Wie gut kann ein Lehrer seine Schüler beurteilen?
Ich kenne Schule nur aus der Sicht eines Schülers. Später habe ich dann noch viele Jahre intensiv Nachhilfe gegeben bei einer Reihe von Schülern. Und was ich in meiner eigenen Schulzeit und dann auch bei der Nachhilfe von den Lehrern mitbekommen habe, ließ meine Haare zu Berge stehen. Oft kannten die Lehrer noch nicht einmal die Namen ihrer Schüler. Wie sie dann die mündliche Mitarbeit benoten wollten, ist mir ein Rätsel geblieben. Meistens hatten sie aber auch keine Ahnung, ob der Schüler gut oder schlecht in ihrem Fach war.
Dass der Lehrer nicht einmal die Namen seiner Schüler kennt, finde ich unmöglich. Natürlich dauert es am Anfang des Schuljahres etwas, bis die Namen sitzen. Und es kann dann auch immer wieder zur Verwechselungen kommen. Aber bei einer Reihe von Lehrern kam es vor, dass sie auch am Ende des Schuljahres oder auch nach mehreren Jahren die Namen noch nicht einmal ansatzweise kannten.
Ein Lehrer hatte am Beginn der elften Jahrgangsstufe noch einen Schüler in seiner Liste, der die Schule gewechselt hatte. Er war also niemals anwesend gewesen. Dies hatten wir dem Lehrer erklärt, sodass er den Namen hätte streichen können. Wir haben es ihm dann aber auch noch fünf weitere Male erklärt, denn bei der Überprüfung der Anwesenheit wurde dieser Schüler immer wieder aufgerufen.
Wir haben uns dann einen Spaß daraus gemacht und es hat einfach irgendwer "Ja" gerufen bei der Überprüfung. Bei der Klausur hat auch irgendjemand einen Zettel mit mehr oder weniger unsinnigen Antworten für diesen Schüler abgegeben. Und am Ende des Schuljahres wollte der Lehrer dann unbedingt das angeblich an diesen Schüler ausgegebene Buch zurück haben.
Das hört sich nach einem Einzelfall an, aber ich bin mir sicher, dass wir das genauso auch mit der Hälfte der anderen Lehrer hätten machen können. Es ist vorgekommen, dass erst dem Lehrer in der fünften Stunde aufgefallen ist, dass ein Schüler schon den ganzen Tag fehlt. Alle anderen Lehrer hatten ihn als anwesend eingetragen.
Viele Lehrer wussten aber auch kaum, wie gut die Schüler in ihren jeweiligen Fächern waren. Sie sind auf die Blender hereingefallen, die ihr Nichtwissen immer irgendwie überspielt haben. Und wer etwa in Mathe nur einen kleinen Flüchtigkeitsfehler machte, wurde genauso schlecht bewertet wie derjenige, der das ganze Thema nicht verstanden hatte.
Ich hatte in der Nachhilfe eine neue Schülerin, die das Schuljahr mit einer fünf im Zeugnis abgeschlossen hatte. Vor allem in der Bruchrechnung war sie angeblich grottenschlecht. Es hört sich unglaublich an, aber ich habe mich mit dem Mädchen zwei Stunden hingesetzt und bin mit ihr alles durchgegangen - und nachdem sie ihre anfängliche Unsicherheit abgelegt hatte, stellte sich heraus, dass sie das Thema supergut beherrschte. Sie wusste wirklich alles!
Mir ist bewusst, dass etwa in einer Arbeit sich manchmal ein anderes Bild ergibt, da dort noch die Prüfungsangst etc. dazu kommt. Aber ich verstehe immer noch nicht, wie eine gute Schülerin so falsch bewertet werden kann. Sie gehörte auch nicht zu den hochbegabten Schülern, die durch Langeweile einen anderen Eindruck hinterlassen. Und ähnliche Erfahrungen habe ich durch die Bank mit fast allen meinen Schülern gemacht. Dabei waren dann auch schlechte Schüler, die seltsamerweise gute Noten bekamen.
Ich frage mich deshalb, wie gut ein Lehrer seine Schüler überhaupt beurteilen kann. Die Schulnoten bestimmen immerhin das gesamte weitere Leben eines Menschen, denn sie legen fest, welche Berufe ihm überhaupt zur Auswahl stehen. Sollten wir da nicht daran arbeiten, dass der Lehrer dann auch dazu in der Lage ist? Ich denke, durch die großen Klassen und unsere deutsche Unterrichtsform wird es den Lehrern auch schwer gemacht und viele Schüler können sich in der Masse verstecken.
Es kommt wohl immer auf die einzelnen Lehrer, deren generelle Einstellung zum Beruf und deren Menschenkenntnis an. Verallgemeinernde Aussagen können dazu definitiv nicht getroffen werden, da sich Lehrer ebenso wie Schüler voneinander unterscheiden.
Je nach Herangehensweise im Beruf kann es durchaus der Fall sein, dass man sich sehr für seine Schüler interessiert und diese auch wirklich kennen lernen könnte, um eine angemessene Beurteilung ihrer Leistungen und Persönlichkeit zu ermöglichen. Leider gibt es auch genügend Fälle von Lehrern, die sich genau dafür nicht zu interessieren scheinen.
Grundsätzlich sollte es Lehrern, die mehr als nur ein halbes Jahr mit ihren Schülern verbringen, durchaus möglich sein, sie ein wenig kennen zu lernen. Dieses Kennenlernen trägt im Umkehrschluss dazu bei, dass die Leistungen oder Nichtleistungen der Schüler im richtigen Licht betrachtet werden können.
Umso länger ein Lehrer mit der entsprechenden Klasse arbeitet, umso besser stehen die Chancen, dass er unterscheiden kann, ob ein Schüler beispielsweise nur eine schlechte Woche hat oder sein Verhalten generell auf eine bestimmte Art und Weise ist.
Aus verschiedenen Gründen sind nicht alle Lehrer dazu fähig. Während meiner eigenen Schulzeit hatte ich Vertreter beider Kategorien als Lehrer. Mit welcher Kategorie Lehrer ich ein besseres Verhältnis hatte und von welcher die Noten meinen Leistungen angemessen waren, sollte offensichtlich sein.
Ich halte insbesondere das Merken von Namen für ein wichtiges Thema, da du, wie gesagt, keinen Einzelfall erlebt hast. Bei uns gab es im vergangenen Schuljahr eben dieses Problem mit dem Mathematik-Lehrer. Mal abgesehen von einem Schüler, bei dem sich die Mutter persönlich beim Lehrer geäußert hat, konnte sich der besagte Lehrer nicht einen Namen merken.
Daraus folgte, dass, obwohl wir in den Klausuren unterschiedlich gut oder schlecht abschnitten sind (die mündliche Note hat keine Rolle gespielt, da der Lehrer wie gesagt niemanden beim Namen nennen konnte), alle dieselbe Note bekommen haben.
Interessanter war dann das zweite Halbjahr, da nun wieder alle mehr oder weniger die gleiche Note bekamen. Spektakulär daran war, dass auch alle die gleiche Begründung zu der Note bekamen, sodass der Lehrer eigentlich auch eine Klassennote hätte verteilen können.
Trotz mehrheitlicher Zufriedenheit im zweiten Halbjahr, gab es für gute Schüler das Problem, dass sie nicht für ihre Leistungen gewürdigt wurden, was zu großer Passivität im Unterricht führte.
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