher. Sie denkt an die früheren Zeiten und hat das im Kopf, wenn sie an den Mann denkt. Zudem übt er wahrscheinlich auch den Reiz des Verbotenen auf sie aus, weil sie eben in einer Beziehung ist und natürlich weiß, dass es nicht unbedingt ideal ist, sich fremdzuverlieben.

Viele Menschen freuen sich, wenn sie von jemand anderem umgarnt werden und wenn sie nette Nachrichten vom anderen Geschlecht bekommen. Sie haben das Gefühl, von zwei Menschen begehrt zu werden und genießen es, wenn sie die Macht drüber haben, zu entscheiden, wer mit ihnen zusammen sein darf. So etwas lässt viele Menschen besser fühlen und das Selbstbewusstsein steigern.

Allerdings ist es bei vielen Leuten einfach nur das Gefühl, begehrt zu werden, was sie wollen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Beziehung mit dem anderen Mann sie letztendlich glücklich machen würde. Immerhin hätte sie dann ihren jetzigen Partner ja nicht mehr und sie hätte dann nicht mehr die Situation, dass zwei Männer sie wollen. Zudem kennt sie den anderen Typen ja auch nicht, was es auch unwahrscheinlich macht, dass sie wirklich glücklich in einer Beziehung mit ihm wäre.