Angst vor den Folgen der Flüchtlingswelle = Rassistisch?
Meine Oma hat große Angst vor den Folgen der Flüchtlingswelle und sie sagt dies auch. Sie meint, dass es irgendwann deswegen in Deutschland richtig knallen wird und mit dieser Meinung steht sie gerade bei den älteren Leuten nicht alleine da. Aber viele meinen auch, dass es rassistisch ist, wenn man so denkt. Denn alle brauchen Hilfe. Egal, woher sie kommen und woher sie abstammen.
Ist man denn wirklich gleich rassistisch, wenn man Angst hat und diese Angst auch äußert? Habt ihr Angst oder sehr ihr dem Ganzen eher gelassen zu? Wovor habt ihr die meiste Angst oder wie kann man gerade den Leuten, die wirklich Angst haben die Angst nehmen?
Die Grenze ist sicherlich ganz schwer zu ziehen. Es kommt sehr darauf an, wieso man Angst hat und wieso man denkt, es könnte "in Deutschland richtig knallen". Wegen der Flüchtlinge selbst wird das nämlich wohl kaum passieren. Deutschland ist sehr reich, außerdem können die Kosten zumindest in diesem Jahr wahrscheinlich aus dem Überschuss gedeckt werden. Die Unterbringung der vielen Flüchtlinge ist zwar eine Herausforderung, aber einen großen Knall muss man deswegen nicht befürchten.
Wenn es einen großen Knall gibt, dann durch die Aktionen rechter Terroristen in Deutschland. Die Welle der Gewalt, die durchs Land geht, ist schon unglaublich. Wenn man davor Angst hat, ist das wirklich verständlich und das ist auch überhaupt nicht rassistisch.
Ob es rassistisch ist oder nicht, hängt wahrscheinlich stark von der Person ab. Einige Menschen finden einfach, dass nicht so viele Flüchtlinge kommen sollten, da es dann zu wenig Arbeit in Deutschland gibt und wir möglicherweise weniger luxuriös leben müssen. Andere Menschen wiederum möchten einfach nur nicht so viele Ausländer hier in Deutschland haben.
Ich selbst habe eigentlich keine Angst davor. Wenn man als Industrieland seinen Erfolg darauf begründet, dass man andere Länder ausbeutet, dann muss man auch damit rechnen, dass man irgendwann von Migranten überrannt wird. Und dazu muss man dann auch stehen und es anpacken, auch wenn das negative Folgen für Deutschland hat. Die Entwicklungsländer profitieren schließlich auch nicht davon, dass wir dort ihre Umwelt zerstören und ihnen Dumpinglöhne zahlen.
Ich finde nicht, dass Angst in diesem Kontext automatisch mit Rassismus gleichzusetzen ist und für mich persönlich sind das zwei verschiedene Paar Schuhe und überhaupt nicht miteinander in Verbindung zu setzen. Ich habe auch so meine Sorgen, was die Flüchtlingswelle angeht und ich könnte mir schon vorstellen, dass einige sehr radikale Menschen darunter ist, die dann ein wenig "ausflippen", wie wir das bei Charlie Hebdo gesehen haben. Ich glaube aber nicht, dass alle Menschen so sind.
Außerdem gibt es hier auch noch Pegida, leider, daher könnte ich mir vorstellen, dass diese Pegida-Anhänger oder Neonazis die Flüchtlinge blöd anmachen und vielleicht sogar attackieren und sich diese irgendwann wehren werden. Dieses Problem ist aber eher hausgemacht. Wir hätten uns in deren Heimatländern eben nicht einmischen sollen, dann hätten wir das Problem jetzt nicht, dass wir aus Solidarität Hilfe leisten müssten.
Natürlich muss man bei solchen Sätzen nicht immer gleich mit der Rassismuskeule wedeln, aber es kann durchaus sein, dass Menschen dann eben auch rassistisch sind. Es kommt eben auf die Person darauf an und wie sie es gesagt hat.
Gerade die ältere Generation scheint da wirklich ein Problem mit zu haben, was gerade läuft, das habe ich auch schon mitbekommen. Bestes Argument meiner Meinung nach ist, wenn man mal in deren Vergangenheit schaut. Beispielsweise habe ich solche Sätze neulich von einer älteren Dame gehört, die selber schon geflohen ist. Angesprochen auf die Lage, in der sie da war, konnte sie die aktuellen Flüchtlinge auch besser verstehen.
