Warum waren Flüchtlinge früher eher willkommen, als heute?

vom 13.09.2015, 12:51 Uhr

In den 90er Jahren kamen viele vietnamesische Asylsuchende in die Bundesrepublik und vielen wurde das Asyl auch gewährt. Zwar wurden 2000 auch sehr viele wieder nach Vietnam zurückgeschickt, aber grundsätzlich waren die Deutschen offen und haben geholfen. So waren sehr viele Menschen dazu bereit, Geld zu spenden und sich ehrenamtlich zu engagieren. Ausschreitungen und Übergriffe auf Asylheime waren selten bis gar nicht vorhanden. Und in den 50er-70er Jahren war man Flüchtlingen gegenüber auch wohlgesinnt.

Warum aber hat sich das seitdem so geändert? Die Spendenbereitschaft der Menschen ist gesunken und grundsätzlich gibt es sehr viel mehr Proteste gegen die Asylsuchenden. Dabei hat sich doch eigentlich nichts geändert, Deutschland ist nach wie vor auf sie angewiesen. Was hat sich seitdem in den Köpfen der Menschen verändert, warum sind Deutsche Flüchtlingen gegenüber auf einmal feindlicher gesinnt, als dies früher der Fall war?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Europa geht es aktuell nicht so gut und viele Menschen verlieren ihren Job, dazu wird in den Medien immer von leeren Staatskassen gesprochen und die EU ist allgemein ein wenig angeschlagen.

Jetzt kommen aber unkontrolliert viele Menschen hierher und diese benötigen natürlich eine enorme Menge an Hilfsgeldern für Bildung, medizinische Versorgung und natürlich für die Unterkunft. Die Flüchtlinge leben einige Zeit vom Staat und irgendwann werden sie hoffentlich einen Job finden und das passt natürlich den einheimischen, arbeitslosen Menschen nicht, da sie befürchten, dass die Flüchtlinge die verbliebenen Jobs alle besetzen werden.

Nicht zuletzt vermittelt natürlich auch die Terrorgruppe IS ein gewaltsames Bild vom muslimischen Glauben und die Menschen glauben, alle muslimisch gläubigen Menschen seien aggressiv oder befürworten den Terror. Ich glaube, es ist eine Mischung aus allen diesen Faktoren und die Angst vor der Zukunft, was alles noch passieren wird.

Würde die Regierung sagen, so wir nehmen nur noch fünftausend Flüchtlinge auf und danach ist fertig, dann würden sicher viele Menschen weniger negativ auf die Flüchtlingswelle reagieren, weil sie wissen, was genau passieren wird.

» Bascolo » Beiträge: 3586 » Talkpoints: 0,29 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


In den 1990-er Jahren sollen Flüchtlinge willkommen gewesen sein? Irgendwie habe ich in dieser Zeit wohl auf einem anderen Stern gelebt. In Hoyerswerda wurden nicht Unterkünfte geräumt, weil Rechtsextreme die Unterkünfte mit Molotow-Cocktails angegriffen haben?

Die Unruhen mit Schlagstöcken und Baseballschläger in Lichtenhagen waren wohl nur zum Schutz der Flüchtlinge gedacht? Solingen war ein Freudenfeuer bei dem bedauerlicherweise 5 Menschen ihr Leben lassen mussten und 17 schwer verletzt worden sind? In Mölln starben ebenfalls Menschen bei Brandanschlägen.

1991 gab es 1.483 rechtsextreme Übergriffe, 1992 waren es sogar 2.584. Danach kann man immer von etwa 1.500 Angriffen pro Jahr ausgehen, das hält bis zur Jahrtausendwende an. Sehr viele Menschen wurden schwer verletzt oder getötet. Dagegen sind die 140 Übergriffe aus dem letzten Jahr geradezu Kinderkacke.

» cooper75 » Beiträge: 13381 » Talkpoints: 510,47 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Könnten wir das ewige "Früher war alles besser" nicht irgendwann mal sein lassen? Ich war in den 90ern auch schon zu kritischem Denken fähig und hatte damals absolut nicht den Eindruck, dass Flüchtlinge und Asylsuchende mit offenen Armen empfangen oder auch nur marginal besser behandelt, respektiert, untergebracht und versorgt wurden als heutzutage. Auch von Spendenaufrufen und Zusammenschlüssen von freiwilligen Helferlein war vor 20 Jahren noch nicht viel zu merken. Zusammengeschlossen hat sich damals vor allem das braune Pack, stillschweigend toleriert bzw. aktiv unterstützt von vielen braven Bürgern.

Heute können sich schon auf Grund der Verbreitung moderner Medien nicht nur der Abschaum, sondern auch die vielen anständigen und hilfsbereiten Menschen viel besser organisieren und Flüchtlinge und Asylbewerber zumindest halbwegs anständig aufnehmen und verwalten. Der Ansturm ist (oder wirkt?) gerade natürlich viel größer und bedrohlicher, was wiederum auch an der Berichterstattung liegt. Ich finde, dass angesichts der aktuellen Lage weite Teile der Bevölkerung doch eher engagiert und entschlossen versuchen, mit der Gesamtsituation fertig zu werden. Ich jedenfalls kann mich nicht erinnern, dass sich vor 20+ Jahren wirklich jemand das Bein für ein paar Bosnier ausgerissen hat.

» Gerbera » Beiträge: 11319 » Talkpoints: 49,61 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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