Übernehmen Schauspieler Eigenschaften ihrer Rolle?

Schauspieler spielen oft in Rollen die nicht wirklich zu ihnen passen. Das heißt sie müssen sich in eine fiktive Persönlichkeit hinein versetzen. Ich stelle mir das ganze ziemlich kurios vor, denn dann hat man ja zwei Persönlichkeiten im Kopf. Einmal wie man selber wirklich ist, und dann noch die Rolle die man spielt. Wenn man jetzt in längeren Serien mitspielt, übernimmt man dann auch die Eigenschaften der Rolle ein wenig in die richtige Welt?

Ich meine es kommt ja sehr oft vor das diese Rollen aus Serien eine gewisse Eigenart besitzen. Verhaltensmuster wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten und auch Gewohnheiten. Quasi sind es richtige Lebewesen mit ihrer eigenen Art. Wenn diese Rolle im Film, einen schlechten Charakter besitzt und viel schreit, und man diese Rolle über einen langen Zeitraum spielen muss, vielleicht ist der Schauspieler dann auch im wirklichen Leben lauter als normal, zum Beispiel während eines Streites. Ich meine die Schauspieler werden ja täglich bei der Arbeit in diese Rolle hinein versetzt, ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass einige dieser spezifischen Eigenschaften übernommen werden könnten.

Denkt ihr ein Schauspieler übernimmt die Eigenschaften ihrer Rolle? Und wie stark würde sich das dann auch tatsächlich äußern, wären es nur kleine Gesten oder doch gleich ein Stück weit Charakter von der Rolle? Wenn es so wäre, würde es jemand aus dem nahen Umfeld des Schauspielers bemerken?

Ich hatte oft das Gefühl, dass sich viele selbst spielen. Wenn ich vorher einen Film mit einem Schauspieler sah, dann dachte ich oft, dass der aber gute Grimassen und Bewegungen drauf hatte. Später in einem Fernsehinterview merkte ich dann, dass er dort genau die gleichen Artikulationen hatte. Ich glaube einfach, dass diese vom Privatleben kommen und im Film nicht ganz abgeschaltet werden können. Schauspieler sind eigentlich nur Menschen wie Du und ich.

Ein Schauspieler kann sich ja schon ziemlich oft die Rolle aussuchen und deswegen wird er sicherlich keine Rolle aussuchen, die er nicht zu spielen weiß, weil er so eben nicht ist. Zumindest ein kleines bisschen muss man so sein, wie die Rolle. Ansonsten kann ich mir schon vorstellen, dass man nach vielen Stunden Dreh einfach nicht so leicht abschalten kann und Teile der Rolle auch mit nach Hause nehmen wird.

Ich glaube nicht, dass die Schauspieler Eigenschaften ihrer Rollen übernehmen. Man muss ja auch beachten, dass Schauspieler oft mehrere ganz unterschiedliche Rollen übernehmen, die sich gegenseitig vielleicht auch widersprechen. Die Schauspielerei ist nur eine Rolle und man muss es ganz klar von dem realen Leben unterscheiden. Ich denke, das ist jedem Schauspieler klar und er kann sich, sobald Drehpause ist oder er wieder zu Hause ist, dann auch wieder von der Rolle lösen. Um eine Rolle gut zu verkörpern ist es andererseits aber natürlich auch wichtig, dass er sich wirklich in die Rolle hinein füllt. Aber ich kann mir trotzdem schwer vorstellen, dass ein Schauspieler sich so extrem in eine Rolle hinein versetzt, dass er Eigenschaften übernimmt.

Ich glaube, dass es, wenn es Übereinstimmungen zwischen Rolle und Schauspieler gibt, es sich um Eigenschaften handelt, die schon vorher vorhanden waren. Beispielsweise hat die Hauptdarstellerin von „Rubinrot“, Maria Erich, in mehreren Interviews erwähnt, dass sie genauso tollpatschig ist, wie ihre zu spielende Figur in „Rubinrot“. Aber das ist eine Eigenschaft, die sicher nicht durch ihre Rolle gekommen ist, sondern die sie schon vorher hatte.

Ich denke, wenn ein Schauspieler eine Eigenschaft seiner Rolle übernimmt, dann geschieht das sowieso nur bei Schauspielern in Serien, die ihre Rolle über Jahre spielen und nicht nur für ein paar Wochen, um einen Film abzudrehen. Wobei ich es mir auch hier wirklich nur schwer vorstellen kann. Jedem ist doch bewusst, dass es sich nur um Schauspielerei handelt.

Grundsätzlich sollte die Rolle schon etwas zum Schauspieler passen. Marianne Sägebrecht kann ich mir wohl kaum als Ballerina vorstellen und Dieter Hallervorden wäre sicher nie ein zweiter Rambo geworden.

Aber Charlie Sheen war doch die Idealbesetzung in Two and a half men weil er faktisch nur sich selber spielen musste. Inzwischen sieht es doch so aus, dass man die Filmrollen dem Schauspieler anpasst, was ich auch irgendwie logisch finde. Jeder Mensch hat gewisse Eigenschaften, die ihn auszeichnen und die er eben besser darstellen kann als andere.

Für eine Million Euro oder noch wesentlich mehr könnte ich mich sicher auch etwas besser in die Rolle eines anderen Menschen hineinversetzen.

Ich glaube weniger, dass Schauspieler Eigenschaften ihrer Rolle übernehmen. Zumindest nicht in großem Maße auf Dauer. Ich denke eher, dass der Schauspieler der Rolle seinen eigenen Charme aufdrückt. Man denke dabei an den ruhigen Kevin Costner. Oder an den total überdrehten Jim Carrey in so gut wie all seinen Rollen. Der Charakter der Schauspieler bringt den gespielten Charakter sicher nochmal in eine andere Richtung als das, was das ursprüngliche Script vorgesehen hat.

Allerdings gibt es offenbar auch die Beispiele, wo Schauspieler sich von ihren Rollen verfolgt fühlen. Einige wollen keine Bösewichtige mehr spielen, andere wollen kein ewiger Saubermann und Herzensbrecher mehr sein. Aber ich denke das hat wohl mehr mit Abwechslung im Beruf zu tun und weniger damit, dass sie von ihren Rollen beeinflusst werden.

Bei langjährigen Soap-Darstellern kann ich das allerdings nicht beurteilen. Schwer zu sagen, was in den Menschen wirklich vor geht.