Ich denke, dass man da ein bisschen emotionaler argumentieren muss im Sinne von: "Stell, dir mal vor wie der Mensch sich fühlen muss gerade in der Situation, in der in seinem Land Krieg ist und er als Hoffnungsträger in ein fremdes Land geschickt wird, nicht wissend ob seine Familie überlebt."
Meiner Meinung nach haben wir aktuell kein Problem und wir werden wohl auch keines bekommen, wenn andere Länder auch mal mitziehen. Deutschland geht es gut und die Menschen, die da nun kommen, brauchen Hilfe. Ich denke nicht, dass das Knallen wird, eher das wir Hilfe geben und dankbare Menschen erhalten, die auch wiederum etwas für die Wirtschaftskraft dieses Landes tun werden.
Es knallt ja auch eigentlich jetzt schon mit den ganzen Rassisten auf der Straße, die die Unterkünfte anstecken. Ich denke nicht, dass es von Seiten der Flüchtlinge aus zu Problemen kommen wird und das Naziproblem muss man eh angehen.
MissMarple hat geschrieben:Aber viele meinen auch, dass es rassistisch ist, wenn man so denkt.
Natürlich ist es rassistisch, wenn die Angst dadurch begründet wird, dass das "nicht Deutsche" sind, die da kommen. Es ist übrigens natürlich auch rassistisch, wenn man Angst hat, weil jetzt wegen der vielen Afghanen, Iraker oder Syrer die Kriminalität steigt oder die "deutschen Mädchen" vergewaltigt werden.
Denn das setzt die Flüchtlinge allein auf Grund ihrer Herkunft auf die Stufe von Kriminellen. Und daher die Frage: wenn jemand nun sagt, alle Syrer sind Vergewaltiger und Kriminelle weil sie eben Syrer sind - ist das nun rassistisch oder nicht? Wenn nicht: was wäre es denn dann?
MissMarple hat geschrieben:Wovor habt ihr die meiste Angst
Hättest du nicht die Chance, einfach deine Oma zu fragen, wovor sie denn Angst hat? Ich nehme mal an, dass es in ihrem Fall noch nicht mal um ihren persönlichen Lebensbereich geht. Wenn sie in Rente ist, wird sie sich nicht um ihren Arbeitsplatz sorgen.
Und vielleicht ist sie auch nicht mehr der Gefahr ausgesetzt, sich vor sexuellem Missbrauch schützen zu müssen. Bliebe noch die Angst vor Raubüberfällen, Wohnungseinbrüchen und verschmutzen Straßen. Vielleicht kannst du uns ja bzgl. ihrer konkreten Angst aufklären.
Wenn sie nur die "allgemeine" Angst vor den "vielen neuen Menschen" plagt: nach dem Krieg kamen signifikant mehr Menschen (auch Flüchtlinge) und in der BRD hat es keinen Knall gegeben. Vielmehr folgten das sog. Wirtschaftswunder und der Fußballweltmeistertitel.
In anderen Ländern haben Parteien wie die FPÖ oder die Front National deshalb doch massiven Zulauf. Dagegen ist Deutschland doch richtig harmlos. Dort fallen auch noch ganz andere Töne.
Selbstverständlich müssen sich die Flüchtlinge an die hiesigen Gewohnheiten anpassen und es muss auch mal wieder etwas abgeschoben werden, wenn kein Asylgrund besteht und wer hier echte Straftaten begeht wie Diebstahl oder Schlimmeres hat in meinen Augen auch sein Recht auf Asyl verwirkt.
Man wird den Leuten nur die Angst nehmen können, wenn man auch klar und deutlich auf Anpassung besteht. Ansonsten ist alles Reden zwecklos.
derpunkt hat geschrieben:Wenn sie nur die "allgemeine" Angst vor den "vielen neuen Menschen" plagt: nach dem Krieg kamen signifikant mehr Menschen (auch Flüchtlinge) und in der BRD hat es keinen Knall gegeben. Vielmehr folgten das sog. Wirtschaftswunder und der Fußballweltmeistertitel.
Es hat keinen Knall gegeben? Das sehen die Flüchtlinge aus der damaligen Zeit aber durchaus anders. Wenn man die Säuglingssterblichkeit bei den Flüchtlingen mit der Säuglingssterblichkeit bei den Einheimischen vergleicht, dann wurden die Flüchtlinge "toll" versorgt. Die Neuankömmlinge verloren 9 von 10 Kindern im ersten Lebensjahr. Das ist sechsmal mehr als bei den Ortsansässigen.
