Schauspieler wegen seiner Rolle hassen?

Ich sah gerade einen kurzen Bericht zu 10 Fakten über die Serie Game of Thrones, die sich ja sehr großer Beliebtheit erfreut. Dort wurde dann auch an einer Stelle erwähnt, dass Jack Gleeson, der Darsteller von Joffrey Baratheon, einem ziemlich sadistischen, rücksichtslosen Königssohn, es wohl ziemlich schwer im Leben haben soll weil er diese Rolle so überzeugend gespielt hat. So soll er wegen der glaubwürdigen Darstellung Anfeindungen und Hasstiraden von Fans der Serie ausgeliefert sein. Es soll sogar so schlimm sein, dass er die Schauspielerei erst einmal an den Nagel hängen möchte und sich erst einmal nur auf ein Studium konzentrieren will, wobei er zur Zeit auch eine Promotion anstrebt.

Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht so ganz, was ich davon glauben soll. Ich meine, stimmt das jetzt wirklich oder wird das nur so dargestellt um in die Medien zu kommen? Es ist doch nur eine Rolle, die ein guter Schauspieler eben sehr überzeugend gespielt hat. Ich gebe zu, dass ich von dem Charakter des Joffrey auch nicht unbedingt begeistert war und ich den Typen einfach nur abartig und geistesgestört finde, aber das hat doch nichts mit dem Schauspieler und dessen Persönlichkeit zu tun wie ich finde.

Wie seht ihr das? Könnt ihr verstehen, wenn Schauspieler wegen gut gespielter Rollen in irgendwelche Vorurteile gepackt und dadurch gehasst und verurteilt werden?

Wenn man bedenkt, wie übertrieben positiv viele Menschen auf Schauspieler aufgrund einer guten Rolle reagieren, kann ich mir solche Reaktionen schon vorstellen. Persönlich finde ich es schwachsinnig, aber ich halte es für glaubhaft. Wenn jemand eine romantische Rolle gespielt hat, wird er für sensibel gehalten. Also warum sollten die Leute bei einer sadistischen Rolle mehr differenzieren können.

Von solchen unlogischen Reaktionen abgesehen, stelle ich es mir auch schwierig vor, dem Schauspieler so kurz nach seiner Rolle als Joffrey einen verliebten Highschool-Jungen abzunehmen. Man hätte halt immer Joffrey vor Augen und könnte das nicht abstellen. Daher finde ich eine längere Pause nachvollziehbar. Das ging anderen Schauspielern auch schon so. Auch mit positiven Rollen, nach denen man ihnen den Schurken nicht abkaufte.

Produktionsfirmen gehen dieses Risiko auch sicherlich nicht gerne ein. Daher bleiben viel Schauspieler in dieser Schublade, wenn sie eine große, überzeugende Rolle in eine Richtung hatten und spielen dann immer wieder ähnliche Rollen, weil sie andere einfach gar nicht angeboten bekommen.

Mir ging es nur mal unterbewusst so. Vielleicht erinnern sich hier einige an den Film "Das Geisterhaus" nach Isabell Allende. Da gab es einen jungen Mann, der ein kleines Mädchen sexuell missbrauchte und auch ansonsten sehr unangenehm war. Ich kannte weder Namen noch andere Rollen dieses Schauspielers.

Irgendwann habe ich mal eine Wrangler-Werbung gesehen, in der ein junger Mann auf einem Pferd durch eine Stadt ritt. Vollkommen harmlos, aber der Mann war mir so unsäglich unsympathisch, obwohl ich nicht wusste wieso. Irgendwann habe ich ihn dann als diesen Widerling aus "Das Geisterhaus" wiedererkannt, was meine Abneigung natürlich erklärte.

Es gibt einfach die geborenen Bösewichte, die ihre Rolle viel zu überzeugend spielen. Da waren die alten Western einfach klasse. Hier gab es immer noch eine schöne Unterteilung in Gut und Böse und der Gute hat mit seinem Schießeisen alles klar gemacht.

Ein anderer Fall sind die Schauspieler während der Nazizeit. Hier habe sicher nicht nur ich Vorbehalte gegenüber denjenigen, die ihre Rolle etwas zu überzeugend gespielt haben.

Ohne den Text gelesen zu haben, galt beim Lesen der Überschrift mein erster Gedanke tatsächlich dem Darsteller von Joffrey Baratheon.

Es gibt mit Sicherheit mehr als genug Leute da draußen, die Realität und Fiktion nur schwer bis gar nicht voneinander unterscheiden können und einem Schauspieler auf Grund seiner Rolle bestimmte Charakterzüge unterstellen, was dann dazu führt, dass sie ihn nicht ausstehen können.

Ich für meinen Teil muss zugeben, dass es mir auch schon passiert ist, dass ich jemandes Gesicht mit einer bestimmten Rolle assoziiert habe und deshalb erst einmal total abgeneigt war, bis ich mir dann wieder ins Gedächtnis gerufen habe, dass es nur der Schauspieler ist, der mit der verhassten Rolle gar nichts zu tun hat.

Gerade im Fall des Darstellers von Joffrey kann ich gut nachvollziehen, dass so etwas passiert. Er hat die Rolle des Joffrey ziemlich genial gespielt und hat überdies auch ein Äußeres, das auffällt. Mir als Zuschauer hat Joffrey so manches Mal die Wut in den Kopf getrieben und Emotionen geweckt, die nicht nett waren.

Da ich den Schauspieler auch nur in der Rolle Joffreys kannte, war mein Hirn schnell darauf eingestellt, "ihn" zu sehen und wütend zu werden - ohne, dass Joffrey tatsächlich gerade etwas angestellt hatte. Das war einfach miteinander verknüpft. Als ich den Schauspieler dann mal außerhalb seiner Rolle gesehen hab, schaltete mein Hirn auch wieder sofort auf die inzwischen Angewohnheit Aggression.

Das war aber nur in den ersten Momenten so. Danach wird einem schnell wieder deutlich, dass es sich um unterschiedliche Charaktere handelt. Ich glaube, Leute denen der Unterschied von Rolle und Darsteller nicht klar ist, haben noch ganz andere Probleme in der Welt.

Wow, wie krass. Obwohl der gespielte Charakter natürlich nur gehasst werden kann, finde ich es für den Schauspieler um so erstaunlicher, dass er so eine Rolle gespielt und solche Emotionen hervorrufen kann. Nicht verstehen kann ich allerdings, das es Menschen gibt, die nicht verstehen, was Schauspielerei genau bedeutet und die von einer Rolle Rückschlüsse auf die Person selbst ziehen.

Wer hätte denn sonst diese Rolle spielen sollen? Einer wäre ja immer der Dumme gewesen. Und die Rolle wegzulassen wäre auch schlecht gewesen, gute Stories brauchen solche Bösewichte. Genau solche Dinge machen doch die Spannung und die Emotion von Filmen und Serien aus.