Vergleich zwischen Griechenland und Ukraine in den Medien

vom 07.07.2015, 18:46 Uhr

Wie schon im Fall der Ukraine hat sich die Medienlandschaft hierzulande im Fall Griechenland auch eine simple schwarz-weiße Sicht zugelegt. Es gab in der Ukraine immer die "Guten", welche für den Westen, die Freiheit und Demokratie eingetreten sind (also die, die sich positiv auf die Zusammenarbeit mit der Wehrmacht beziehen, Grenzfragen zu Polen für ungeklärt halten, Russen internieren wollen und sich Faschisten zu Vorbilder nehmen und denen Denkmäler setzen) und auf der anderen Seite Antidemokraten und Anhänger einer Diktatur die aus Russland gesteuert werden sollte. Und schon war die Welt einfach zu erklären, wenn es auch keine "Beweisführung" dafür gibt, dass das alles so stimmt bzw. das eigentlich die Guten hier einen Putsch gegen einen gewählten Präsidenten durchgeführt hatten. Ebenso spricht heute niemand mehr von dem Massaker, welches vermutlich diese "Demokraten" veranlasst hatten, um Stimmung zu machen.

Jetzt in Griechenland ist die Schuldfrage klar und die linke Regierung ist von Beginn an das Feindbild Nummer 1. So als wenn alle Probleme nur an der (gewählten) Regierung festgemacht werden könnten. Das Ziel scheint zu sein, hier eine Regierung installieren zu wollen, welche die Vorgaben aus Deutschland und Brüssel zum einen abnickt und zum anderen durchführt. Unabhängig von Folgen und Erfolgen. Es gibt praktisch keine Diskussionen um Positionen der Griechischen Vertreter. Kein Mensch weiß hier, was deren Vorschläge und Angebote sind. Vielmehr heißt es einhellig, dass die "Wahnsinnigen" in Athen unannehmbare Forderungen stellen und sich nicht mit den Gläubigern einigen wollen.

Die Frage: haben denn nicht wenigstens die öffentlich-rechtlichen Anstalten aus den Fehlern in der Ukraine gelernt? Immerhin gab es dort - auf Grund der einseitigen/parteiischen und teilweise falschen "Berichterstattung" massive Kritik. Gerade was z.B. die Aufklärungsarbeiten des Abschusses des Flugzeugs MH17 angeht. Und jetzt gibt es wieder im Grunde nur Presseerklärungen der Bundesregierung? Ohne dass Journalisten selbst die Dinge hinterfragen?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Es gab in der Ukraine immer die "Guten", welche für den Westen, die Freiheit und Demokratie eingetreten sind (also die, die sich positiv auf die Zusammenarbeit mit der Wehrmacht beziehen, Grenzfragen zu Polen für ungeklärt halten, Russen internieren wollen und sich Faschisten zu Vorbilder nehmen und denen Denkmäler setzen) und auf der anderen Seite Antidemokraten und Anhänger einer Diktatur die aus Russland gesteuert werden sollte.

Also ich glaube kaum, dass Russland ein Unschuldslamm ist, was Menschenrechte angeht. Davon abgesehen ist die Ukraine ein unabhängiger Staat. Und einen unabhängigen Staat darf man nicht einfach so besetzen, weil er sich an andere Staaten politisch annähern möchte. Egal, welche Ideologie vielleicht einige Politiker dieses Landes vertreten.

Natürlich mag es eine russische Minderheit geben, die sich nicht an den Westen annähern möchte. Aber in solchen Fällen gibt es durchaus friedliche Möglichkeiten, einen Konflikt zu lösen. Der wurde allerdings so wie es aussieht von beiden Seiten nicht gewünscht.

Wenn man Schwarz-Weiß-Denken kritisieren möchte, sollte man vielleicht nicht gerade mit der selben Denkweise argumentieren.

Jetzt in Griechenland ist die Schuldfrage klar und die linke Regierung ist von Beginn an das Feindbild Nummer 1.

Ich sehe gar nicht, wo da die Schuldfrage klar sein soll. Im Grunde geht es um Versäumnisse, die sich über Jahrzehnte angehäuft haben und jetzt zu einem großen Ausbruch führen. Sicherlich wurde es auch auf EU-Seite versäumt, schneller einzugreifen.

