Huffington Post hat Pulitzer Preis gewonnen?

vom 18.12.2013, 15:24 Uhr

Seit Kurzem gibt es die Huffington Post auch als Deutschland-Ausgabe. Davon habe ich über Google News erfahren, und auch eine deutsche Zeitung verweist jetzt immer wieder auf ihre Kooperation mit der Huffington Post. Aus Interesse habe ich mal nachgelesen, seit wann es die Zeitung Huffington Post überhaupt gibt, und ob es bei der Berichterstattung bestimmte "Eigenarten" gibt. So gibt es ja Zeitungen, denen man eine bestimmte politische Richtung eindeutig beim Lesen der Beiträge anmerkt.

Bei Wikipedia hatte ich nun gelesen, und das dann auch durch weitere Quellen verifiziert, dass die englischsprachige Original-Ausgabe der Huffington Post mal den Pulitzer-Preis gewonnen hat. Das ist ja schon ein bekannter und eigentlich auch als hoch angesehener Preis, er ist allgemein der wohl wichtigste Preis für Literatur in den USA. Mit diesem Hintergrundwissen habe ich mir nun die deutsche Seite der Huffington Post angesehen, weil ich wissen wollte, ob an der Berichterstattung wirklich etwas außergewöhnliches Gutes ist. Ehrlich gesagt bin ich nun sehr iritiert. Qualitativ hochwertig wirkte das, was mir auf dieser Website begegnete, keineswegs.

Als erstes fiel mir auf, wie reißerisch die Schlagzeilen eigentlich sind. Oftmals sind sie sogar unzutreffend, beziehungsweise man bemerkt erst im Verlauf des Artikels, dass die Schlagzeile eigentlich nicht wirklich korrekte Fakten wiedergibt, sondern sprachlich geschickt eine Zweideutigkeit ausnutzt, um einen eigenen unspannenden Sachverhalt als große Schlagzeile darbieten zu können.

Allgemein sind die Schlagzeilen nicht unbedingt in einem Stil und Vokabular verfasst, das ich als besonders seriös betrachten würde. Aktuell ist beispielsweise auf der Website der Huffington Post Deutschland zu lesen: "Armstrong-Zoff mit Ex-Offiziellem: Das ist eine Bullshit-Geschichte", "Börsianer verblüfft: Reisegigant TUI verdient wieder Geld", "Santapocalypse: Massenschlägerei unter Weihnachtsmännern", "Wir verdummen! Wie moderne Technik uns schadet" und "EU will Klon-Fleisch verbieten". Gut, "Klon-Fleisch" ließe ich vielleicht noch durchgehen, aber irgendwie klingen solche Komposita für mich immer ein wenig nach Bouvelard-Medium. Und dass die FAZ von einer "Santapocalypse" schreiben oder pauschalisierte "Schock"-Schlagzeilen wie "Wir verdummen!" abdrucken würde, wage ich mal ehrlich gesagt sehr zu bezweifeln. Von einem seriösen Qualitätsmedium, das sogar einen Literaturpreis gewinnt, erwarte ich jedenfalls eine andere Art des Sprachgebrauchs.

Auch über die Relevanz der Themen auf der Website der Huffington Post Deutschland kann man sich streiten. Sicherlich sind auch ein paar politische Nachrichten oder auch wissenschaftlich interessante Meldungen dabei, aber es sind auch viele vorhanden, bei denen ich mich frage, welche seriöse Zeitung eigentlich auf solche Meldungen angewiesen ist. Heute im Angebot: "Stars ohne Make-Up: Sie sind eben auch nur Menschen", "Selfies: Was Sie über den Trend des Jahres wissen müssen" und "Die besten Jennifer-Lawrence-Momente 2013: Darum lieben wir J-Law". Mehr wollte ich mir jetzt nicht auf der Hauptseite ansehen. Das ist mir schon boulevardmedien-artig genug. Jedenfalls wüsste ich nicht, wieso erwachsene Menschen über "Selfies", die dann auch noch den "Trend des Jahres" darstellen sollen, irgendetwas wissen "müssen". Aber vielleicht lebe ich auch in meinem eigenen Elfenbeinturm, denn ich weiß auch nicht, wieso "wir" Jennifer Lawrence lieben, und ob "Stars" sich schminken oder nicht, interessiert mich nicht die Bohne.

Sind die Meldungen bei der US-amerikanischen Originalausgabe genauso reißerisch verfasst und meistens eigentlich auch ziemlich irrelevant? Wenn ja, wieso verdient dieses Medium damit den wichtigsten Literaturpreis der USA? Gibt es dafür irgendeine offizielle Begründung? Sind die US-amerikanischen Zeitungen alle so, sodass die Huffington Post sogar noch positiv dabei auffällt?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Wie sieht denn die Druckausgabe im Vergleich zu den kostenlosen Artikeln auf der Homepage aus? Ich kann mir vorstellen, dass eine halbwegs wirtschaftlich denkende Zeitung nicht ihre besten Artikel kostenlos online stellt. Vielleicht liegt dein Eindruck ja auch mit daran?

Zudem ist auch die Qualität journalistischer Arbeit nicht allein an Formulierungen fest zu machen. Klar haben wir alle mal in der Schule gelernt, dass reißerische Titel nicht unbedingt ein Hinweise auf Qualitätszeitungen sind. Aber hängt das alles allein am Titel? Vielleicht sind ja Artikel besser recherchiert als von klassischen Boulevardblättern und regen auch weniger gebildete Leser dazu an, mit Spaß Zeitung zu lesen? Das wäre immerhin ein Verdienst, den man mit einem Preis dotieren könnte.

Aber vielleicht findet man auch irgendwo noch eine Begründung, wofür der Preis damals verliehen wurde. Vielleicht bringt das ja Licht ins Dunkel?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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