Wie altmodisch seid ihr innerhalb von Beziehungen?
Meine Eltern sind richtig altmodisch, was Beziehungen angeht, obwohl meine Mutter gerade einmal zwanzig Jahre älter ist, als ich. Für sie war es jedoch schon immer normal, dass mein Vater arbeiten geht, während sie sich um den Haushalt kümmert. Sie kennt das von ihrer Familie nur so.
Ebenso meinte sie noch vor einigen Jahren zu mir, dass sie sich nie scheiden lassen würde, da das in ihrer Familie schon immer als Sünde angesehen wurde. Sie ist auch der Meinung, dass man erst dann zusammenziehen sollte, wenn man verheiratet ist und dass man sich am besten auch erst dann als Paar näher kommen sollte.
Glücklicherweise bin ich da ganz anders und ich bin alles andere als altmodisch. Ich übernehme durchaus auch Restaurantrechnungen und ich muss auch nicht unbedingt heiraten. Wann ich Kinder bekommen möchte, weiß ich auch noch nicht. Noch dazu ist es mir sehr wichtig, dass ich mein eigenes Geld verdiene und nicht abhängig von einem Mann bin. Wie altmodisch seid ihr innerhalb von Beziehungen?
Ich sehe es ähnlich wie du, mich würde es nicht stören, wenn ich zum Beispiel eines Tages den Haushalt und eventuell die Betreuung der Kinder übernehmen würde, wenn meine Frau oder Freundin einen besseren Job hätte. Auch sollte man sich einfach scheiden lassen, wenn man merkt, dass es nichts mehr bringt, sonst lebt man in ewigem Streit und das ist für beide Menschen nicht angenehm.
Meine Eltern hatten auch immer diese sehr konservative Einstellung, dass man erst als Paar zusammen wohnen sollte, wenn man bereits verheiratet ist. Entsprechend keusch sollte man bis dahin auch leben ihrer Meinung nach.
Mir ist das aber so ziemlich egal, denn es ist auch Tradition (gewesen), dass man erst von zu Hause auszieht, wenn man eben verheiratet ist und bis dahin immer in seinem Elternhaus gelebt hat und kein anderes Leben kannte. Diese Tradition habe ich mit 20 gebrochen, als ich wegen dem Studium ausgezogen bin ohne verheiratet zu sein oder einen Freund zu haben.
Ich lebe ja schon praktisch mit meinem Freund zusammen, wobei ich immer zwischen seiner Wohnung und meiner Uni-Stadt pendeln muss. Das stört mich aber nicht weiter. Ich bestehe nicht darauf, dass er romantisch ist oder mir die Tür aufhält oder die Rechnungen bezahlt und bin auch sonst nicht von der alten Schule. Auch Zärtlichkeiten müssen nicht erst nach der Hochzeit sein wie ich finde.
Worauf ich jedoch Wert lege ist, dass erst geheiratet wird bevor man zusammen an der Familienplanung bastelt. Mir ist klar, dass man auch ohne Trauschein eine Familie gründen kann, wobei ich in diesem Punkt aber einen Knacks weg habe. Meine Mutter hat mir mal ins Gesicht gesagt, dass sie mich nur bekommen hat, damit mein Vater sie heiratet. Sie war mit mir nämlich bei der Hochzeit schwanger.
Ich hatte deswegen immer das Gefühl als ob ich nur ein Druckmittel war und mein Vater sie nicht wirklich liebt, sondern sie nur aus Pflichtgefühl geheiratet hat. Wenn mein Freund mich dann heiraten würde nachdem der Schwangerschaftstest positiv ist, hätte ich auch immer das Gefühl, dass er das nicht freiwillig macht und das will ich nicht.
Ich finde den Begriff 'altmodisch' in solchen Zusammenhängen immer relativ schwierig. Denn auch früher gab es schon eine Vielzahl von Beziehungen, die ihrer damaligen Zeit weit voraus waren und eine eher modernere Rollenverteilung aufwiesen. Zudem würde dieser Begriff ja suggerieren, dass es in der heutigen Zeit nicht mehr angebracht ist, wenn diese Rollenverteilung und auch das Verhalten an sich dennoch angewendet wird.
In meiner Beziehung ist es dann auch tatsächlich so, dass meine Frau den Haushalt macht und kocht und sich um die Kinder kümmert. Ich gehe dafür arbeiten und bringe das entsprechende Geld ins Haus, um meiner Familie ein möglichst erfülltes Leben bieten zu können. Am Wochenende oder während des Urlaubs ist es meiner Frau hingegen nicht gestattet, die Mahlzeiten zuzubereiten oder den Besen zu schwingen. Die Küche ist dann mein Einsatzgebiet, da ich selbst sehr gut kochen kann und dies auch gerne tue. Unter der Woche reicht mir nur leider die Zeit nicht dazu.
Meine Partnerin hat auch kein Problem damit, dass momentan nur ich das Geld verdiene. Sie hat viele Jahre ihres Lebens selbst sehr erfolgreich gearbeitet und definiert sich selbst nicht über ihre Karriere, anders als bei vielen anderen Frauen heutzutage. Ihr ist es wichtig, eine Familie und ein glückliches Leben zu haben und mir ebenso. Ich hätte auch kein Problem damit gehabt, wenn sie sich gewünscht hätte, nicht die Rolle der Hausfrau für einige Zeit zu übernehmen.
Genau so wenig hätte ich ein Problem damit, würde sie wieder ihr eigenes Geld verdienen wollen und ich müsste mit meiner Arbeit ein wenig zurücktreten. Das Geld, welches ich verdiene, ist ohnehin unser gemeinsames Geld. Dazu muss gesagt werden, dass sie auch ein Eigenheim mit in die Beziehung gebracht hat, worin wir nun alle mietfrei wohnen können. Es ist also nicht so, dass sie komplett von mir abhängig ist, eher im Gegenteil.
Dass man erst zusammenziehen sollte, wenn man bereits verheiratet ist, halte ich in der heutigen Zeit jedoch für überholt. Früher wurde dieser vermeintliche Anstandsgrund ja aus eigentlich ganz anderen Gründen so gehandhabt. Heute wäre das oftmals schlicht und ergreifend kaum noch zu realisieren, da es gleich einen zehn Mal so hohen Bedarf an Singlewohnungen geben würde. Und das bei der ohnehin herrschenden Wohnungsknappheit.
In gewisser Weise bin ich sicherlich sehr altmodisch. Immerhin bekomme ich jetzt ein Kind, bin verheiratet und möchte mit meinem Partner später vielleicht auch mal in ein kleines Häuschen ziehen. Das ist sicherlich von außen betrachtet altmodisch und spießig.
Dennoch ist unsere Beziehung so, wie ich es mir erträumt habe und da brauche ich auch keine weiteren hundert Männer um das zu wissen. Ich würde aber auch jederzeit gehen, wenn ich unglücklich werde und man nichts mehr machen kann.
Ich kann alles machen was ich will, werden was ich will und dennoch sind wir zusammen. Ich finde es gut, dass wir auf einer Ebene stehen und jeder alles sagen kann. Mir ist es wichtig, dass keiner den anderen dominiert und jeder das machen kann, worauf er Lust hat, wenn man es miteinander bespricht.
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