Genau genommen hätte Griechenland nie in den Euro aufgenommen werden dürfen. Und ganz streng genommen hätte es nie einen Euro geben dürfen, weil fast kein Land die Kriterien erfüllt hat. Das gilt auch für Deutschland. Womöglich hätte es ohne Euro in Griechenland schon vor einigen Jahren so richtig gekracht, allerdings nicht in Form einer Schuldenkrise, sondern durch eine massive Inflation. Womöglich wäre das sogar besser für die Griechen gewesen. Ich denke aber, dass die Auswirkungen ähnlich gewesen wären.

Davon abgesehen halte ich die Berichterstattung in diesem Fall nicht wirklich einseitig. Es kann aber auch sein, dass ich die Meinungen ignoriere.

Die Frage: haben denn nicht wenigstens die öffentlich-rechtlichen Anstalten aus den Fehlern in der Ukraine gelernt?

Ich halte es für unheimlich schwierig, eine wirklich objektive Berichterstattung zu realisieren. Dafür ist die Lage einfach zu komplex. Und hinter der Berichterstattung stecken auch nur Menschen.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ukraine und Griechenland kann man so sicher nicht vergleichen. Die Einverleibung der Krim war wohl sicher nicht gerade ein freundlicher Akt und die Streitereien im Osten der Ukraine werden sicher von Russland gesteuert. Hätte Österreich sich Südtirol und Deutschland Eupen angeeignet, wo auch entsprechende Minderheiten gelebt hätten, wären die Vergleiche mit der Nazizeit nicht weit gewesen, aber wer unbedingt meint, in Zukunft müssten Konflikte in Europa wieder mit Waffengewalt geregelt werden, darf von mir aus gerne solche Ansichten verbreiten.

Griechenland hat bisher niemanden annektiert, sondern versucht nun den Rest der EU zu erpressen. Hätten in anderen Ländern auch Volksabstimmungen zu dem Thema stattgefunden, müssten sicher zumindest einige Regierungen sogar dieses Angebot zurückziehen und es gäbe auch von der Seite her keine Verhandlungsmöglichkeit mehr. Nur mal so als kleiner Tipp an die Volksabstimmungsbefürworter.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Mir ist es gar nicht um den direkten Vergleich der Situationen in der Ukraine und in Griechenland gegangen, sondern um die jeweilige Darstellung in den Medien. So ist sowohl in der Ukraine als auch in Griechenland der Tenor über wirklich alle Medien hinweg gleich gewesen. Es war immer sehr schnell der "Schuldige" ausgemacht und das war auch im Irak so oder in Serbien oder Libyen - und in keinem Fall hat das die Situation beruhigt. Ebnen sowenig die jeweiligen "humanitären Interventionen".

Juri1877 hat geschrieben:Die Einverleibung der Krim war wohl sicher nicht gerade ein freundlicher Akt und die Streitereien im Osten der Ukraine werden sicher von Russland gesteuert.

Zum einen fand KEINE Annexion statt. Die läuft definitiv anders ab und soweit ich mich erinnere, sind keine russischen Soldaten einmarschiert! Dann vergessen wir immer, wieso die Krim überhaupt zur Ukraine gehört: die wurde von Nikita Sergejewitsch Chruschtschow in den 60er Jahren per Dekret an die Ukraine gegeben - aber eben nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Sowjetunion sich einmal auflösen würde. Wo ist denn hier die Rechtmäßigkeit dieser Grenzverschiebung?

Hätte Chruschtschow dies auch getan, wenn die Auflösung der UdSSR vorherzusehen gewesen wäre? Und was die Ostukraine angeht: das ist genau das Ergebnis der einseitigen Berichterstattung! Niemand kann sich wohl vorstellen, dass hier wirklich große Teile der Bevölkerung nicht mehr an der verarmten Ukraine hängen und tatsächlich die Loslösung wünscht? Ein Eingriff wie z.B. im Kosovo bzw. im ehemaligen Jugoslawien durch die Nato bzw. die BRD sieht jedenfalls deutlich anders aus.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:Zum einen fand KEINE Annexion statt. Die läuft definitiv anders ab und soweit ich mich erinnere, sind keine russischen Soldaten einmarschiert!

