Narkose: Als Besitzer beim Einschlafen/Aufwachen dabei sein?
Meine fast 13jährige Katzendame wird in absehbarer Zukunft eine Zahnsanierung brauchen. Da im September ohnehin ein großes Blutbild ansteht, bei dem dann auch Leber- und Nierenwerte gecheckt werden, möchte ich die Zahn-Operation dann im Anschluss an das Blutbild machen lassen. Zu dem Zeitpunkt werde ich umgezogen sein und meine Katze in einer neuen Tierklinik behandeln lassen.
In der bisherigen Tierklinik war es so, dass Narkotisierung und Aufwachphase in Abwesenheit des Tierhalters gemacht wurden, mit dem Argument, man würde dem Tier auf diesem Wege Stress ersparen, da es beim Einschlafen und Aufwachen verwirrt sei, was durch die Anwesenheit des Besitzers verstärkt würde.
In der neuen Tierklinik wird hingegen explizit angeboten, das Tier als Besitzer in den Schlaf zu begleiten und auch beim Aufwachen dabei zu sein, um dem Tier Sicherheit geben zu können. Mich wundern zwei so unterschiedliche Argumente doch ein wenig.
Nun ist meine Katze leider nicht mehr ganz jung und leider, trotz guter Pflege, auch nicht mehr die Fitteste. Das erhöht natürlich das Risiko, dass sie während der OP versterben könnte und ich fände es ganz grausam, wenn dann die letzten Bilder ihres Lebens die der fremden Tierärzte und Helfer wären.
Sie ist auch eine sehr schwierige Patientin, die für die allermeisten Leute schwer zu händeln ist, während sie sich sehr ruhig verhält, wenn ich sie halte und mit ihr rede. Das heißt, das Verabreichen der Narkose wäre für sie und für alle Beteiligten wesentlich einfacher in meiner Anwesenheit. Insofern spräche einiges dafür, beim Einschlafen und Aufwachen bei ihr zu sein.
Dennoch habe ich immer noch die Argumentation meiner alten Tierklinik im Kopf, dass die Anwesenheit der Besitzer in der verwirrten Phase für das Tier purer Stress sei. Wäre dem so, stünde ich daneben, während sie nicht weiß was mit ihr geschieht und ich könnte ihr dabei ja auch nicht helfen. Eventuell könnte dies ja auch zu Vertrauensverlust führen, wenn ich sie nicht "beschütze", obwohl ich bei ihr bin?
Habt ihr euch selbst schon einmal mit diesem Thema auseinander gesetzt? Wird bei eurem Tierarzt das Dabeisein beim Narkotisieren und Aufwachen angeboten? Wart ihr bei den Narkosen eurer Tiere dabei oder wärt es gerne? Oder habt euch vielleicht sogar bewusst dagegen entschieden? Was denkt ihr zu dieser Thematik?
Bei Kastrationen läuft das ja alles sehr viel einfacher ab, weil die einfach schnell in der Praxis gemacht werden und man das Tier dann noch in der Narkose mit nach Hause nimmt. Beim Aufwachen war ich daher bei allen meinen sieben Katzen dabei.
Besonders krass war es aber beim letzten Kater. Er ist uns zugelaufen und extrem scheu. Daher war das auch sein erster Termin beim Tierarzt. Er ist aus der Kiste gesprungen, hat den Tierarzt gebissen und ist dann in der Praxis jede einzelne Tür hochgelaufen. Er war richtig panisch. Ich konnte ihn beruhigen, einfangen und in eine Kiste tun. Da hat er seine Spritze bekommen und ist eingeschlafen. Beim Aufwachen war ich auch bei ihm.
Ich dachte auch, dass er danach einfach abhaut. Dass er mich satt hat und nie wieder auftaucht. Aber genau das Gegenteil ist passiert. Sein Vertrauen war danach größer.
Ich kann das Argument deiner alten Tierklinik schon nachvollziehen. Deine Katze könnte dir die Schuld geben an ihrer schlechten Situation. Dennoch finde ich es viel wichtiger, dass durch deine Anwesenheit die Situation viel besser wird. Wenn du nicht da bist, ist die Situation beschissen, sie hat Angst und fühlt sich von dir verlassen.
Für eine Katze gibt es doch nur das Hier und Jetzt. Und in dem Moment bist du nicht da. Als hättest du sie abgegeben und kämst nie wieder. Es ist nicht wie daheim, wenn du zur Arbeit gehst und abends wiederkommst. Das ist sie gewohnt. In der Klinik ist es aber eine neue Umgebung, neue Menschen und ich glaube, es fühlt sich so an, als ob sie nie in ihr altes Leben zurückkann.
Bist du da, ist die Situation immer noch angsterfüllend, aber immerhin gibst du ihr Hoffnung auf Besserung. Und ich glaube auch, dass sie dann eher versteht, dass es nicht so schlimm ist, wie es sich anfühlt. Immerhin ist ihre Beschützerin da und lässt es zu.
