Leidensdruck für Angehörige eines Kriminellen

vom 11.08.2015, 17:34 Uhr

Hier im Ort gibt es eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Kriminellen. Sicher ist es für die Angehörigen nicht einfach damit zu leben. Auch werden sie wahrscheinlich von vielen Menschen einfach verachtet. Ein paar Straßen weiter wohnt eine Frau, die einen Sohn hat, der ein kleines Mädchen belästigt hat. Die Frau wird von vielen aus der Nachbarschaft einfach ignoriert oder verachtet.

Wie findet ihr es, wenn man Angehörige für die Straftat eines Familienmitglieds bestraft? Denkt ihr, dass eine Mutter einfach damit leben muss, weil sie Mitschuld trifft, weil sie das Kind erzogen hat oder denkt ihr, dass man Angehörige das nicht spüren lassen sollte? Wie würdet ihr Angehörigen von Straftätern und Kriminellen begegnen?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Die Frau in dem konkret geschilderten Fall tut mir zunächst mal wahnsinnig leid. Sie kann doch nichts für das, was ihr Sohn getan hat! Ich meine, sie wird ihn wohl kaum so erzogen haben, dass es komplett in Ordnung wäre, kleine Mädchen zu belästigen. Wenn der Sohn eine entsprechende Störung hat, ist das eine schlimme Sache, aber dafür kann ja die Mutter nichts.

Anders sieht die Sache aus, wenn es um Straftaten geht, die mehr oder weniger direkt durch die Erziehung in der Familie verursacht wurden. Es gibt ja zum Beispiel durchaus Haushalte, in denen das Ablehnen von Menschen mit anderen Lebensentwürfen oder auch nur einer anderen Herkunft von den Eltern vorgelebt wird. Wenn das Kind einer solchen Familie einschlägig straffällig wird, trägt ganz selbstverständlich die Familie einen großen Teil der Verantwortung. Zumindest moralisch. Strafrechtlich ist natürlich immer nur der Täter selbst verantwortlich, und ich finde auch, das ist gut so.

Ich würde die Angehörigen einer straffällig gewordenen Person genau so behandeln wie andere Menschen auch. Wenn es nette Leute sind, wäre ich auch freundlich.

» arril » Beiträge: 739 » Talkpoints: 10,78 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Eine Bekannte von mir hat sich vor Jahren von ihrem Ehemann scheiden lassen, weil er sie wohl betrogen und geschlagen haben soll. Ihre Kinder waren damals 6 (die Tochter) und 3 (der Sohn).

Der Mann kam irgendwann ins Gefängnis, weil er wohl pädophil ist und sich an irgendwelchen Mädchen vergriffen haben soll, auch an seiner Stieftochter. Sein Sohn von der ersten Frau hatte deswegen ziemlich zu leiden. Er wurde teilweise von den Nachbarskindern auf der Straße zusammen geschlagen als er ein Teenager war.

Dabei hatte er kaum Kontakt zu seinem Vater, will selbst nichts mit ihm zu tun haben und erinnert sich wegen seiner 3 Jahre bei der Scheidung kaum an ihn. Was kann also der Sohn dafür, dass der Vater so ein Vollidiot ist? Ich finde gar nichts. Mittlerweile ist der Junge 17 und ich hoffe, dass es mittlerweile nicht mehr so schlimm ist wie früher.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Angehörige von Tätern leiden meistens sehr unter der sozialen Ausgrenzung und auch der Ächtung der Menschen. Man erwartet immer, dass Angehörige hätten etwas verhindern können und dann macht man ihnen Vorwürfe, wobei ein Mensch meiner Meinung nach immer selber entscheidet, was er wann macht und wenn ein Täter zum Täter wird, hat das nicht immer etwas mit der Familie zu tun. Ich finde diese Bestrafung der Angehörigen wirklich traurig und auch nicht besonders weitsichtig.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Das kommt immer darauf an. Wenn jemand extremistisch denkt und handelt, weil die Eltern ihn so erzogen haben und Hass und Ablehnung von Kindheit an geschürt haben und es dann zu einer passenden Straftet kommt, dann wäre ich mit den Eltern auch wenig nachsichtig. Denn man hätte sein Kind ja auch toleranter erziehen können. Aber ich denke nicht, dass man da pauschal verurteilen sollte, denn nicht jeder junge Extremist kommt auch aus einem solchen Elternhaus. Das Umfeld und Freunde prägen ja auch.

Verachtenswert finde ich beispielsweise Eltern, die ihre Kinder gezielt für eine kriminelle Karriere abrichten. Auch das gibt es. Man hört ja in letzter Zeit zum Beispiel immer mehr von Kinderbanden, die im noch nicht strafmündigen Alter von ihren Eltern zu den Tatorten gebracht werden. Und so etwas darf man ruhig verachten, dass das halte ich für eine perfide Form der Kindesmisshandlung. Zu solchen Leuten würde ich mein Kind keinen Kontakt haben lassen und so leid es mir für deren Kinder tut, die ja auch nur Opfer sind, zu denen würde ich meine Kinder auch keinen Kontakt haben lassen.

Im Fall, der im Startbeitrag geschildert wurde, kann es theoretisch durchaus eine Vorgeschichte geben, die diejenigen kennen, die sie missachten. Es gibt ja immer wieder Fälle, dass gerade Sexualtäter in der eigenen Kindheit selbst Opfer von Perversen wurden. Ich kenne die Dame natürlich nicht. Aber mal einfach fiktiv angenommen, dass sie ihren eigenen Sohn nicht richtig vor so einem Täter beschützt hat, aus Liebe zum Partner zum Beispiel?

In dem Fall wäre es durchaus nachvollziehbar, wenn die Nachbarschaft mit Verachtung sagt, sie hätte ihren Sohn vor so einem Schicksal behüten können, wenn sie damals dem damaligen Täter zum Teufel geschickt hätte. Aber wie gesagt, das ist reine Spekulation. Aber in so einem fiktiven Fall könnte ich die Verachtung durchaus nachvollziehen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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