Da hat Putin etwas anderes erzählt.

derpunkt hat geschrieben:Dann vergessen wir immer, wieso die Krim überhaupt zur Ukraine gehört: die wurde von Nikita Sergejewitsch Chruschtschow in den 60er Jahren per Dekret an die Ukraine gegeben - aber eben nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Sowjetunion sich einmal auflösen würde. Wo ist denn hier die Rechtmäßigkeit dieser Grenzverschiebung?

Dann hätte ich auch gerne die deutschen Ostgebiete wieder von euch und zwar insbesondere das Gebiet um Kaliningrad.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 08.07.2015, 00:11, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

@Juri1877: Hier sind dann wohl ein paar Dinge durcheinander gekommen. Es ist kein Soldat in die Ukraine beordert worden. Auch gab es keine Invasion. Die Truppen auf der Krim waren schon immer dort stationiert und das war auch bei der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine immer klar, dass Russland seine Schwarzmeerflotte behalten wird. Ebenso den Zugang.

Der wirklich wenig passende Vergleich mit den dt. Ostgebieten (welche du persönlich ja zu keinem Zeitpunkt deines Lebens bekommen würdest, egal wie die Geschichte sich auch wendet) ist es nun wirklich so, dass es einen echten Unterschied macht, ob gezogene Grenzen internationale Anerkennung finden oder nicht.

Die internen Regelungen innerhalb der UdSSR waren kaum Bestandteil von Debatten innerhalb der UNO. Wohl aber war das Ziehen der deutschen Ostgrenze ein fundamentaler Bestandteil der Anerkennung eines Deutschlands. Alternativlos war das nicht - eine völlige Aufteilung hätten sich die Siegermächte auch überlegen können. Würde dir eine Befragung der Bevölkerung z.B. in Niederschlesien zur Beantwortung der Frage ausreichen?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Auch gab es keine Invasion. Die Truppen auf der Krim waren schon immer dort stationiert und das war auch bei der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine immer klar, dass Russland seine Schwarzmeerflotte behalten wird. Ebenso den Zugang.

Also ich hätte es nicht lustig gefunden, wenn amerikanische NATO-Truppen, die in Deutschland stationiert waren, einfach die Städte besetzt hätten und gesagt hätten "Deutschland ist ab sofort Bundestaat der USA".

Natürlich hat Russland viele Sympathisanten auf der Krim, aber das macht ein solches Vorgehen noch nicht unbedingt rechtmäßig.

Der wirklich wenig passende Vergleich mit den dt. Ostgebieten (welche du persönlich ja zu keinem Zeitpunkt deines Lebens bekommen würdest, egal wie die Geschichte sich auch wendet) ist es nun wirklich so, dass es einen echten Unterschied macht, ob gezogene Grenzen internationale Anerkennung finden oder nicht.

Ein souveräner Staat (und das war die UdSSR in Endeffekt) darf ja wohl selbst entscheiden, wie es ihr Staatsgebiet strukturiert. Dafür braucht es doch keine UNO. Und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gab es ja durchaus auch Unabhängigkeitsbestrebungen einzelner Regionen, was ja zum Beispiel zur Teilung der Slowakei und Tschechien geführt hat.

Ich gehe außerdem davon aus, dass die jetzigen Staatsgrenzen nach dem Zusammenfall des Ostblocks durchaus international anerkannt wurden.

Würde dir eine Befragung der Bevölkerung z.B. in Niederschlesien zur Beantwortung der Frage ausreichen?

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden ja viele Millionen Deutsche aus den osteuropäischen Gebieten vertrieben. Eine zweite Welle kam nach der Wiedervereinigung insbesondere aus Russland nach Deutschland. Von daher gibt es in diesen Gebieten kaum noch jemanden, der eine Bindung zu Deutschland hätte.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Natürlich wurde die Krim von Russland invasioniert. Natürlich kämpfen auch reguläre russische Truppen in der Ukraine. Russland gibt hier ein sehr schlechtes Beispiel, indem es Grenzen mit Hilfe von Militär verändert.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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