Wie dramatisch wäre ein Bevölkerungsschwund?

vom 24.08.2015, 17:58 Uhr

Es vergeht ja kaum ein Tag, wo in Deutschland nicht herum gejammert, dass die Bevölkerungszahlen wohl rückläufig wären. Aber irgendwie verstehe ich diese ganze Hysterie nicht so wirklich. Was wäre denn so schlimm daran, wenn in Deutschland in zwanzig Jahren vielleicht 3 Millionen Menschen weniger leben würden?

In Österreich und der Schweiz klappt es doch mit ihren etwas über 8 Millionen Einwohnern auch ganz gut. Welche Meinung habt ihr denn dazu und welche Dramatik messt ihr der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bei?

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Es ist doch ganz einfach so, dass die ganze Wirtschaft und Infrastruktur auf eine gewisse Bevölkerungszahl ausgelegt ist. Ein Vergleich mit anderen Ländern ist deshalb irgendwie sinnlos.

Wir haben schon heute Regionen, in denen es Vollbeschäftigung gibt. Das heißt, dass es für einige Unternehmen dort sehr schwer ist, neue Arbeitskräfte zu finden. Ein Bevölkerungsrückgang könnte diesen Trend regional verschärfen. Großstädte sind davon zunächst weniger betroffen, sondern eher die ländlichen Regionen, wo man aber auch häufig große Industriebetriebe mit entsprechendem Bedarf an Arbeitskräften findet.

Problematisch ist auch nicht nur der Bevölkerungsschwund an sich, sondern eine drohende Überalterung der Gesellschaft. Dadurch stehen noch weniger Arbeitskräfte zur Verfügung. Auf der anderen Seite wird gerade im Gesundheitswesen mehr Arbeitskräfte benötigt.

Insgesamt bedeutet ein Bevölkerungsschwund eine schrumpfende Wirtschaft. Auch wenn die Produktivität in einigen Bereichen steigt, kann das nicht ganz den Schwund an Arbeitskräften ausgleichen. Außerdem sinkt mit der Bevölkerungszahl auch der Konsum, was auch zu einer schrumpfenden Wirtschaft beiträgt.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Das ganze Rentensystem ist doch darauf aufgebaut, dass immer neue Zahler nachkommen. Das, was ich heute gezwungen bin zu bezahlen wird ja nicht auf einem Konto angelegt und an mich ausbezahlt wenn ich in Rente gehe. Der Staat gibt dieses Geld direkt aus und hofft dann praktisch darauf, dass es später immer noch genug Leute geben wird, die Geld zahlen, so, dass ich zumindest einen Teil dessen, was mir jetzt abgezogen wird, wieder bekomme.

Ganz generell ist ein Bevölkerungsschwund natürlich zu begrüßen, denn mehr Menschen braucht nun wirklich niemand. Einige Regionen sind oder werden durch den Klimawandel, Kriege und so weiter für den größten Teil der Bevölkerung unbewohnbar, da macht es doch mehr Sinn, wenn wir uns erst mal um diese Menschen kümmern anstatt für mehr Fortpflanzung zu werben.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Natürlich ist das dramatisch, weil das Land gar nicht darauf vorbereitet ist. In dem Fall müsste das ganze Renten- und Sozialsystem anders strukturiert und organisiert werden, was aber immer noch nicht der Fall ist und es ist nicht mal in Sicht, dass das jemals geändert werden soll.

Die Wirtschaft wird dadurch geschwächt und die Renten- und Krankensysteme werden überlastet. Also langfristig betrachtet, würde das den Kollaps bedeuten.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Olly173 hat geschrieben:... das ganze Renten- und Sozialsystem anders strukturiert und organisiert werden ... die Renten- und Krankensysteme werden überlastet ... langfristig betrachtet, würde das den Kollaps bedeuten.

Wieso das denn? Diese Argumente überzeugen mich jetzt nicht wirklich. Warum sollte denn ein Renten- und Krankensystem nicht auch locker mit 75 Millionen Einwohnern durchführbar sein? Was da jetzt einen schlimmen Kollaps herbeiführen soll würde mich schon mal etwas näher interessieren.

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


@mikado: Wenn wir 3 Millionen Menschen weniger haben, dann haben wir diese 3 Millionen weniger weder homogen über alle Altersklassen verteilt, noch sind plötzlich unglaublich viele Senioren verstorben. Die meisten Menschen in Deutschland sind gerade Anfang 50. Danach wird es deutlich dünner, es leben halb so wenig Säuglinge im Land wie etwa 50-jährige, eine deutliche Abnahme der Menge haben wir ungefähr im Alter von 40 Jahren.

Wenn man jetzt 20 Jahre weiter denkt, dann beginnen die heutigen Säuglinge gerade erst ihre berufliche Karriere oder die studieren noch. Dann sind aber die großen Massen der heute 40 bis 60 Jahre alten Menschen immer noch da. Sie brauchen Rente und sie brauchen eine gesundheitliche Versorgung. Das müssen dann vergleichsweise wenige Menschen mit ihrem Einkommen stemmen.

Der nächste Haken ist das Lebensumfeld, wobei es ziemlich egal ist, ob man sich auf dem Land oder in einer "sterbenden" Stadt befindet. Ich lebe in einer schrumpfenden Großstadt, hier sind ganze Straßenzüge abgerissen worden, weil die Häuser leer standen. Aber auch in meiner Straße läuft es nicht rund, dabei ist das eine große Hauptverkehrsstraße.

Hier stehen immer mehr Wohnungen leer, teilweise sind ganze Häuser unbewohnt und verrotten. Entsprechend hat sich das Umfeld entwickelt. Unser Supermarkt hat geschlossen, der Fahrradladen ist zu, den Imbiss gibt es nicht mehr, drei Kneipen stehen leer. Die Änderungsschneiderei, das Schuhgeschäft, der Bekleidungsladen, ein kleiner Lebensmittelhändler, das Schreibwarengeschäft und noch viele andere sind zu. Die Ladenlokale stehen leer. Das führt dazu, dass die Anwohner wegziehen, wenn sie nur können, neue Mieter oder Käufer findet man nicht.

In Dörfern ist es noch schlimmer. Ohne Auto ist man aufgeschmissen, wer zu alt zum Fahren ist, der hat Pech gehabt. Das Haus lässt sich nicht verkaufen, schließlich möchte niemand dahin. Keine Jobs, kein Kindergarten, keine Grundschule, kein Bäcker oder Metzger, kein Dorfladen: Das macht einen Ort nicht attraktiv.

» cooper75 » Beiträge: 13432 » Talkpoints: 519,92 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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