Hunger war weit verbreitet, aber Flüchtlinge hungerten mehr. Gerade Senioren und Kinder sind damals in Massen gestorben. Man erfror in der Dachkammer oder unter dem Treppenabsatz, weil einem genau dieser Raum zugewiesen worden war. Einen Schlafplatz in der Küche konnte sich nicht jeder kaufen.
Das nenne ich jetzt nicht gerade eine große Harmonie. Dabei waren die meisten der "Fremdlinge" Deutsche. Natürlich wäre es ohne diese Menschen nicht zu einem derartigen Wirtschaftswunder gekommen. Aber das rückblickend kuschelig zu verklären, ist auch wenig sinnvoll.
Und gerade wer das noch miterlebt hat, der hat durchaus Angst. Nicht Angst vor dem einzelnen Flüchtling, sondern Angst vor der Menge an Menschen und der Aufgabe, die daraus erwächst. Diese Ängste in die rechte Ecke zu drängen, das ist nicht fair. Die muss man ernst nehmen und Stück für Stück entkräften. Wobei man auch so ehrlich sein muss zuzugeben, dass es schwer wird und das es Veränderungen geben wird. Nur müssen die nicht alle zwangsläufig schlecht sein.
@cooper75: Leider erschließt sich mir nicht ganz, was du mit deinem Posting bzgl. meiner Aussage, dass es keinen Knall gegeben hat sagen willst. Trotz der denkbar schlechten Bedingungen ist die Zivilisation im eigentlichen Sinn nicht untergegangen. Die Gesellschaft hat sich mehr oder weniger neu ausgerichtet und hat die Aufgabe bewältigt. Dass das kein Spaziergang gewesen sein kann, ist nicht behauptet worden. Aber hier wird getan, als stünde die BRD vor einem Bürgerkrieg bzw. vor einem "historischen Hungerwinter 2015/16". Und das sehe ich schlicht nicht so!
cooper75 hat geschrieben:Diese Ängste in die rechte Ecke zu drängen, das ist nicht fair.
Was nicht "ganz fair" ist, ist die Art wie du "die Ängste" darstellst - denn genau so wie du das sagst, werden die "Ängste" besorgter Bürger eben nicht artikuliert. Viel mehr sind es die Ängste, dass für die Asylbewerber mehr getan wird, als für "die Deutschen". Dass die Asylbewerber "den Deutschen" die Wohnungen wegnehmen, dass man "fremd im eigenen Land" wird, dass die Arbeit nicht mehr an "Deutsche" vergeben wird. Es wird einfach eine Mauer auf Basis der Nation errichtet. Willst du hier wirklich von begründeten Ängsten sprechen?
cooper75 hat geschrieben:Und gerade wer das noch miterlebt hat, der hat durchaus Angst.
Das bedeutet also, dass die "Demonstranten" die die Zufahrten zu den Unterkünften blockieren und die Asylbewerber beschimpfen und bedrohen alle so um die 60-70 Jahre alt sind und sich bei "ihren Ängsten" durch die eigene Erfahrung der späten 1940er Jahre leiten lassen? Ist das bei der Masse so? Dann ist es ja wirklich so, dass die Gesellschaft hier ein demographisches Problem hätte - eigentlich ein echter Grund, aus Asylanten Migranten machen zu wollen!
@derpunkt: Hier hat die Oma Angst vor den Flüchtlingen. Diese Oma wird wohl kaum vor Flüchtlingsheimen protestieren. Aber diese Oma dürfte vom Alter her noch nahe an den Ereignissen damals sein. Und es ist einfach eine Lüge zu behaupten, damals hätte es nicht geknallt.
Es gab schwere Auseinandersetzungen zwischen den Flüchtlingen und den Einheimischen. Unter den Flüchtlingen gab es ein Massensterben, weil sie nirgendwo willkommen waren. Eine Integration erfolgte erst durch das Wirtschaftswunder, an dem die Flüchtlinge einen großen Anteil hatten.
Glaubst du etwa, dass ältere Menschen das alles vergessen haben? Und glaubst du tatsächlich, dass die heutige Bevölkerung andere Ängste hat als damals?
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