Wird die Säuglingssterblichkeit in Deutschland steigen?
Ich sah heute früh einen kurzen Bericht von frontal21, wobei es da um das Thema Krankenhäuser und Hebammen ging. Es wurde dann auch eine Hebamme, die anonym bleiben wollte, interviewt, die dann meinte, dass die Unterbesetzung an Hebammen in Krankenhäusern katastrophale Zustände angenommen hätte. Zwischendurch sei es sogar so stressig, dass die Frauen im Kreißsaal nicht optimal betreut werden könnten und es eigentlich schon fast ein Wunder sei, dass deswegen noch nichts schlimmeres passiert sei.
Die Krankenhäuser wüssten wohl auch darüber Bescheid, aber da sie einen Sparzwang hätten und den Rotstift dabei am Personal ansetzen würden, würden sie nicht handeln wollen. Besagte Hebamme soll auch ihren Arbeitgeber auf die Situation angesprochen haben, wobei dieser sinngemäß nur gesagt haben soll: "ist ja bisher gut gegangen, deswegen herrscht kein Handlungsbedarf".
Die Kliniken sparen schon so genug an den Personalkosten, sodass die Hygiene auf der Strecke bleibt und teilweise Säuglinge infiziert werden, die unter Umständen auch sterben. Es gab vor einiger Zeit diese Todesserie von Säuglingen in Bremen war das glaube ich. Möglicherweise wird das bei zunehmendem Sparzwang der Kliniken zum Regelfall, wenn nicht gerade Säugling wegen mandelnder Hebammen tot geboren werden.
Was meint ihr? Wird die Säuglingssterblichkeit in Deutschland zunehmen?
Man bekommt heute noch Hebammen, so ist das ja nicht und die Versorgung durch solche wird ja auch übernommen. Man muss sich also nicht darauf verlassen dass ihm Krankenhaus welche vorhanden sind. Wenn es allerdings zu einem großen Personalmangel kommen sollte ist das maßgeblich auch schlecht für die Babys, die geboren werden.
Ramones hat geschrieben:Man bekommt heute noch Hebammen, so ist das ja nicht und die Versorgung durch solche wird ja auch übernommen.
Ja aber wie schlecht ist diese Versorgung? In dem Bericht wurde gesagt, dass Hebammen in den 1990er Jahren nur knapp 18 Schwangerschaften und Geburten pro Jahr betreut haben, heute sind das weit über 100 Frauen pro Jahr. Wie soll da die Einzelperson optimal versorgt werden? Bei so einem Stress passieren nun mal Fehler, das ist Fakt.
@Ramones: Wo nimmst du denn heute noch eine Beleghebamme oder eine Hebamme im Geburtshaus her? Die meisten bieten diese Leistung nicht mehr an, weil sie nicht mehr versichert sind. Dass man theoretisch so etwas finden kann, das nützt praktisch wenig.
Und es kann nicht Sinn der Sache sein, dann Frauen über Stunden allein im Kreißsaal liegen und zusehen müssen, wie sie mit der Geburt fertig werden. Und das ist in vielen Kliniken heute Realität. Als ich meine Kinder bekommen habe, war die Versorgung noch besser. Trotzdem habe ich meine Beleghebamme bei jeder Geburt woanders helfen lassen. Weil nämlich schlichtweg zu wenig Hebammen da waren. Dabei war der Personalschlüssel in der Uni-Klinik deutlich höher als in anderen Häusern.
Eine gute Freundin hat vor 20 Jahren entbunden. 48 Stunden Kreißsaal, 9 verschiedene Hebammen und die meiste Zeit allein. Ich weiß jetzt nicht, ob du das eine gute Versorgung nennen möchtest. Und es ist seitdem nicht besser, sondern schlechter geworden.
Als ich vor circa neun Monaten entbunden habe, hatte ich im Kreißsaal eine Hebamme und eine Hebammenschülerin. Sie waren zwar nicht die ganzen neun Stunden an meiner Seite, aber sie kontrollierten mich doch regelmäßig und zuverlässig, vor allem weil ich während der Geburt abgetreten bin und kaum noch etwas registriert habe.
Mein Mann hat mir aber erzählt, dass sie gemerkt hätten, dass ich plötzlich nicht mehr geistig anwesend bin und haben mir sofort Mittel gegeben. Auch eine Ärztin war ständig da. Zum Schluss stand dann sogar noch ein zweiter Arzt daneben und zu viert haben sie mich bei der Geburt unterstützt.
Das Einzige, wo ich mich wirklich vernachlässigt gefühlt habe, war, nachdem man mich mit meiner Tochter auf die Station verlegt hat. Ich wollte mein Kind stillen, hatte aber anfangs große Probleme damit. Sie schrie ständig und ich war überfordert. Ich wusste ja nicht mal, wie man ein Baby wickelt.
Meiner Zimmergenossin erging es mit ihrem Baby ähnlich. Wir waren beide oft ratlos und hätten uns im Krankenhaus wirklich eine bessere Hebammenbetreuung gewünscht. Wenn wir eine Hebamme gerufen haben, dauerte es oft eine halbe Stunde bis Stunde.