Und beim Aufwachen finde ich, steht es gar nicht mehr zur Debatte. Warum sollte deine Anwesenheit denn dabei stressig sein? Sie wacht auf, hat Angst und dann bist du aber da und damit ist alles gut. Meine Katzen hatten Angst in der Box mit ihren Koordinationsschwierigkeiten. Auf meinem Arm wurden sie ruhig und wollten gar nicht mehr rumlaufen, beziehungsweise abhauen. Wir haben einfach stundenlang gekuschelt.
Also ich würde dir raten, auf jeden Fall dabei zu sein. Ich bin der festen Überzeugung, dass es deine Katze beruhigen wird. Die Argumentation deiner alten Tierklinik hört sich nach sehr alten Ansichten an. Es erinnert mich an das Kastrieren gleich nach der Geburt, weil ein so junges Tier angeblich nichts fühlt. Schwachsinn.
Bienenkönigin hat geschrieben:Für eine Katze gibt es doch nur das Hier und Jetzt. Und in dem Moment bist du nicht da. Als hättest du sie abgegeben und kämst nie wieder. Es ist nicht wie daheim, wenn du zur Arbeit gehst und abends wiederkommst. Das ist sie gewohnt. In der Klinik ist es aber eine neue Umgebung, neue Menschen und ich glaube, es fühlt sich so an, als ob sie nie in ihr altes Leben zurückkann.
Da sagst du etwas, das hatte ich noch gar nicht bedacht. Wie oben geschrieben, muss ich einfach davon ausgehen, dass sie so eine Narkose nicht ohne Probleme übersteht und angenommen, es kommt während der Operation dann wirklich zu Komplikationen, die sie nicht überlebt, würde ich mir nie verzeihen, ihr das Gefühl gegeben zu haben, dass ich sie im Stich lasse.
Ich könnte mir vorstellen, dass die alte Tierklinik mit Stress eventuell auch meinte, dass einige Besitzer diesen verbreiten, weil sie selber Angst vor der Situation haben, überfordert sind und sich die Unruhe dann auf das Tier überträgt. Ich kann mir schon denken, dass das in manchen Fällen kontraproduktiv ist, habe mich dahingehend aber gut im Griff, wenn ich weiß, was auf mich zukommt. Insofern denke ich schon, dass ich meiner Kleinen Sicherheit geben könnte.
Wie gesagt, beim Aufwachen selbst war ich noch nicht dabei. Allerdings habe ich sie bei ihrer ersten OP zwar wach, aber benommen mit nach hause bekommen. Das war damals echt die Hölle, weil sie in hilflosen Situationen nach vorne geht und sich mit Zähnen und Krallen wehrt. Damals war sie aber auch erst ein paar Wochen bei mir und hatte noch kein Vertrauen zu mir. Das ist 2,5 Jahre her und inzwischen hat sie absolutes Vertrauen in mich. Letztlich spricht dann wohl alles dafür, sie beim Einschlafen und Aufwachen zu begleiten.
Wo liegt das Problem? Dass Besitzer nicht dabei sein sollen, löst im Prinzip die logistischen Probleme des Tierarztes. Denn dann können die Tiere schön warten, bis sie dran sind und man bekommt mehr Eingriffe in kürzerer Zeit über die Bühne.
So lange der Besitzer nicht völlig aufgelöst und hysterisch um das Tier flippt, wenn es einschläft oder aufwacht, gibt es keine Probleme. Seinen wir doch realistisch: Eine Katze bekommt meist die Narkose in den Muskel, das piekt und brennt.
Daher schießt sie freiwillig zurück in ihre Transportbox. Jetzt bietet sich ein abgedunkelter Raum und ganz viel Ruhe an. Als Besitzer kann man leise und beruhigend etwas sagen oder auch nicht. Grelles Licht und laute Geräusche wären halt nicht so gut, damit das Tier nicht krampft. Warum sollte man als Besitzer hier nicht dabei sein können?
Kommt die Narkose in die Vene, ist es noch simpler. Da sinkt die Katze schon beim Spritzen in sich zusammen. Für die Katze ist das kein Problem, wenn der Besitzer daneben steht, es stört eher die reibungslosen Abläufe.
Nach dem Eingriff kommt die Katze auf eine Decke und ab und zu schaut man mal nach den Reflexen. Da kann ebenfalls der Besitzer ruhig daneben sitzen. Was soll da groß passieren? Und wenn die Katze langsam etwas fitter wird, packt man sie um in ihren Korb und sie kann daheim ihren Rausch ausschlafen.
Bei den meisten kleineren Praxen und Kliniken, die ich kenne, ist es problemlos möglich dabei zu sein. Ich habe das bisher immer so gehalten, egal ob es die Pferdeklinik, die Kleintierklinik oder der Tierarzt um die Ecke war. Dass es "nicht geht", kenne ich eher von Einrichtungen, wo wie am Fließband gearbeitet wird. Einer meiner Chefs machte das gerne an "Kastrationstagen für Katzen": alles abgeben bis 11 Uhr und ab 16 Uhr wieder abholen. Auf die Art schafft man zwischen drei bis vier Tiere pro Stunde, bleibt der Besitzer dabei, dann sind es nur eine oder mit Glück zwei Tiere.
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