Ich war froh, als ich dann endlich nach Hause durfte, was nach drei Tagen der Fall war.
Soviel zu meiner Erfahrung mit Geburten im Krankenhaus. Ob die Säuglingssterblichkeit nun wegen zu wenigen Hebammen im Krankenhaus steigt, kann ich nicht sagen. Während der Geburt fand ich mich ja gut betreut, nur danach eben weniger.
Mag sein, dass die Zustände so sind, da kenne ich mich nun auch nicht perfekt aus, wenn ich ehrlich bin, aber das habe ich ja auch nicht behauptet. Bei uns in der Stadt bekommt man gesagt, ab wann man sich kümmern muss und dann begleitet einen die Hebamme auch während der Schwangerschaft in der Praxis schon. Das spricht aber sicherlich auch für gewisse Missstände, wenn man sich frühzeitig drum kümmern muss.
Es ist natürlich ein Unding, wenn man alleine ist und keine Hebamme vorhanden ist, wenn man gerne eine hätte. Solche Missstände sorgen sicherlich für mehr Sterblichkeit der Babys.
@Ramones Natürlich kannst du dich während der gesamten Schwangerschaft von einer Hebamme betreuen lassen. Auch im Kreißsaal ist eine Hebamme mehr oder weniger oft anwesend, bis es in die "heiße" Phase geht, dann bleibt sie auch.
Aber erstens ist es fast nicht mehr möglich, mit "seiner" Hebamme zu entbinden, weil es eben kaum noch Geburtshäuser und Beleghebammen gibt. Denn es gibt nur noch eine Versicherung, die die erforderliche Berufshaftpflicht für Hebammen anbietet. Die kostet neuerdings 5.000 Euro pro Jahr statt vorher 1.400 Euro. Außerdem ist jetzt gerade dieser Wert nochmals um 20 %, also 1.000 Euro gestiegen. Aktuell gibt es in ganz Deutschland nur etwa 2.000 Hebammen, die als entsprechend versichert sind und Geburten ohne Anstellung im Krankenhaus betreuen können.
Aber für eine Geburt erhält eine Beleghebamme oder eine freiberufliche Hebamme nur 280 Euro von der Kasse. Das heißt, eine Hebamme muss mehr als 20 Geburten betreuen, bevor sie ihre Versicherung bezahlen kann. Daher bleibt den meisten Frauen nur, ganz normal in einem Krankenhaus zu entbinden und das dortige Personal "zu nutzen".
Und da geht das Drama dann los. Mein erstes Kind hat sich morgens um 4 Uhr auf den Weg gemacht. Hätte ich keine Beleghebamme gehabt, dann wäre hier Hebammenteam Nummer 1 des Krankenhauses zuständig gewesen.
Um 6 Uhr gab es den Schichtwechsel. Nun wäre ohne meine Beleghebamme Team Nummer 2 im Dienst gewesen. Als Gebärende hätte ich mich komplett neu auf Fremde einstellen müssen, die mir durch die Geburt helfen würden.
Um 14 Uhr wechselte die nächste Schicht. Ohne meine Beleghebamme hätte ich jetzt noch etwa 20 Minuten gehabt, um mich auf das nächste Team einzustellen, weil dann kam das Kind. Studien zeigen, dass genau solche Situationen oft zu einem Notfall führen und ein Kaiserschnitt vorgenommen werden muss. Denn wie je sicherer und vertrauter sich eine werdende Mutter fühlt, desto geringer sind die Risiken.
Die meisten Babys werden zu bestimmten Zeiten geboren. Ich war schon einen Tag vorher in der Klinik. Da hätte man ohne Beleghebamme locker mit einer guten Betreuung sein Kind bekommen können. Nur bekam da kaum eine Frau ein Kind.
Dann kam die Nacht mit einem deutlichen Wetterumschwung. auf eine Hitzewelle folgte Gewitter und ein Temperatursturz. Da kommen dann immer viele Kinder. Und so habe ich mit 13 weiteren Frauen ziemlich zeitgleich entbunden. Das Team des Krankenhauses bestand aus üppigen 4 Hebammen. Ein Zustand, der durchaus vollkommen normal ist. Also habe ich meine Beleghebamme, die auch stundenweise in der Klinik angestellt ist, immer mal wieder ausgeliehen. Ohne den Zufall, dass ich mit Beleghebamme entbunden habe, wären wir eben 14 Frauen und 4 Hebammen gewesen. Irgendwie wird es schließlich schon gut gehen.
Meinen Freundinnen ist auch nicht viel anders gegangen. die haben in anderen Kliniken und anderen Städten entbunden. Auch bei den beiden weiteren Geburten hier bei uns lief es nicht viel anders. ich war jedesmal extrem dankbar, eine Beleghebamme zu haben.
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Wie oft mistet ihr Beautyprodukte aus? 2396mal aufgerufen · 14 Antworten · Autor: beere · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Gesundheit & Beauty
- Wie oft mistet ihr Beautyprodukte aus?
- Hat man nach der Schule einen großen Verlust an Freunden? 5933mal aufgerufen · 22 Antworten · Autor: Owlytic · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Alltägliches
- Hat man nach der Schule einen großen Verlust an Freunden?